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Frauenvolksbegehren will Lohnschere und Teilzeitfalle angehen

645.000 Menschen haben 1997 ein Frauenvolksbegehren unterschrieben. Die Forderungen sind allerdings heute, 20 Jahre später zu einem Großteil noch immer nicht umgesetzt.

von Irmi Wutscher

1997 haben in Österreich mehr als 645.000 Menschen ein Frauenvolksbegehren unterschrieben. Damals ging es um Forderungen wie Mindestlohn, eigenständige Pensionsabsicherung für Frauen oder dass das Einkommen des/der Partner_in bei der Notstandshilfe nicht eingerechnet wird.

Heuer, zum 20-jähringen Jubiläum, feiert frau nicht etwa die Errungenschaften, die dieses Volksbegehren gebracht hat – Nein, es wird ein Volksbegehren 2.0 auf Schiene gebracht. Surprise surprise! Viele Forderungen sind noch die gleichen wie vor 20 Jahren.

„Das Volksbegehren war für uns ein Riesenerfolg“, sagt Eva Rossmann, sie war damals Mit-Initiatorin des ersten Frauenvolksbegehrens. „Aber für die Regierungsparteien war es ein Misserfolg genau wie für alle Regierungen danach – denn sie haben verabsäumt da etwas umzusetzen.“

Ein paar Forderungen wurden umgesetzt – etwa dass die Gleichstellung von Mann und Frau in die Verfassung aufgenommen wurde. Allerdings auch nur mit der Formulierung, dass Männer und Frauen gleichgestellt werden dürfen, betont Rossmann. Insgesamt hat sich auf symbolischer Ebene in diesen zwanzig Jahren viel getan: Die meisten Menschen wissen, dass es so etwas wie eine Lohnschere gibt und von der Gläsernen Decke haben sie vielleicht auch schon gehört. Und niemand wird in der Öffentlichkeit sagen, dass er oder sie diese beiden Dinge gut findet. Aber da, wo es mehr weh tut, da hat sich wenig weiterbewegt. „Auf der Bewusstseinsebene ist viel weiter gegangen, aber wenn es um reale Machtverteilung und um die reale Geldverteilung geht, da ist wenig weitergegangen“, sagt auch Eva Rossmann

Her mit der Macht und dem Geld!

Ganz genau aufgeschlüsselt gibt’s das im Einkommensbericht der Statistik Austria

Damals wie heute betreffen die meisten Forderungen die Verteilung von Macht und Geld. Wie die Lohnschere aussieht, wissen wir alle. Laut Daten von Eurostat schließt sich der Gender Pay Gap hierzulande zwar kontinuierlich, aber nur ganz langsam und betrug 2015 21,7%. Die Bruttojahreseinkommen von Frauen und Männern klaffen 2015 laut Statistik Austria um 40 Prozent auseinander. Hier sind alle Teilzeit- und Vollzeitstellen eingerechnet. Vergleicht man nur die Bruttojahresverdienste der ganzjährig Vollzeitbeschäftigten, beträgt der Unterschied 17,3 Prozent.

Wer arbeitet aber zum Großteil Teilzeit? Frauen. Die Hälfte aller arbeitenden Frauen in Österreich und drei Viertel aller Frauen mit Kindern arbeiten Teilzeit. Tendenz steigend. Dinge wie eine generell schlechtere Bezahlung, häufigere Teilzeitbeschäftigungen und Unterbrechungen wegen Pflege oder Kinderbetreuung wirken lange nach und haben Konsequenzen im Alter. Altersarmut ist in Österreich eindeutig weiblich.

Deswegen fordert das Frauenvolksbegehren 2.0 nichts Geringeres als eine Umverteilung der gesamten Arbeit. Nicht nur innerhalb der Frauen (hier teilen sich laut Eva Rossmann über die Jahre hinweg einfach mehr Frauen gleich viel Arbeitsstunden), sondern auch von den Männern hin zu den Frauen. Eine Forderung des neuen Frauenvolksbegehrens lautet deshalb: 30-Stunden-Woche für alle!

Die insgesamt 15 Forderungen rund um die Bereiche Arbeit/Wirtschaft, Familie/Gesundheit und Politik/Öffentliches Leben hat das Team gemeinsam mit vielen Frauenvereinen und Initiativen quer durchs Land formuliert. Auch Standpunkte von Geflüchteten und Migrantinnen wurde einbezogen – denn ihre Position wird ja gerne gegen die von weißen Frauen ausgespielt.

Theresa Havlicek, eine Sprecherin des neuen Volksbegehrens

Bettina Frenzel

Theresa Havlicek auf der Pressekonferenz

Politischer Aktivismus 2.0

„Wenn man sich unsere Forderungen anschaut, sind wir vielleicht sogar einen Tick radikaler als das erste Frauenvolksbegehren“, sagt Theresa Havlicek, eine Sprecherin des neuen Volksbegehrens am Rande der heutigen Pressekonferenz. Initialzündung für sie und eine Gruppe weiterer junger Frauen war das politische letzte Jahr: der Präsidentschaftswahlkampf in Österreich und die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. „Frauenthemen wurden zwar schon immer wieder angesprochen, aber fast immer wurden Frauenrechte hier auf dem Rücken von Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund ausgetragen.“ Ganz abgesehen davon haben die Initiatorinnen es satt, dass ihre Generation immer als unpolitische hingestellt wird. „Für mich ist politischer Aktivismus nicht weniger wert, nur weil er im Internet stattfindet“, sagt Havlicek. „Für mich persönlich war es eine große Motivation das Frauenvolksbegehren zu machen. Ich habe es satt, immer nur auf Hashtags reduziert zu werden.“

Ein Jahr ist jetzt Zeit, um zu mobilisieren und zu aktivieren. Die Initiatorinnen rechnen damit, dass das Volkbegehren dann Anfang 2018 zum Unterschreiben bereit liegt. Und so oldschool das Werkzeug Volksbegehren auch ist – Theresa Havlicek findet es ein gutes politisches Instrument, um eine breite politische Bewegung loszutreten.

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