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Der Konflikt

Wie aus einem Streit zwischen Kindern ein ausgewachsener Konflikt wurde.

Von Todor Ovtcharov

Seit Tagen gärt es im Romaviertel von Assenowgrad. Wie hat alles angefangen? Von dieser Geschichte gibt es - wie so oft - verschiedene Versionen.

Die Bulgaren sagen, es waren ein paar Kinder beim Rudertraining auf einem See. Einige Romakinder, die am Ufer standen, bewarfen sie mit Steinen. Die Trainer der Ruderer verscheuchten sie.

Die Roma sagen, sie wurden von den Ruderern beschimpft und sie schimpften zurück. Danach wurden sie von den Trainern zusammengeschlagen.

Bis dahin sind die Geschichten unterschiedlich. Danach wurde alles gut dokumentiert:

Im Romaviertel von Assenowgrad hört man, dass die Trainer ihre Kinder geschlagen hätten. Zwei Autos voll mit Menschen machen sich auf den Weg, sie zu rächen. Es kommt zu einer Schlägerei. Es kommen weitere 150 Leute, bewaffnet mit Stöcken, Schaufeln und Äxten. Die Schlägerei droht auszuarten. Die Polizei kommt, doch die sechs Polizisten können die Schlägerei nicht stoppen. Mehr und mehr Leute machen mit, auch aus den benachbarten Städten Plovdiv und Pazardjik. Mit viel Mühe schafft sie es, die Schlägerei zu beenden.

Und das ist nur der Anfang des Konflikts in Assenowgrad. In den nächsten Tagen mobilisieren die Rechten und es kommen immer mehr Leute angereist, die am „Gefecht“ teilnehmen wollen. Das sind polizeibekannte „Patrioten“ aus dem ganzen Land: Fußballfans, Biker und die sogenannten „Flüchtlingsjäger“ von der Grenze zur Türkei. Die Polizei hat die Romaviertel abgeriegelt, doch die Angreifer finden allerlei Wege, um die Barrikaden zu umgehen. Die Menge schreit „Zigeuner zur Seife!“ Seit sechs Tagen geht da nun jetzt schon. Um die Protestierenden zu beruhigen, verspricht die Stadtverwaltung, demnächst illegale Gebäude im Viertel abzureißen.

Seit Jahrzehnten werden die Romaghettos in Bulgarien in Isolation und Armut gehalten. Für viele Bewohner ist Diebstahl der einzige Weg, um zu Essen zu kommen. Der größte Teil der Kinder in diesen Stadtvierteln besucht keine Schule, viele sind Analphabeten und verstehen die bulgarische Sprache kaum. Für die Politiker ist das nützlich.

Denn bei allen Wahlen missbraucht die Politik die Roma als Stimm-Melkkühe und kauft ihre Wählerstimmen im Großen auf. Alle Parteien sagen, dass sie etwas gegen das Problem des Stimmenkaufs und die schwierige soziale Situation der Roma tun werden, doch am Ende nutzen sie beides aus.

Das Fürchterliche an diesem Konflikt ist, dass er mit einem Streit unter Kindern angefangen hat. Was für eine Zukunft erwartet diese Kinder?

Die bulgarische Regierung hat versprochen, dass die Romakinder künftig dazu verpflichtet werden, die Schulen zu besuchen. Wenn das passiert, dann wäre das wenigstens ein positives Ergebnis der Eskalation der vergangenen Tage.

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