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Schnitzelbeats

FM4 Schnitzelbeats: Jazz, Jazz, Jazz

Wir bringen einen Einstiegskurs zum österreichischen Jazz der Nachkriegsjahre und widmen uns drei bemerkenswerten Musiker-Persönlichkeiten, die zu Lebzeiten häufig miteinander gespielt haben und mittlerweile Legendenstatus genießen: Hans Koller, Friedrich Gulda und Roland Kovac.

Von Al Bird Sputnik

Hans Koller wurde im Jahr 1921 in Wien geboren, wo er an der Musikakademie Klarinette studierte, bevor er im Jahr 1939 zum Tenorsaxophon umstieg. Der großen Karriere kam aber der Krieg zunächst dazwischen.

Hans Koller

Trash Rock Archives

Ab den späten 40er Jahren tourte er dann im gesamten deutschsprachigen Raum, zuerst als fixes Ensemble-Mitglied vom legendären Hort Winter Tanzorchester, dann auch als Leader eigener Jazz-Quartette und machte sich in jenen Jahren mit einem eigenständigen Cool Jazz- und Bebop-Sound einen Namen. Hans Koller war derart gefragt, dass sein Debut-Album “Hans is hip” aus dem Jahr 1952 seine Erstveröffentlichung in den USA beim renommierten Discovery-Label erfuhr. Wahrlich kein schlechter Einstand! Gleichzeitig stand er mit Genre-Grössen wie Dizzy Gillespie, Lee Konitz, Benny Goodman und Stan Kenton auf den großen Bühnen.

Hans Koller

Sonorama

Für die aktuelle Ausgabe der Schnitzelbeats haben wir eine selten gespielte Live-Aufnahme aus dem Jahr 1961 ausgewählt, die Kollers eigenständigen Zugang zum zeitgenössischen Jazz-Sound der späten 50er Jahre veranschaulicht: Die Nummer “Hard Bob for Hartung” ist auf der empfehlenswerten Sonorama-Zusammenstellung „Big Sound Koller“ erschienen.

Kollers bewegte Karriere führte ihn schliesslich zu freien Formen des Musikmachens. Kooperationen mit dem Wiener Mundart-Dichter Ernst Jandl, dem ungarischen Drummer Attila Zoller oder dem deutschen Pianisten Wolfgang Dauner dokumentieren seine musikalische Entwicklung hin zum visionären Erneuerer des Genres. Hörenswerte Projekte zwischen Cool Jazz, Free Jazz und freier Improvisation, die Hans Koller bis zu seinem Ableben im Jahr 2003 rund um die Erde führten.

Friedrich Gulda

Trash Rock Archives

Ähnlich wie bei Hans Koller ließen sich auch über unseren nächsten Gast etliche Sondersendungen gestalten: Friedrich Gulda wurde 1930 in Wien geboren, erhielt als Kind Klavierunterricht und gewann bereits als Teenager einige renommierte Talent-Wettbewerbe. Zu Beginn seiner langen Karriere galt Gulda als virtuoses Wunderkind, dessen akkuraten Mozart- und Beethoven-Interpretationen große Schallplattenfirmen hellhörig werden ließen. Doch mit steigender Bekanntheit und damit einhergehender Unabhängigkeit, schlüpfte Friedrich Gulda in die Rolle eines unangepassten Querdenkers und machte nun auch wiederholt Abstecher in die Welt des Jazz.

Friedrich Gulda

Amadeo

Guldas frühesten Werke aus den späten 50ern erschienen auch in den USA und in England; in seiner österreichischen Heimat gab er sein Jazz-Debut etwas verspätet mit dem Album “Gulda Jazz”, das 1965 bei der Amadeo erschien. Als kleinen Ausschnitt haben wir den lustvollen Opener des Albums “Suite 1962” ausgewählt. Wir hören Gulda am Piano und die beiden Amerikaner Jimmy Rowser (Bass) und Albert Heath (Drums) an der Rhythm Section.

Wenig später wurde Gulda dann auch – ganz nebenbei – zu einem Wegbereiter der heimischen Dialektwelle: Eines Abends klebte er sich einen buschigen Faschings-Bart ins Gesicht und überraschte sein Publikum als verwahrlosender Wienerlied-Sänger Albert Golowin. Mit dem Background einer reduzierten Jazz-Orchestrierung entstanden auf diesem Wege wundersame Wirtshaus-Moritaten wie „Du und I“ oder „Auf Visit“. Guter Stoff für kommende Ausgaben der FM4 Schnitzelbeats!

Roland Kovac

Trash Rock Archives

Der in Wien geborene Roland Kovac (1927–2013) studierte Klarinette an der Musikschule der Stadt Wien. Ganz nebenbei promovierte er auch als Musikwissenschaftler und wurde zum (wahrscheinlich) ersten österreichischen Jazz-Musiker mit Doktortitel. Als fixes Bandmitglied von Hans Kollers New Jazz Stars schnupperte er Bühnenluft, bevor er sich allmählich auf Auftragskompositionen und Filmvertonungen spezialisierte. Insbesondere seine Library-LPs, die er zwischen den späten 1960er und frühen 80er Jahren für das deutsche Selected Sound-Label (unter verschiedenen Synoymen) eingespielt hat, sind mittlerweile legendär und unter Krautrock-Fans wie auch sample-begeisterten Soundtüftlern äußerst begehrt.

Roland Kovac

SABA

Ein schönes Zeitdokument, das den Übergang von Jazz zu Gebrauchsmusik in der Biographie von Roland Kovac charakterisiert, ist das Album “Mission to Mars”, ein futuristisches Meisterwerk mit psychedelischen Space-Sounds, das der Wiener im Jahr 1968 für das deutsche Saba-Label aufnahm.

Ganz im Allgemeinen könnte konstatiert werden, dass der österreichische Jazz der 1950er und 60er Jahre mit überraschend vielen Genre-Grössen von Weltrang aufwarten kann. Man denke nur an Lichtgestalten wie Joe Zawinul, Fatty George, Carl Drewo, Karl Ratzer, die Mitglieder der ORF-Big Band sowie die heimische Freejazz-Szene der 70er Jahre mit Protagonisten wie der Reform Art Unit oder den Masters of Unorthodox Jazz. In zukünftigen Ausgaben der FM4 Schnitzelbeats werden wir uns mit ihnen allen noch ausführlicher auseinandersetzen...

FM4 Schnitzelbeats mit Al Bird Sputnik - Jazz der Nachkriegszeit

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