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Wer eine sportliche Ruhephase nicht für inhaltliche Überlegungen nutzt, hat den Anschluss schon verloren.

The daily blumenau. Monday Edition 24-07-17. #fußballjournal17

von Martin Blumenau

The daily blumenau bietet seit 2013 ebenso wie sein Vorgänger, das Journal, regelmäßig Einträge zu diesen Themenfeldern.

Letzte Woche habe ich an dieser Stelle die Mikado-Liga vorgestellt: weil heuer wenig Druck herrscht (5 internationale Startplätze, Ligareform und wohl kein Absteiger…) ziehen sich die heimischen Fußball-Vereine in eine Konsolidierungs-Phase (Stichwort: Umbau) zurück, die sich allerdings in personellem Rückbau und Zurückfahren der Aufwendungen erschöpft.

Den Mut zum Notwendigen, nämlich zum überlegten Aufbau einer zumindest mittelfristig gültigen Philosophie & Spielkultur haben die wenigsten. Salzburg, der Primus, der es nicht notwendig hätte oder der dort sozialisierte Oliver Glasner in Linz und einige Mutige in Liga 2. Der Rest begnügt sich im Weiterwursteln. Ausredenkultur inklusive.

Dabei böte der Blick in die Nachbars-Gärten genug Input für jeden halbwegs an nachhaltigem Aufbau interessierten Verantwortlichen. Man nehme nur das famose Mühle-Konzept der Frauen-Nationalmannschaft mit ihrer wie selbstverständlich ins 4-3-3 integrierten Fünfer-Abwehr in der Defensive. Oder das gewagte 4-1-3-2 der deutschen Frauen mit den flexiblen Positionierungen im offensiven Mittelfeld. Oder das gewitzte 3-2-3-2, mit dem der VfL Bochum, ein deutsche Zweitligist in der Größenordnung von Sturm Graz, in die Saison gehen wird.

Stattdessen bieten vor allem die drei selbsternannten Anwärter auf die Plätze hinter Salzburg nicht mehr als Aufgewärmtes an. Thorsten Fink redet sich auf Formschwäche aus statt die wahren Probleme (noch zu viele Weggehwillige, keinen Plan B ohne Holzhauser, dafür mit Holzhauser für jeden taktisch Gebildeten total ausrechenbar) anzusprechen.

Rapid ist unter Goran ‚Wohlfühloase‘ Djuricin endgültig bei der Ära Barisic angelangt (vor allem was die Handlungsarmut beim Match betrifft), und versucht sein Trauma durch die Komplett-Verdrängung der letzten Saison zu überwinden. Das kann schon allein deshalb nicht gelingen, weil die Abkehr vom biederen Barisic-System ja per se richtig und höchst drängend nötig war. Für Rapid gilt weiter dass das Problem des Vereins Rapid!! heißt, man der größte Feind seiner selbst bleibt.
Franco Foda führt Sturm Graz wieder zunehmend so wurschtig wie gegen Ende seiner ersten Amtszeit und kann – wie Kollege Fink – weiterhin das Riesen-Loch zwischen seiner Defensiv- und seiner Offensiv-Unit nicht erkennen.

Sehr eng, sehr klamm und sehr statisch stehen – und auch das ist nix Neues – Pfeifernsberger nun Ilzerloses Wolfsberg und die Admira von Fyleralarm Buric, beide vermittelten in erster Linie den Eindruck von Wehrlosigkeit (bei Pfeifenberger bekannt, bei Buric dank der Nicht-Reaktion in der ersten Trinkpause eklatant sichtbar). Wobei sich Rapid, Austria und Sturm da mitangesprochen fühlen dürfen. Sie können sich nur wegen der höheren individuellen Klasse immer wieder noch aus solchen Situationen retten; in Österreich halt.

Ansätze von Versuchen sind bei Fallmann in St.Pölten zu sehen, der riskierte und von 4-4-1-1 auf 4-3-3 umstellte. Weil es aber zum falschen Zeitpunkt kam und weil sein Personal nur in Teilen die Klasse für Erstklassigkeit hat, ging das schief. Auch Baumgartners Mattersburger (erstmals seit überhaupt hat man dort ein Coaching Team, das den Namen auch verdient) können aus ihrer Rolle fallen und verkraften In-Game-Umstellungen (gegen Rapid griff man auf Adi Hütters alte 5-0-5-Idee zurück) recht gut.

Auf ausgefallene Ideen nur dann zurückzugreifen, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, zeugt aber – siehe Koller bei der EM – nicht von Wagemut, sondern von schwacher Planung und unterentwickelter Philosophie.
Ein bisserl sichtbarer ist man diesbezüglich in Altach und Linz unterwegs. Klaus Schmidt hat neben seinem heißgeliebten 4-4-1-1 jetzt (nach dem Wiedereinstieg von Ngamaleu) auch eine Art 4-3-3 im Köcher und schöpft aus der Ungeschlagenheit immer mehr Mut um vielleicht tatsächlich noch eine auf Altach hingeschneiderte Philosophie zu entwickeln.

In der zweitklassigen Ersten Liga tummeln sich im Übrigen deutlich mehr an nachhaltigen Strategien interessierte Coaches, teilweise sogar Club-Verantwortliche – eine Einschätzung dazu demnächst hier…

Oliver Glasner hat sein 4-4-1-1 aus Liga 2 auf den Misthaufen der Geschichte geschmissen und probiert jetzt ein 3-4-3 (offensiv)/5-2-3 (defensiv)-Hybrid. Mit drei, ja, kann man so sagen, echten Spitzen, die viel Druck auf jeden Gegner machen und ein für Österreich ungeahntes Flügelspiel aufziehen. Glasner hat auch die dafür nötigen Leute geholt, hat also einen Plan. In Normalfall dauert es neun Runden bis die Gegnerschaft den Dreh überzogen hat, da kann der LASK schon einiges an Boden gutmachen.

Eine wirkliche – und unmerkliche – Revolution hat sich in Salzburg vollzogen. Da macht Marco Rose jetzt Nägel mit Köpfen und beendet die strategische Zögerlichkeit der zwei Zeidler/Garcia-Jahre mit einem klaren Bekenntnis zum offensiven Dominanz-Fußball. Sein 4-3-3 (manche nennen es 4-4-2 mit Raute, ich sehe den vordersten Mittelfeldspieler – aktuell Minamino oder Hannes Wolf – als hängende Spitze und Teil eines Dreier-Sturms) hat ihm den Youth League-Titel gebracht, und wird jetzt – völlig zurecht – als Grundphilosophie durchgezogen; bis nach Liefering. Auch weil das mit oder ohne Lazaro oder Berisha gut und erfolgreich spielbar ist: Salzburg führt derzeit 15:0. Und ist der Konkurrenz nicht nur an Budget oder Marktwert, sondern vor allem an Ideen und Konzepten meilenweit voraus. Wohl auch, weil RB Salzburg mit der Ambition eine Konsolidierungs-Phase, zu mehr als nur zum In-die-Luft-Schaun zu nutzen.

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