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Protagonisten aus "Persona 5"

Atlus

Zwischen den Welten

In „Persona 5“ trifft Alltagssimulation auf taktische Rollenspielaction. Was daraus entsteht, ist ein bemerkenswert umfangreiches Spiel.

von Christoph Sepin

Es ist immer wieder spannend, welche verschiedensten Einflüsse in Videospielen zusammenkommen können. Titel wie „Assassin’s Creed“ mischen mittelalterliche Verschwörungswelten mit kurzweiligen Actionsequenzen, in der „Harvest Moon“-Reihe kümmert man sich nicht nur um seine eigene Farm, sondern muss auch nebenbei ein soziales Leben mit seinen Mitmenschen aufbauen. Und die erfolgreiche „Kingdom Hearts“-Serie bringt die Welten von Disney-Maskottchen mit denen von japanischen Rollenspielen zusammen.

Ein ganz besonders herausstechendes Beispiel für diese Vielfalt ist die Spielereihe „Persona“. Mit „Persona 5“ ist jetzt der neueste Teil der Reihe für Playstation 4 erschienen und präsentiert sich als bombastisches, überwältigend umfangreiches und vor allem auch ganz schön einzigartiges Projekt. Denn nicht nur die Story des Spiels, sondern auch die Gameplay-Elemente schaffen es im Spielverlauf des Öfteren zu verblüffen – und das, obwohl sich „Persona 5“ auch sehr stark auf alteingesessene Rollenspielkonventionen verlässt.

Spielszene aus "Persona 5"

Atlus

Tokio Stories

Die Story des Spiels ist in aller Kürze gar nicht leicht zu erklären: Nachdem man als Protagonist zu Unrecht eine Vorstrafe bekommt, wird man auf eine neue Schule nach Tokio geschickt, wo man in das obere Stockwerk eines Caféhauses einzieht. Dort muss man sich nicht nur in der neuen Umgebung zurechtfinden, denn gleichzeitig taucht auch eine seltsame App am Handy auf, die einen in eine alternative, düstere Realität schickt. Bis man versteht, was das alles zu bedeuten hat, vergeht einiges an Zeit: „Persona 5“ ist ein Spiel, für das man sich gleich mal mehrere Wochen, wenn nicht Monate Zeit nehmen sollte. Man verbringt schon mal um die 15 Spielstunden, bis man die ersten Tutorial-Missionen bestanden hat.

Spielerisch bewegt sich „Persona 5“ hauptsächlich zwischen zwei Welten: Als High-School-Schüler bestreitet man tägliche Herausforderungen, muss für Prüfungen lernen, Tokio erkunden und neue Freunde und Freundinnen finden. Es gibt Nebenjobs in Burgerläden, mit denen man extra Geld verdienen kann. An Ständen können Lotterielose gekauft werden, Düngemittel für die eigene Hauspflanze, einen Fernseher für das kleine Zimmer, das man bewohnt, oder Bücher, die man an einem ruhigeren Tag in der U-Bahn lesen kann und die einem neue soziale Fähigkeiten beibringen, die dann wiederum neue Pfade durch Tokio freischalten. Das wäre schon mal fast ausreichend als Social-Life-Simulator, denkt man sich - dabei kratzt dieser Alltagsteil nur an der Oberfläche von dem, was „Persona“ insgesamt ist.

Inside a parallel universe

Parallel zu unserer Welt gibt es nämlich eine zweite zu entdecken. Eine Welt, die durch die Vorstellungen, dunklen Geheimnisse und düsteren Abgründe der Bewohner Tokios entsteht. Als Protagonist kann man in dieses Paralleluniversum der Psyche eintauchen, in dem sich die menschliche Seele mit mythologischen Kreaturen und Geisterwesen vermischt und die seltsamsten Vorstellungen und unterbewussten Eindrücke manifest werden. Da gibt es zum Beispiel einen Turnlehrer, der durch besondere Strenge gegenüber seinen Schülern auffällt, die Schule als sein Schloss, und sich selbst als den König sieht. Kämpft man sich in klassischer rundenbasierter Rollenspielmanier durch diese Welt und besiegt den Schlossherren, kann der daraufhin seine Fehler einsehen und zeigt auch in der echten Realität Reue – eine Aufgabe, die im Verlauf des Spiels immer mehr zur zentralen Mission des Protagonisten wird.

Die Werdung einer besonderen Games-Serie

Seit 1996 muss man sich in „Persona“ als Spieler oder Spielerin nicht nur mit den Alltäglichkeiten des High-School-Lebens an einer japanischen Schule auseinandersetzen, sondern nebenbei auch noch gegen allerlei seltsame Monster antreten und für das Gute kämpfen. Der Name „Persona“ ist bei Fans japanischer Rollenspielserien à la „Final Fantasy“ oder „Dragon Quest“ Kult. Ursprünglich als Spin-Off-Titel zur japanischen Serie „Shin Megami Tensei“ entstanden, kann sich „Persona“ einer immer größeren Fangemeinde erfreuen – auch außerhalb Japans. Die Games-Website Polygon hat vergangenen Herbst einen ausführlichen Essay zur Serie veröffentlicht.

Spielszene aus "Persona 5"

Atlus

Das Spielkonzept wirkt auf den ersten Blick langatmig doch auch „Persona 5“ schafft es, für ausreichend Abwechslung zu sorgen: Jedes Mal, wenn der Gedanke kommt, man hätte jetzt alles im Spiel gesehen, taucht eine neue Mechanik auf, ein neuer Twist, ein neues Konzept, das den Spielaufbau aufmischt. Monster können nicht nur besiegt, sondern auch gefangen werden, um für die eigene Seite zu kämpfen. Neue Mitstreiter und Mitstreiterinnen schalten neue spielerische Möglichkeiten frei, und immer stärker werdende Gegner verlangen immer komplexere taktische Zugänge zum umfangreichen Kampfsystem.

„Persona 5“, entwickelt und vertrieben von Atlus, ist für Playstation 4 erschienen.

Dass man sich als SpielerIn trotz dieser Vielfalt nie verloren oder komplett überfordert fühlt, liegt an der Sorgfältigkeit, die das japanische Studio Atlus bei der Entwicklung des Spiels an den Tag gelegt hat. „Persona 5“ ist ein detailliert und liebevoll konstruiertes Projekt – vom comichaften Grafikstil über stilvoll umgesetzte Ladesequenzen bis hin zu einem hervorragenden Soundtrack zwischen Jazz, Soul und Pop. Es ist ein Spiel, das lange fesselt ohne dabei langweilig zu werden. „Persona 5“ ist schon jetzt einer der ganz großen Titel des noch jungen und vor allem ganz schön vollgepackten Videospieljahr 2017.

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