FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Rock in Vienna: Kings of Leon

Rock in Vienna / Florian Matzhold

festivalradio

Das Rock in Vienna wirft Fragen auf

Nach drei Tagen „Rock in Vienna“ ist es Zeit für eine erste Zusammenfassung. Mit Left Boy, Macklemore, den Kings of Leon und Deichkind.

Von Christoph Sepin

Ja, ist das denn eigentlich noch Rock, was da bei einem Festival namens „Rock in Vienna“ performed wird? Sind da genug Gitarren auf der Bühne? Genug echte Schlagzeuge und keine Drumsamples vom Band? Und sind die Instrumente der Musiker überhaupt eingesteckt? Und was ist das überhaupt, Rock? Ist das eine technische Genredefinition, ein Lifestyle oder doch etwas komplett anderes?

Rock in Vienna: Macklemore

Rock in Vienna / Florian Matzhold

Macklemore

Was das „Rock in Vienna“, das heuer zum dritten Mal auf der Donauinsel in Wien stattfindet, in den letzten drei Tagen vielleicht am besten gemacht hat, ist es, Fragen aufzuwerfen. Über den Zustand der Rockmusik nämlich, über die Zukunft davon und inwiefern sich Festivals, die sich ursprünglich klar als Showcases des klassischen Rock definiert haben, für neue Genres öffnen sollten.

In einer Zeit, in der HipHop oft als der neue Rock’n’Roll bezeichnet wird, in der sich jemand wie Kanye West als der „größte Rockstar der Welt“ betitelt und in der Genregrenzen immer mehr verschwimmen, ist es gar nicht so einfach, den Old School Rock Sound live zu präsentieren, ohne zu sehr in angestaubte Nostalgie abzuschweifen. Musik hat mittlerweile eben eine ganz andere Bedeutung als zur Hochzeit der letztjährigen „Rock in Vienna“-Headliner Rammstein, Iggy Pop und Iron Maiden. Und eine junge Generation von Musikhörern und -hörerinnen hat auch gar nicht mehr so den Bezug dazu.

„Ich fühle mich wie in einem Vaudeville-Act“, erzählt mir Dave Wyndorf Minuten vor der Monster Magnet Show, eines der wenigen richtig klassisch „rockigen“ Konzerte in den letzten drei Tagen am Festival. Und auch er sagt: „HipHop ist der neue Rock.“ Für ihn ist Rock ein „energy thing“, wie für viele andere Performer, die am „Rock in Vienna“ spielten. Bezug auf das Thema nahmen aber fast alle auf der Bühne, auf die eine oder andere Art.

Am ersten Tag, dem Freitag, zum Beispiel schon Left Boy, der sich nach ein bisschen Pause beim „Rock in Vienna“ live zurückmeldete. In einer perfekt durchgeplanten Stageshow performte sich der mit der Unterstützung von Sidekick MCs und Back-Up-Dancern durch ein Set, das so gut wie alle Livekonzertklischees bediente.

Rock in Vienna: Left Boy

Rock in Vienna / Florian Matzhold

Da wurde mal Eis ins Publikum geworfen (zum Abkühlen bei der Hitze), dann auch mal Klopapier, in der Mitte des Sets legte man eine Pause ein, um für Freunde „Happy Birthday“ zu singen und ein bisschen im Kreis Sirtaki zu tanzen. Und dann, als quasi Kommentar auf den „Rock“ in „Rock in Vienna“ holte man letzten Endes noch einen perückentragenden Metalgitarristen mit Playbackgitarre auf die Bühne.

Ist es tatsächlich das, was von „Rock“ übrig geblieben ist? Eine Parodie, einmal Headbangen, einmal Gitarrensolo auf der Gibson Explorer?

Eines tat die Left Boy Show allerdings: funktionieren. Denn wenn zirkusmäßig Entertainment geboten wird, kann ein Publikum leicht darauf einsteigen, da müssen die Lieder auch gar nicht alle gekannt werden. Die Old-School-HipHop-Formation House of Pain tat sich daraufhin spürbar schwer, die Leute auf die selbe Art und Weise zu mobilisieren. Kein Wunder, kennt man doch vor allem die ewige Hymne „Jump Around“ aus dem Portfolio der Band. Ein paar Wiedererkennungsmomente gab’s aber doch für das Publikum, als Everlast ein paar seiner Solosachen performte oder DJ Lethal Dr. Dres „Next Episode“ abspielte.

