FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Alle können das Überwachungspaket begutachten

Im Jänner 2017 stellte die österreichische Bundesregierung erstmals Pläne für ein neues Überwachungspaket vor. Jetzt befindet sich dieses umfangreiche Gesetzesvorhaben in der parlamentarischen Begutachtungsphase. An der Konsultation kann sich jede Bürgerin und jeder Bürger beteiligen.

von Christoph Weiss

Viel Kritik gab es an den Plänen der Regierung bisher unter anderem, weil darin der Einsatz staatlicher Computerviren - sogenannter „Bundestrojaner“ - vorgesehen ist. Den Behörden soll es also in Zukunft erlaubt sein, Sicherheitslücken auf PC und Smartphone auszunützen, anstatt die Bürgerinnen und Bürger vor diesen Sicherheitslücken zu warnen und zu schützen. Die Kritik richtete sich auch gegen das geplante Verbot anonymer Handy-Wertkarten und gegen die geplante österreichweite Videoüberwachung, deren Daten in einer Zentrale zusammenlaufen sollen.

Sobo

Epicenter.works

Als wäre das alles nicht extrem genug, sind nun - quasi in letzter Minute - noch zwei neue Gesetzesvorhaben dazugekommen:

Netzsperren

Im Überwachungspaket befinden sich jetzt nämlich auch Netzsperren: Internet-Serviceprovider sollen in Zukunft bei Darstellung von Gewalt, bei Pornographie und bei Urheberrechtsverletzungen Websites sperren dürfen – selbständig, ohne richterliche Kontrolle. Für Betreiber einer Website ist keine Möglichkeit vorgesehen, gegen die Sperre einer Website vorzugehen. Der Provider erhält die alleinige Entscheidungsmöglichkeit darüber, was vom Internet er noch anbietet und was nicht. Thomas Lohninger von Epicenter Works sagt dazu: „Das bedeutet einerseits die Privatisierung der Rechtsdurchsetzung, andererseits auch die Automatisierung der Rechtssprechung, denn es würden - wie das schon heute in Großbritannien der Fall ist - verschiedene private Anbieter von Filterlisten darüber entscheiden, was bei welchem Internet-Serviceprovider zugänglich ist und was nicht.“

Ebenfalls neu im Überwachungspaket ist jetzt der Einsatz sogenannter IMSI-Catcher. Das Kürzel IMSI steht für International Mobile Subscriber Identity. Sie dient in Mobilfunknetzen der eindeutigen Identifizierung von Netzteilnehmern und wird einmalig pro SIM von den Mobilfunknetzbetreibern vergeben. IMSI-Catcher sind mobile Geräte, die vorgeben, ein Mobilfunk-Antennenmast zu sein. Handys in der Nähe verbinden sich also mit dem Gerät, von wo dann die gesamte Kommunikation mitgehört bzw. mitgelesen werden kann.

IMSI-Catcher

„Solche IMSI-Catcher werden zum Beispiel gerne in der Nähe der Büros von Bürgerrechts-Organisationen aufgestellt“, sagt Thomas Lohninger. Aber auch Mobiltelefonie-Kunden, die eigentlich nicht Ziel der Überwachungsmaßnahme sind, werden miterfasst. Für Benutzer von Android-Smartphones und -Tablets gibt es immerhin Apps, mit denen sich herausfinden lässt, ob sich ein IMSI-Catcher in der Nähe befindet. Ein IMSI Catcher Detector schlägt Alarm, wenn er Auffälligkeiten in der Funkzelle bemerkt. „Die App kann erkennen, dass sich eine Basisstation merkwürdig verhält. Sie hat zum Beispiel eine unerwartet hohe Sendeleistung und folgt mir, wenn ich mich bewege. Dann schlägt diese Anwendung Alarm und ich habe zumindest eine Vermutung, dass ich von einem IMSI-Catcher überwacht werde.“

Banner

Epicenter.works

Epicenter.works hat diese Woche eine neue Aufklärungs- und Protestkampagne gestartet. Auf der Website überwachungspaket.at kann man sich an der Konsultation zum parlamentarischen Begutachtungsverfahren beteiligen. „Das dauert nur zwei bis drei Minuten“, sagt Thomas Lohninger, „und ist ein wirklich gewichtiger Weg, seiner eigenen Stimme Gehör zu verschaffen.“ Hinsichtlich der Bürgerbeiteiligung bei Begutachtungsverfahren liege der bisherige Rekord bei 600 Stellungnahmen, so Lohninger. „Wir hoffen, dass wir die Begutachtung des Überwachungspakets zur erfolgreichsten in der Geschichte der zweiten Republik machen – dass also soviele Menschen wie noch nie sagen, dass sie diese Art von Gesetzen nicht wollen. Geben wir den Politikern eine klare Botschaft mit. Lassen wir sie diese Gesetzesänderungen nicht im Sommerloch verstecken. Wir haben noch bis 21. August Zeit, bis dahin läuft die Begutachtung.“

Aktuell: