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Menschen auf der Straße

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Auf Laut

Wir müssen über Islamophobie reden

In Österreich ist die Ablehnung von MuslimInnen im Europavergleich besonders hoch, das besagen Studien. Das äußert sich in der Politik, in den Medien und immer mehr in rassistischen Angriffen.

Von Ali Cem Deniz

Die Frauen sind Burka, von den Männern brauchen wir gar nicht erst reden und die Kinder sind Mini-Salafisten. So ungefähr ist der Tenor der Debatten in Österreich, wenn es derzeit um „den“ Islam und MuslimInnen geht. Dass das nicht nur eine gefühlte Wahrheit ist, hat letztens eine Studie belegt: Zwei Drittel der ÖsterreicherInnen würden einen Einwanderungsstopp für Menschen aus muslimischen Ländern begrüßen. Nur in Polen ist die Ablehnung gegenüber dem Islam größer. Die Kronen-Zeitung nahm diese Studie zum Anlass und forderte „Grenzen dicht für Muslime.“

Mehr als Populismus

Um sich vorzustellen, wie sich solche Schlagzeilen auf muslimische Communities in Österreich auswirken, muss man keine Studien durchführen. Das wahre Problem sind aber nicht die Boulevard-Medien und PopulistInnen, die im Wahlkampf kräftig anti-muslimische Ressentiments schüren. In Österreich wird der rassistische Diskurs derzeit auch von anderen Akteuren getragen. Im Standard fragt sich beispielsweise Ägypten-Korrespondentin Astrid Frefel letztens, ob Musliminnen und Muslime nicht eine „Lizenz zum Lügen“ hätten. Wenn im arabischen Raum PolitikerInnen Halbwahrheiten verbreiten und kritischen Fragen ausweichen, ist das möglicherweise nicht nur Taktik, sondern könnte auch einen religiösen Hintergrund haben.

Am Ende heißt es dann: „Es ist deshalb gut, immer im Hinterkopf zu haben, dass es das Konzept der Taqiyya gibt, und es ist ratsam, bei solchen Begegnungen alle Äußerungen zu hinterfragen und auf die Goldwaage zu legen.“ In der Kommentarsektion fragen sich dann begeisterte LeserInnen, wieso diese Religion, die „der NS-Ideologie, um nichts nachsteht“ eigentlich nicht verboten wird. Erschienen ist der Artikel in einer „Schwerpunktausgabe Wahrheit“, wo es um die Fake-News-Debatte geht.

Tödlicher Rassismus

Dass anti-muslimischer Rassismus nicht nur guter Aufmacher für Talkshows und schlecht recherchierte Artikel ist, sondern auch tödlich sein kann, hat der Anschlag auf eine Londoner Moschee gezeigt. Rassistische Übergriffe, Schmierereien und Schweineköpfe vor Moscheen stehen an der Tagesordnung – nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen europäischen Ländern. Oft schaffen es diese Meldungen nicht in die großen Tageszeitungen, sondern werden in den Medien innerhalb der muslimischen Communities verbreitet. Das schafft Angst, Unsicherheit und Entfremdung.

Der Anschlag in London und die Reaktionen darauf sind deshalb von großer Bedeutung. Im Kurier schreibt Stefan Kaltenbrunner von einem „gezielten Gegenschlag“, den der blutige Terror des IS „provoziert“ hätte. Dass extremistische Gruppen, wie der IS, mit ihren Anschlägen die Grauzone auflösen und anti-muslimische Ressentimens schüren und infolge die Entfremdung muslimischer Communities verstärken wollen, ist bekannt.

Ob es sinnvoll ist, in dieser Atmosphäre einen offen rassistischen Anschlag als „Gegenschlag“ zu bezeichnen ist, den man „provoziert“ hätte, bleibt fraglich. Als Terroristen werden im Kommentar die Mitglieder des IS bezeichnet, aber nicht der Attentäter, um den es eigentlich geht. Und den Begriff Rassismus sucht man vergeblich.

Kaltenbrunners Artikel macht vor allem eines deutlich: Die österreichische Mehrheitsgesellschaft hat ein Problem damit, anti-muslmischen Rassimus zu benennen. Das ist nicht nur für die Musliminnen und Muslime eine Gefahr, sondern für die ganze Gesellschaft.

Kurz mit erhobenem Zeigefinger gegenüber muslimischen Frauen

APA/BMEIA/MAHMOUD-ASHRAF

Wir diskutieren in FM4 Auf Laut

„Grenzen dicht für Muslime“ fordert eine Boulevardzeitung, Integrationsminister Sebastian Kurz will islamische Kindergärten schließen lassen und Moscheen werden immer öfter zur Zielscheibe von rassistischen Angriffen. Die Ablehnung gegenüber MuslimInnen ist in Österreich besonders hoch. Laut einer aktuellen Studie sprechen sich 65 Prozent gegen die Einreise MuslimInnen aus. Unter den EU-Länder ist damit Österreich auf dem zweiten Platz.

Warum nehmen die Ressentiments gegenüber MuslimInnen zu? Was bedeutet das für die österreichische Gesellschaft? Zwei Jahre nach der Einführung des neuen Islamgesetzes diskutiert FM4 Auf Laut über Islam und Rassismus in Österreich.

Ruf an und diskutier mit unter 0800 226 996

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