Das Covern und Samplen von Songs anderer Bands, das war neben dem HipHop-Schwerpunkt am Freitag ein weiteres Narrativ, das sich durch fast alle Shows ziehen sollte. Left Boy ließ mal Lana Del Reys „Video Games“ anspielen und Headliner Macklemore (den man angeblich ganz anders ausspricht, als bisher vermutet), startete das „Otherside“ Sample der Red Hot Chili Peppers. Und ein weiterer Fokuspunkt ließ sich bei mehreren Acts erkennen: Präsident Donald Trump und dessen Politik bzw. Internetmemestatus. „It’s gonna be huuuge“, sagte Left Boy zur allgemeinen Belustigung auf der Bühne und auf den Pressearmbändern steht dieses Jahr thematisch passend einfach nur „Fake News“.

Rock in Vienna: Publikum

Rock in Vienna / Florian Matzhold

Während der erste Tag klar ein durchgehendes Konzept hatte - HipHop nämlich - präsentierte sich der Samstag als Tag 2 schon etwas durchwachsener. Kurz nacheinander spielten da nämlich zuerst Grossstadtgeflüster, dann Silbermond und dann die Kings of Leon. Erstgenannte machten in ihrer Show mit dem weiter, was am „Rock in Vienna“ am besten funktionierte: Party, Show und Energie. Das Publikum war sehr dankbar dafür und revanchierte sich durch Mitgrölen, Rumspringen und im Moshpit herumtanzen.

Dass dann niemand anderes als Silbermond eh doch auch sehr gut funktionierte, war eine der größeren Überraschungen. Emopop, Herzschmerzwallungen und „Weißt du noch wie’s früher war im Urlaub, als wir jung waren“ sind irgendwie die Emotionen, die von der scheinbar niemals alternden Band kommuniziert wurden. (By the way, „Symphonie“, der große Hit, ist mittlerweile schon 13 Jahre alt).

Rock in Vienna: Kings of Leon

Rock in Vienna / Florian Matzhold

Rock in Vienna: Kings of Leon

Rock in Vienna / Florian Matzhold

Kings of Leon

Die ersten richtig großen Headliner des gesamten Festivals waren dann am Samstag zum Abschluss die Kings of Leon. Die kämpften sich, wie schon Macklemore die Nacht davor, mit konsequenter Sicherheit durch ihr Set. Das Problem ist, dass sowas manchmal auch relativ schnell ein bisschen fad werden kann. Irgendwie war man dann aber trotzdem dazu gezwungen, das ganz cool zu finden, was da oben auf der Bühne passierte. Und „Sex on Fire“, das ist natürlich auch eh super.

Rock in Vienna: Deichkind

Rock in Vienna / Florian Matzhold

Deichkind

Sonntag als Tag 3 war dann schließlich der Tag, den alle mehrtägigen Festival mal durchmachen müssen: der Scheißwetter-Tag. Regen, Wind, irgendwo auch mal Donner und kalte Nässe gab’s da den ganzen Tag durch. Das Publikum störte das aber gar nicht so und so sah man als quasi „Fuck You“ dem Wetter gegenüber Leute gemütlich Eis essend im Regen stehen. Macht der Sommer mal Pause, lassen wir uns davon nicht aus der Ruhe bringen, quasi. Ein bisschen eine Grundeinstellung, die sich durch das ganze „Rock in Vienna“ zog: ein grundentspannter Zugang zur Musik, zum Wetter, zum Rumhängen auf der Donauinsel.

Zum Abschluss am Sonntag gab’s noch Performances von Bands wie den Donots, Monster Magnet und In Extremo und dann finally das beste Konzert am Festival. Und wie auch schon die Tage davor, war’s der ironisch-angehauchte Partysound, der am meisten überzeugte: Die Energieschleudern von Deichkind sprangen, tanzten, rappten und sangen sich durch ihr Partyset, einmal wurde ein Riesenfass durch das Publikum getragen, dann gab’s wieder Planschbecken-Crowdsurf-Action. Geregnet hat’s zu der Zeit auch nicht mehr, was das Publikum zu noch mehr Jubelgesängen brachte.

Jetzt ein Resümee zu ziehen, wie das denn jetzt ist mit dem Rockbegriff am „Rock in Vienna“, dafür ist es doch noch zu früh. Heute findet schließlich noch ein Konzerttag statt, mit unter anderem Clutch, Marteria, den Beatsteaks und den Toten Hosen. Eines ist aber schon mal klar: Das Publikum, das dort ist, am Festival, das scheint der Genrewechsel jetzt gar nicht so besonders zu stören.

Rock in Vienna: Bühne

Rock in Vienna / Florian Matzhold

Aktuell: