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Fahrgast vor zwei Kontrolleuren

Wiener Linien - Johannes Zinner

Marc Carnal

Die Jahreskarten-Verschwörung

Wirst auch du nicht mehr kontrolliert, seit du eine Jahreskarte für die Wiener Linien besitzt? Keine Angst. Du bist nicht alleine!

von Marc Carnal

“Immer erwische ich die langsamere Schlange!” Diese enttäuschten Worte könnten von einem suizidgefährdeten Kaninchen ausgesprochen werden, noch häufiger hört man ihn allerdings aus dem Mund von Menschen. Auch ich habe im Supermarkt oft den Verdacht, mich immer bei der “langsamen Schlange” anzustellen. Ich höre schon mehr Radio Max als FM4.

Auf der Post entscheide ich mich ebenfalls zumeist für jene Warteschlange, in der besonders viele Neunzigjährige mit dem Bedürfnis stehen, Sparbücher zu eröffnen und in Ruhe Jubiläums-Briefmarken auszuwählen. Und zur Straßenbahnstation schreite ich immer dann, wenn die Wartezeit zweistellig am Display glimmt.

carnal.at
Neben interessanten Informationen zum Schaffen von Marc Carnal bietet seine Website demnächst auch krude Verschwörungstheorien zu den Themen Irak, Impfungen, Maya-Kalender und Kuhmilch!

Stimmt natürlich nicht. Aber: Kennt “man” halt, diese verfälschten Gefühle der permanenten Zufalls-Benachteiligung. Bestimmt gibt es Psychologie-Dissertationen zur Ursache dieses verbreiteten Irrglaubens. Da ich aber 0 Bock auf Recherche habe, denke ich mir den Grund einfach selbst aus und erfinde einen Fachausdruck dafür:
Selektive Erinnerung.
Jaja, das wird es wohl sein. Unvorteilhafte Episoden graben sich eben stärker ins Unterbewusstsein als lohnende. Und das führt dann zur gefühlten Gewissheit, mehrheitlich Entscheidungen zum eigenen Nachteil zu treffen.

Macht man für die persönliche Benachteiligung nicht die eigenen Entscheidungen oder halt “das Pech” verantwortlich, sondern höhere Mächte irdischer Provenienz, entstehen daraus Verschwörungstheorien.
Gut, wegen Supermarktschlangen oder roten Ampeln kommen wohl nur wenige auf die Idee, konspirative Interessen von “denen da oben” zu vermuten, aber grundsätzlich sind vermeintliche Ohnmacht gepaart mit zwei drei Indizien, die für eine gezielte Benachteiligung und deren Vertuschung sprechen, der perfekte Humus für wild wuchernde Verschwörungstheorien.

So hanebüchen bis beängstigend die meisten auch sind - Spaß macht es ja doch, von Zeit zu Zeit in die abstruse Welt der Kopp Verlag-Abonnenten hineinzuschmökern. Und immer, wenn ich kurz in die heiter-obskuren Thesen jener eintauche, die Deutschland für eine Firma oder Präsidenten für Eidechsen halten, verspüre ich das dringende Bedürfnis, einmal selbst eine Verschwörungstheorie zu erfinden, ein Buch darüber zu schreiben und zu warten, wieviele Narren sie mir glauben.

Bisher fehlte mir allerdings eine zündende Idee. So doof meine Einfälle auch waren, sie konnten nie mit Chemtrails oder Ufojägern mithalten. Jahrelang habe ich vergebens gegrübelt. Lange Nächte habe ich gebrütet, mit welcher Verschwörungstheorie ich endlich zum Erich von Däniken meiner Generation aufsteigen könnte. Nichts.

Beinahe wollt ich schon aufgeben.

Und dann DAS!

Ich gestehe, jetzt etwas gar viel Spannung aufgebaut zu haben, denn die nun folgenden Zeilen werden die Welt auch nicht gerade aus den Angeln heben.

Aber: Zumindest habe ich endlich ein würdiges Fundament für eine Verschwörungstheorie gefunden. Es ist nämlich so: Seit fünf Jahren bin ich Besitzer eine Jahreskarte der Wiener Linien.

STECKT DA DIE BILDERBERG-KONFERENZ DAHINTER????!!!

Nein! Immer mit der Ruhe! Das ist ja noch nicht “das Arge”!

Also, noch einmal von vorne: Seit fünf Jahren bin ich Besitzer eine Jahreskarte der Wiener Linien. Der forensisch geschulte Leser fragt sich nun natürlich, ob ich in der Zeit vor meinem Jahreskartenbesitz immer Einzelfahrkarten gekauft habe. Berechtigte Frage! Ich beantworte sie aber nicht, weil die Antwort strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Vorsichtig gesagt: Schwarzgefahren bin ich nicht. Also zumindest für die trüben Augen der Kontrolleure nicht.
Hm.
Mehr sage ich wirklich nicht dazu! Aber Kontrolleure sind schon das perfekte Stichwort, um schön langsam zum Kern dieser ohnehin schon etwas überlangen Geschichte zu kommen. In den Jahren vor meiner legalen Phase der Öffi-Inanspruchnahme wurde ich nämlich äußerst oft kontrolliert. Ich führte immer Buch über die Kontrollen, da ich mir ausrechnen wollte, wieviel Geld ich mir durch meine dubiosen Machenschaften sparte. Der Rekord lag bei ganzen dreizehn Kontrollen in einem Jahr.

Als es mir endlich zu blöd wurde, beim Erspähen von gelben Warnwesten bei U-Bahn-Ausgängen zu bibbern, nahm ich die Tarifabsenkung im Jahr 2012 zum Anlass, mir eine Jahreskarte zu kaufen.

Sollte jemand diese Zeilen im Stehen lesen, empfehle ich ihm, sich jetzt hinzusetzen. Doch auch das ist nicht ungefährlich, denn gleich könnte es so manchen vom Hocker schmeißen.

Jetzt kommt’s nämlich. (Endlich!)

In den letzten fünf Jahren, also seit ich eine Jahreskarte besitze, wurde ich genau dreimal kontrolliert.
In Worten: DREIMAL!
Ich meine… Gehts noch???!!!

Diese Zahl ist nicht auf die eingangs beschriebene “selektive Erinnerung” zurückzuführen. Ich zähle ja noch immer mit.

“Zufall!”, wird man jetzt vielleicht entgegnen.
Diesen Verdacht hatte ich auch. Bis eine liebe Freundin das Folgende postete:

Facebook-Thread

Marc Carnal

Ich bin also längst nicht alleine!

Warum wird man in den Wiener Linien als Jahreskartenbesitzer so selten kontrolliert?!
HM?
Das KANN kein Zufall sein!!! Aber was ist es dann???
Bin ich…
Sind WIR…
Sind wir vielleicht längst…

Sind wir alle längst GECHIPT?
Werden wir schon als Kinder bei der Masernimpfung gechipt? Ist auf den Mikrochips unter unserer Haut gespeichert, ob wir eine Jahreskarte besitzen? Natürlich! Pharma-Lobby und Justiz im selben Boot! NATÜRLICH! Jeder unserer Schritte wird ÜBERWACHT! Und wir BEMERKEN es alle gar nicht!
Die MEISTEN bemerken es nicht.
Ein paar kritischen Jahreskartenbesitzer ist nämlich sehr wohl aufgefallen, dass es doch kein Zufall sein kann, wenn man plötzlich verdächtig selten kontrolliert wird, sobald man nicht mehr schwarzfährt!
Eine Schwachstelle im Chip-System der Regierung?! Haben sich die Mächtigen da in ihrem Übermut selbst verraten? Und wer steckt eigentlich wirklich hinter der Chip-Überwachung? Die Regierung? Auch!
Aber vor allem: Der VATIKAN!
JA! Logisch: In den zehn Geboten steht nämlich: „Du darfst nicht lügen“ und „Du darfst nicht stehlen.“ Und Schwarzfahren ist sowohl eine Lüge als auch Diebstahl. Im weitesten Sinn.
Klingelt’s?! Jeder überführte Schwarzfahrer hat schlechtes Gewissen und verliert sehr viel Geld. Und geht deshalb zur Beichte und zur Armenspeisung in die Kirche. Und so gewinnt der Papst immer weiter an Macht!
IST DOCH LOGISCH!

Ok, ist es leider überhaupt nicht. Was ich mir da soeben auf die Schnelle zusammengezimmert habe, ist sogar für eine Verschwörungstheorie zu doof.
Ich werde bei Gelegenheit nochmal in mich gehen und mir hoffentlich etwas Schlüssigeres ausdenken.

Bis dahin werde ich die Schwarzkappler-Info zweckentfremden und mich informieren, in welcher Station demnächst kontrolliert wird. Damit ich mir diese verfluchte Jahreskarte nicht umsonst kaufe, werde ich mich geduldig anstellen und nach Herzenslust kontrollieren lassen.
Natürlich wie immer bei der langsameren Schlange!

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