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Christina Ricci als Zelda Fitzgerald

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Zelda, die Muse

Das berüchtigte Literatenehepaar Fitzgerald war eines der ersten Celebrity Couples des letzten Jahrhunderts. Dem pompösen Setting der Roaring 20ies kann der inhaltliche Tiefgang der neuen TV-Serie „Z: The Beginning Of Everything“ leider nicht viel entgegenhalten.

von Lisa Schneider

„I’m Scott Fitzgerald. And I believe this is my dance.“

Zuckersüß ist der Moment, als Scott die junge Zelda in der ersten Folge von „Z: The Beginning of Everything“ auf der Tanzfläche erblickt, auf der sie sich der ganzen Verehrer gar nicht erwehren kann, die sie durch den Raum wirbeln wollen. Sie, die freche, ungebändigte Südstaatenschönheit, die nichts mehr will, als die Provinz zu verlassen. Und er, damals noch Soldat, der Schriftsteller werden will.

Die leidenschaftliche Affäre beginnt, es ist das Jahr 1918. Der Krieg wütet, aber in Montgomery, Alabama, ist die Welt heil, die Blumen duften. Die jungen Frauen freuen sich über die stationierten Soldaten, die frischen Wind und vor allem viele gestohlene Küsse in ihren langweiligen Kleinstadtalltag bringen. Zelda steht im Mittelpunkt von Klatsch und Tratsch, die junge Dame, die sich immer mit ihrem Vater, einem konservativen Richter, anlegt. Die zu spät nach Hause kommt, wildfremde junge Männer mitten auf der Straße küsst und einfach immer die Lauteste von allen ist.

F. Scott Fitzgerald ist nicht der erste, der ihr verfällt. Aber nachdem er, als der Krieg beendet wird und er große Erfolge mit seinem Debütroman „This Side Of Paradise“ feiert, sagt Zelda „Ja“ zu seinem Antrag. Endlich, endlich weg von zuhause. Und endlich nach New York. Das Leben kann beginnen.

Schnelle Heirat

Schon nach drei Folgen sind die Fitzgeralds verheiratet - diese atemlose Leidenschaft entspricht den biographischen Aufzeichnungen über das Paar. Ihr Hass gegen die Konvention und ihre gemeinsame Liebe zur Literatur verbindet sie, und doch beginnt die Ehe schnell zu straucheln. Das liegt nicht nur cholerischem Charakter der beiden. Fitzgerald schnappt sich bald nicht mehr nur gediegenerweise das Champagnerglas, sondern gleich die ganze Ginflasche. Sein zunehmender Alkoholismus ist überliefert.

Alkohol ist wie das (noch) fehlende Kind der Fitzgeralds: Es ist abends das Letzte, das man liebkost und morgens das erste, das einem die Lebensgeister zurückgibt. Auch, wenn dieser Morgen darin besteht, nach einer weiteren durchzechten Nacht im Hotellift aufzuwachen. Die Partywut nimmt kein Ende, und hier spaltet sich Zeldas Charakter seltsamerweise: Einerseits will sie unbedingt, dass Scott schreibt und noch berühmter wird. Andererseits ist sie es auch, die oft wie ein kleines Kind zornig wird, wenn ihr der Abendausgang mit ihm versagt wird. In einer dieser Szenen kommt es zu einem interessanten Streit, als er seiner Frau vorwirft, ihre assoziative Schreiberei in ihrem Tagebuch sei in keinem Fall mit echter Literatur, wie er sie produziert, zu vergleichen. Zelda zischt natürlich aufsässig zurück, dass er immer gesagt hat, ihm gefalle, wie sie schreibt.

Er schreibt, sie schreibt

Auf elegante Weise wird schon in einer der ersten Szenen, zuhause in Montgomery, als das junge Liebespaar sich heimlich in Zeldas Schlafzimmer versteckt, die Verbindung zwischen Scotts und Zeldas Texten angedeutet. Da liegt Scott auf ihrem Bett, schnappt sich ihr Tagebuch und beginnt zu blättern - bis ihm ein paar Phrasen auffallen, die ihm gefallen.

