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FM4 Schnitzelbeats: "Austria, zero points"

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FM4 Schnitzelbeats: „Austria, zero points“

„FM4 Schnitzelbeats“ haben Nominierungen vorgenommen und 3 Stücke der heimischen Song Contest-Geschichte ausgewählt, die es seinerzeit nicht aufs Siegerpodest geschafft haben – ja, noch nicht einmal ins vordere Feld.

Von Al Bird Sputnik

Trivia: Auch heuer verfolgen wieder rund 200 Millionen Fernsehzuschauer den Song Contest, der seit dem Jahr 1956 mit der Intention veranstaltet wird, Europa in einem friedlichen Gesangswettbewerb zusammenzufühen.

Österreich wird beim Spektakel von Nathan Trent vertreten sein, der erste mediale Bekanntheit durch sein Mitwirken beim „Kiddy Contest“ im Jahr 2003 erlangte. Der 25-jährige Tiroler ist damit bereits der dritte ESC-Kandidat, der seine Karriere als Kind in der reichweitenstarken Playback-Show startete. Heute, Donnerstag, geht er mit Startnummer 2 ins ESC-Halbfinale.

In anderen Ländern ist es ganz ähnlich: Aufstrebende Gesangstalente, die ihre musikalische Sozialisation nicht in stickigen Proberäumen und dreckigen Kellerlokalen erfahren haben, sondern von Hochglanz-Casting-Shows hervorgebracht wurden, buhlen auch dieses Jahr wieder mit formatradiotauglichem Einheitsbrei um die Gunst des Publikums. Es darf also wieder nach Herzenslust gevotet, getwittert und um die Wette gesoffen werden.

Die Teilnehmer-Nation Österreich konnte den ESC bisher zwei Mal gewinnen: 1966 mit Udo Jürgens’ Herzschmerz-Ballade “Merci Cherie” und im Jahr 2014 mit Conchitas Empowerment-Hymne “Rise like a Phoenix”. 8-mal landete das Alpenland auf dem letzten Platz, 4-mal davon mit null Punkten. Eine echte Tradition also, die dieses Jahr in Kiew möglicherweise verteidigt wird.

Für die „FM4 Schnitzelbeats“ haben wir (aus einer umfangreichen Auswahl) 3 Stücke der heimischen Song Contest-Geschichte nominiert, die seinerzeit nicht positiv reüssieren konnten – die man aber dennoch, vielleicht mit einem Anflug der Erheiterung immer wieder aus der Plattentruhe hervorkramen kann.

ESC 1959

Amadeo

Im Jahr 1959 war Österreich zum dritten Mal bei einer ESC-Ausscheidung vertreten und schickte den vielseitigen Wiener Rock-N-Roller Ferry Graf mit einer skurillen Schlagernummer nach Cannes. Dessen “K. und K. Kalypso” konnte die Jury trotz beherzter Jodel-Einlagen nicht überzeugen und landete auf dem neunten von elf Plätzen. Um den Song ansatzweise zu rehabilitieren: Hier war zumindest der Versuch unternommen worden, zeitgenössische Tanzmusik, in diesem Fall die afrokaribischen Rhythmen des Calypso mit heimischen Nuancen auszustatten. Wenn man so will, ist die Nummer also eine experimentelle Genre-Neuschöpfung alpiner Unerhaltungsmusik.

Gleichzeitig rangiert die dazugehörige Single-Veröffentlichung des “K. und K. Kalypso” (Amadeo) heute unter den kostspieligsten österreichischen Schallplatten aller Zeiten. Satte 706€ (!) war ein ungenannter Song Contest-Sammler im Jahr 2015 bereit, auf dem Online-Marktplatz eBay dafür abzudrücken. Also hören wir doch mal rein in den fiktiven Modetanz, den sogenannten „K. und K. Kalypso aus Wien“.

ESC 1971

Columbia

Selbst die umtriebige Jazz-Sängerin Marianne Mendt war einmal beim Song Contest vertreten und landete im Jahr 1971 ebenfalls nur auf dem drittletzten Platz.

Dabei zählt ihr Beitrag, die komplexe Nummer “Musik” zu den vielschichtigsten österreichischen ESC-Songs und hätte sich ein besseres Abschneiden durchaus verdient. „Musik“ ist progressiver Chanson-Pop auf Wienerisch, komponiert von den beiden jungen Songwritern Richard Schönherz und Manuel Rigoni, die sich bereits Ende der 1960er-Jahre als Verlags-Komponisten in Italien einen Namen gemacht hatten und in den frühen 70er-Jahren mit der psychedelischen Rockband C-Department für Furore sorgten.

Die Karriere der Mendt hat durch den Ausflug zum Schlager-Wettbewerb übrigens keinen nachhaltigen Schaden genommen.

Der niederösterreichische Popsänger Thomas Forstner hatte im Jahr 1989 einen äußerst erfolgreichen ESC-Einstand gefeiert, als sein Song “Nur ein Lied” den überraschenden 5. Platz erreichen konnte und auch in der heimischen Hitparade auf den 1. Platz rutschte.

ESC 1991

WEA

Zwei Jahre später, 1991, wurde er ein zweites Mal zum Wettbewerb geschickt und belegte mit einer auffallenden Föhnfrisur, aufgeputschter Performance und dem Titel “Venedig im Regen” den letzten von 22 Plätzen.

In Erinnerung bleiben ein geschlagener Thomas Forstner und hämische Pressestimmen am Folgetag, die den Sänger ausgiebig in der Niederlage badeten. Doch irgendwie versinnbildlicht “Venedig im Regen” mit dazugehörigem Auftritt die Quintessenz der Song Contest-Geschichte der kleinen Kulturnation Österreich: Die Melodie geht ins Ohr, der Text baut Brücken, die Darbietung ist einigermaßen euphorisch und dazu angetan, Sympathien zu gewinnen. Und am Ende geht’s völlig in die Hose.

Austria: Zero Points.

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