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Schnitzelbeats

FM4 Schnitzelbeats: Songs übers Arbeiten

Die FM4 Schnitzelbeats durchwühlen die heimischen Archive und fördern Aufnahmen zutage, die sich mit der komplexen Themenstellung des Broterwerbs auseinandersetzen.

Von Al Bird Sputnik

Der 1. Mai gilt als Tag der Arbeit und geht auf die sogenannten Haymarket Riots im Jahr 1886 zurück, als US-amerikanische Streikbünde sozialistischer und kommunistischer Fraktionen für die Einführung des 8-Stunden-Tages auf die Straßen gingen. In Österreich wurde das Jubiläum im Jahr 1919 zum Staatsfeiertag erhoben; erste Kundgebungen der Arbeiterbewegung hatten bereits seit 1890 im Wiener Prater stattgefunden. Heimische Literaten bezogen sich häufig auf das Datum, wie auch die Wiener Liedermacher und Folkniks der späten 1960er-Jahre, die sich der sozialistischen Tradition des 1.Mai verpflichtet fühlten. Um nur einige Protagonisten jener kleinen, gleichzeitig äußerst aktiven Szene zu benennen: The Worried Men Skiffle Group, Arik Brauer, Sigi Maron, the Milestones und letztlich die Schmetterlinge.

Die Arbeitslosenquote in Österreich erreichte in den 1970er-Jahren indes einen historischen Tiefwert: Wer hackeln wollte, hatte theoretisch gute Chancen auf Anstellung; ausgebildete Fachkräfte fanden Arbeitsplätze vor, Handwerk hatte goldenen Boden. Zumindest ergibt sich in der Retrospektive dieser Eindruck, den statistische Erhebungen stützen (ohne dabei auf die jeweiligen Rahmenbedingungen im Detail einzugehen). Darüber hinaus nährte die Hippie-Bewegung Utopien über selbstbestimmte, progressive Modelle des zukünftigen Arbeitsmarktes. Auch eine dezidierte, anti-kapitalistische Verweigerungshaltung fand im schillernden Spektrum eines aufgeklärten Weltbildes ihren Platz und stand mit der Intention der Arbeiterbewegung nicht zwingend im Widerspruch.

Die drei Bands, die wir in der heutigen Ausgabe der „FM4 Schnitzelbeats“ vorstellen, waren Vertreter der sog. ersten heimischen Dialektwelle der frühen 1970er-Jahre und griffen bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema auf lustvolle Verallgemeinerungen zurück und garnierten ihr Songwriting mit anarchischem Humor und brachialen Slogans. Die Artikulation der jeweiligen Empfindlichkeiten ist dabei erwartungsgemäß konfrontativ, stellt aber rückblickend einen schönen Kontrast zu basisdemoktarischen Plenumsdiskussionen der Studentenbewegung dar. Es darf nun also nach Herzenslust gesudert und geraunzt werden.

03.05.17 FM4 Schnitzelbeats #23

Trash Rock Archives

Wir starten mit der niederösterreichischen Beat-Formation The Madcaps aus Strasshof, die bereits seit 1965 den klassischen Weg einer Amateur-Tanzband beschritten hatte: Viel proben, viel spielen, Spass haben. Im Jahr 1970 waren sie vom umtriebigen Star-Produzenten Rene Reitz entdeckt worden, der ihnen den jungen Georg Danzer als Liedtexter an die Seite stellte. Produkt der Kooperation waren einige waschechte Hits, die in den frühen 1970er-Jahren die Rotation des Jugendradiosenders Ö3 schwemmten.

The Madcaps

Columbia

Die Madcaps hatten sich inzwischen zu aggressiven Dialekt-Rockern entwickelt und hinterliessen der Nachwelt zeitlos gute Nummern, die man auch heute noch ohne schlechtes Gewissen auflegen kann. Wir haben den rotzigen Song “Fad is” ausgewählt: Ein brauchbarer Einstand in die Arbeitswoche.

Sechse is und I muss in die Hockn,
Jeden Tag des söbe, des is fad,
So viel Jahr, wie soll I des derpacken?
Heast, mi hängt des ausse, des is fad.
Fad is, fad is,
Fad is und mi gfreit’s net.

03.05.17 FM4 Schnitzelbeats #23

Trash Rock Archives

Im Jahr 1973 veröffentlichte die Eisenstädter Tanzband Les Diables Rouges (hier verkürzt als LDR) mit ihrem Lead-Sänger Rudolf Haiz (alias Jean Claude), sowie dem späteren Muckenstruntz & Bamschabl-Comedian Peter Traxler in ihren Reihen, eine markige Ode an die Totalverweigerung.

Les Diables Rouges

Amadeo

Der Song mit dem bezeichnenden Titel „Heut’ mach’ ich blau“ erschien beim renommierten Wiener Amadeo-Label und verfehlte damals die Hitparaden, mausterte sich aber immerhin zum regionalen Tanzhit in den Diskotheken des Burgenlands. Groovender Garagenrock mit grantigen Dialekttexten: Ein vergessenes Juwel österreichischer Popgeschichte.

I hab die Arbeit ned erfunden.
Welcher Trottel hat die g’funden?
Wann I so richtig d’rüber nachdenk’,
I möcht’ a Arbeit ned amoi g’schenkt.
Das Ganze fäult mi an:
Heut mach’ I blau,
Heut mach’ I blau.


  • Unsere Reise führt uns nun nach Hohenau in Niederösterreich, wo in den 1960er-Jahren die erfolgreiche Tanzkapelle The Red Devils die Lokalmatadore waren.
03.05.17 FM4 Schnitzelbeats #23

Trash Rock Archives

Und jedes Mal, wenn die Band ins Studio ging, erprobte sie ein neues Genre: Von surfigem Beat über Souljazz bis hin zu volkstümlichem Schlager haben sich die Red Devils bis in die 1990er-Jahre in fast allen Spielarten der zeitgenössischen Unterhaltungsmusik verewigt. Anno 1974, als die Nummer „I bin miad“ für das Majorlabel CBS aufgenommen wurde, stand die Dialektwelle noch hoch im Kurs. Es erwartet uns eine demgemäß launische Auseinandersetzung mit der Fadesse des Alltags, verpackt in ein komplexes Arrangement mit einigen zeitlos schönen Textzeilen.

A Woch’n, die mit’m Montag anfangt,
Des is scho’ a Kas.
Kaum bei der Hack’n ang’langt,
Geh’ I scho’ im Kras.
Weil I bin miad.
I bin olleweil miad

(Mit Dank an Xaver Bayer und Karl Vollmann.)

FM4 Schnitzelbeats mit Al Bird Sputnik - Songs zum Tag der Arbeit.

FM4 Schnitzelbeats mit Al Bird Sputnik - Songs zum ersten Mai

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