Als sie in New York leben, gibt es den Moment, als Zelda für ihr Tagebuch Komplimente bekommt, da sie mit dessen Inhalten großzügig umgeht und es nicht unterm Kopfpolster versteckt. Eines Tages weht sogar ein Angebot herein, es zu veröffentlichten. Da wird Scott unrund. Sie sei doch seine Muse, seine Inspiration. Und so auch ihre Geschichten. Und außerdem: Sie verdienen viel mehr, wenn sie ihre Geschichten als die seinen verkaufen. Vieles, was Scott F. Fitzgerald veröffentlicht hat, stammt eigentlich aus der Feder seiner Frau.

Abwärtsspirale

Während Scott sich mit seinem nächsten Roman abmüht, immer in der Angst, „nichts mehr zu sagen zu haben“, legt Zelda erfolgreich die idealisierten Weiblichkeitsbilder ihrer Jugend ab. Die Rüschen tauscht sie bald gegen dezente Spitze. Die Locken werden abgeschnitten, nur die Röcke sind noch kürzer. Das Sexualleben wird frei und offen zelebriert, und die erwähnten Champagnergläser können nie zu voll sein - auf die Prohibition gepfiffen.

An einem der unzähligen Partyabende wird Scott gefragt, was Zelda denn eigentlich täte. Seine Antwort ist so nichts- wie allessagend: „Zelda? Nun ja, sie liebt mich. Sie ist Zelda, sie muss nichts tun.“ Zelda und Scott Fitzgerald - obwohl sie das erste progressive Promipärchen des letzten Jahrhunderts waren - finden sich im straffen Korsett gesellschaftlicher Konventionen wieder, gegen die sie eigentlich kämpfen wollten. Das ist aber, man muss es fairerweise dazuzusagen, nicht nur ihrem Unvermögen, sondern auch den zeitlichen Umständen geschuldet.

Szene aus "Z: The Beginning of Everything"

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Schöne Bilder, wenig Aussage

Die literarische Vorlage der Serie, „Z: A Novel of Zelda Fitzgerald“ von Theresa Fowlers, wurde einige Male als zu oberflächlich abgehandelt, als pompöses Inszenieren der damaligen Mode, aber nicht viel mehr.

In der TV-Serie huscht Zelda durch die Folgen und durch ihr Leben, es gibt kein Innehalten zur Selbstreflexion. Über ihre Begierden, ihre geheimen Wünsche, über das, was sie in ihrem Leben erreichen wollte, erfährt man wenig. Das machen auch die tiefen Augenaufschläge und der angelernte Südstaatenakzent von Christina Ricci nicht besser. Andererseits ist es auch schwer, in diesem extravaganten visuellen Setting, geschmückt mit meterlangen Perlenketten, Federn und zwischen den Fingern gezwirbelten Zigarettenhaltern, als Figur herauszustechen.

Die zehnteilige erste Staffel von „Z: The Beginning of Everything“ ist auf Amazon Prime zu sehen.

Ikone, It-Girl, Literatin: Zelda Fitzgerald wurde durch viele Augen gesehen. Überschattet wird die glamouröse Zeit, der sich die erste Staffel von „Z: The Beginning Of Everything“ widmet, von dem Wissen, dass die Exzesse der Fitzgeralds nicht gut enden werden. Zelda wird an ihre wilden Jahre anschließend nach 18 Jahren, die sie mehr oder weniger durchgehend in einer Psychatrie verbrachte, bei einem Brand ums Leben kommen. Genügend Material für eine dramatische Fortsetzung der Serie ist also vorhanden.

Es bleibt zu hoffen, dass in den kommenden Folgen nicht eben diese reißerischen Skandale, sondern das feministische und literarische Potential von Zelda Fitzgerald im Mittelpunkt stehen.

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