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Stolpersteine bei der Studienbeihilfe

Die Studienbeihilfe ist für viele Studierende eine wichtige finanzielle Stütze. Ihre Höhe ist abhängig vom Einkommen der Eltern, egal ob diese getrennt leben, oder man Kontakt zu ihnen hat. Viele bekommen weniger als gedacht – oder gar nichts.

von Lukas Lottersberger

U-Sa ist 27 Jahre, zweifache Mutter und sie studiert an der Kunstuni in Linz. Vor zwei Jahren hat sie das erste Mal um Studienbeihilfe angesucht. Voraussetzung dafür war, dass sie die Einkommen ihrer Eltern vorlegt – auch das von ihrem in Thailand lebenden Vater. Doch den hat sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen. Alimente hat er U-Sa die ganzen Jahre nicht gezahlt.

Als sie den Antrag für die Studienbeihilfe stellt, kontaktiert sie ihn, um einen Einkommensnachweis zu bekommen. Der Vater antwortet überraschend und schickt tatsächlich einige Unterlagen und Belege. Doch welche Unterlagen ihr Vater geschickt hatte, konnte sie nicht klären. Vermutlich waren es Kontoauszüge, meint U-Sa. Die zuständige Behörde verwendete jedenfalls die Zahlen auf den thailändischen Unterlagen als Grundlage für die Berechnung von U-Sas Studienbeihilfe.

U-Sa wirft der Behörde bei der Berechnung ihrer Studienbeihilfe Willkür vor. Einerseits glaubt sie, dass die Unterlagen kein gültiger Einkommensnachweis gewesen sein sollen. Außerdem soll ein falscher Wechselkurs von thailändischen Baht zu Euro verwendet worden sein.

Die Studienbeihilfe ist U-Sa schließlich zwar genehmigt worden, jedoch reduziert – um den Betrag, den ihr Vater eigentlich als gesetzlichen Unterhalt (= Alimente) zahlen müsste. Gezahlt hat der Vater jedoch nie. Als U-Sa letztes Jahr die Studienbeihilfe erneuern wollte, wurde ihr der Betrag sogar nochmals gekürzt.

Die Eltern klagen?

Generell gilt: Je mehr die Eltern verdienen, desto niedriger fällt die Studienbeihilfe aus. Das Beihilfensystem nimmt keine Rücksicht darauf, ob die Eltern getrennt leben. Studierende mit getrennten Eltern haben oft einen doppelten Nachteil und zwar dann, wenn die Eltern zu viel verdienen um Studienbeihilfe zu bekommen und der unterhaltspflichtige Elternteil keine Alimente bezahlt.

Bezugsquoten der Förderungen bei Studierenden 2015

IHS/Studierenden-Sozialerhebung

Bezugsquoten von Förderungen bei Studierenden

Als Volljähriger kann man Alimente zwar vor Gericht einklagen, doch die emotionale und finanzielle Hürde, einen Elternteil vor Gericht zu zitieren, ist für die meisten einfach zu groß. In U-Sas Fall stünden die Chancen zudem gegen Null, solange sich der Vater in Thailand befindet. Viele Studierende müssen daher anderweitig an Geld kommen. Die letzte Studierenden-Sozialerhebung des IHS zeigt, wie das die meisten anstellen: 61 Prozent der Studierenden arbeiten neben dem Studium.

Letzte Inflationsanpassung zu Schilling-Zeiten

Seit Jahren kritisiert die ÖH, dass die Studienbeihilfe an das Einkommen der Eltern gekoppelt ist. Ein weiteres Problem ist laut Marie Fleischhacker vom ÖH-Vorsitzteam, dass seit 1999 keine Inflationsanpassung mehr vorgenommen wurde. „Das gilt auch für die Einkommensgrenze der Eltern.“

2008 wurde im Nationalrat ein Antrag zur Inflationsanpassung der Studienbeihilfe abgelehnt.

Weil aber Löhne und Gehälter seither gestiegen sind, bekommen viele, die 1999 noch Studienbeilfe bekommen hätten, heute gar nichts. „Wir haben uns das aus den Zahlen der Studierenden-Sozialerhebung ausgerechnet: Es gibt etwa 20.000 Studierende, die bei einer Anpassung (der Einkommensgrenze, Anm.) die Studienbeihilfe bekommen würden“, behauptet Marie Fleischhacker. Daneben sind freilich auch die Lebenserhaltungskosten gestiegen. Die Studienbeihilfe ist heute also deutlich weniger wert, als noch vor 18 Jahren.

Grundstipendium als mögliche Alternative

Die grüne ÖH-Fraktion GRAS, der Marie Fleischhacker angehört, hat als Gegenentwurf bereits 2011 ein „existenzsicherndes Grundstipendium“ in der Höhe von etwa 900 Euro monatlich gefordert, das jedeR Studierende bekommen soll. Der Vorschlag wurde schließlich auch als Forderung im Alternativen Hochschulplan formuliert. Im Gegenzug sollen andere Beihilfen, wie etwa die Familienbeihilfe, wegfallen.

Die GRAS erneuert diese Forderung im aktuellen Wahlkampf. Doch scheinbar findet der Vorschlag in der Politik momentan wenig Gehör und es ist relativ unwahrscheinlich, dass er umgesetzt wird. Immerhin will Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner das Budget für die Studienbeihilfe um 25 Millionen Euro aufstocken.

Den gesetzlichen Unterhalt von ihrem Vater in Thailand wird U-Sa wohl nicht einklagen können. In der Zwischenzeit hat sie aber bei der Studienbeihilfenbehörde Einspruch erhoben und sie hofft, dass sie in Zukunft die volle Studienbeihilfe ausbezahlt bekommt, um die fehlenden Alimente zu kompensieren. „Mehr als Hoffen bleibt mir nicht übrig,“ meint U-Sa. „Ich bin auf die Studienbeihilfe angewiesen, weil von meinem Vater noch nie ein Cent rübergewachsen ist. Und das wird sich in Zukunft auch nicht ändern.“

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