FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Stimmzettel bei der Nationalratswahl 2013

APA/HERBERT P. OCZERET

WAHL 2017

Was ist eigentlich ein sicherer Listenplatz?

Nach und nach präsentieren die Parteien jetzt ihre Listen zur Nationalratswahl. Aber warum gilt eigentlich ein Platz 6 bei der einen Partei als aussichtslos und darf sich bei der anderen die Nummer 16 noch Hoffnungen machen?

Von Markus Zachbauer

Nationalratswahl 2017

Am 15. Oktober wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Wahlberechtigt sind alle österreichischen StaatsbürgerInnen, die am Wahltag mindestens 16 Jahre alt sind.

Das mit diesen Wahlen, es ist kompliziert. Auch in Österreich, obwohl unser Wahlrecht eigentlich noch vergleichsweise überschaubar ist: Eine festgelegte Anzahl an Nationalrats-Sitzen (genau 183) wird unter allen Parteien verteilt, die mehr als 4% der Stimmen bekommen. Und zwar in einem Verhältnis, das möglichst genau dem der gültigen Stimmen entspricht. Hat Partei A also doppelt so viele Stimmen wie Partei B, dann bekommt sie auch doppelt so viele Sitze.

Klingt eigentlich ganz einfach. Ist es aber nicht. Denn die Gesamtzahl der Mandate ist am Ende zwar wichtig um im Parlament Mehrheiten zu finden (um eine Regierung zu bilden zum Beispiel). Sie sagt aber noch nichts darüber aus, wer genau dann eigentlich im Nationalrat sitzt.

Regionalwahlkreise als Basis

Grundsätzlich ist jeder Sitz im Nationalrat einem von 39 Regionalwahlkreisen zugeordnet: 4 Sitze für den Wahlkreis Kärnten Ost, 6 Sitze für das Mühlviertel, 3 für das Tiroler Oberland, 4 für Vorarlberg Süd. Alles in allem genau 183, verteilt nach der Zahl der dort ansässigen österreichischen Staatsbürger. Weil sich die im Lauf der Zeit verändert, verändert sich auch die Zahl der Mandate pro Regionalwahlkreis.

Alle Regionalwahlkreise eines Bundeslandes bilden dann gemeinsam einen Landeswahlkreis. Das Burgenland mit 7 Mandaten den kleinsten, Niederösterreich mit 37 den größten.

Das ist insofern wichtig, als nach der Wahl für jedes Bundesland separat ermittelt wird, wieviele Stimmen man für ein Mandat braucht. Und zwar durch eine einfach Division: 188.384 gültige Stimmen im Burgenland bedeuteten bei der letzten Wahl bei 7 zu vergebenen Mandaten 26.912 nötige Stimmen für ein Mandat. Das ist die sogenannte „Wahlzahl“. Weil die Wahlbeteiligung unterschiedlich groß ist, ist auch diese Zahl ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. Bei der letzten Wahl war ein Mandat in Vorarlberg mit 21.902 Stimmen deutlich „billiger“ als in Niederösterreich. Dort brauchte man 27.405 Stimmen.

Stimmzettel bei der Nationalratswahl 2013

APA/GEORG HOCHMUTH

Die Kandidaten-Liste für den eigenen Regionalwahlkreis sind auf den Stimmzettel gedruckt. Die Landes- und Bundeswahlvorschläge hängen in der Wahlkabine.

Hat nun eine Partei in einem Regionalwahlkreis mehr Stimmen als diese sogenannte „Wahlzahl“, dann geht ein Mandat an den oder die Listen-Erste dieser Partei.

Ein solches sogenanntes Grundmandat in einem Regionalwahlkreis lässt eine Partei übrigens fix in den Nationalrat einziehen, auch wenn sie bundesweit nicht über 4% aller Stimmen kommen würde.

Das Beispiel Burgenland

Ein Beispiel: Im Burgenland betrug die Wahlzahl bei der letzten Wahl 26.912 Stimmen (188.384 gültige Stimmen dividiert durch 7 zu vergebene Mandate).

Im Regionalwahlkreis 1A („Burgenland Nord“) gingen 36.185 Stimmen an die SPÖ (mehr als die Wahlzahl), 24.925 an die ÖVP (weniger als die Wahlzahl). Die regionale Liste der SPÖ führte Erwin Preiner an. Er ist deshalb 2013 in den Nationalrat eingezogen. Für Oswald Klikovits (Nummer 1 der Regionalwahlliste der ÖVP) hat es nicht gereicht.

Im Regionalwahlkreis „Burgenland Süd“ war die Lage ganz ähnlich: 34.037 Stimmen für die SPÖ brachten einen recht prominenten Abgeordneten ins Parlament: Norbert Darabos. 25.501 Stimmen für die ÖVP reichten hier nicht für ein Mandat im Regionalwahlkreis, Nikolaus Berlakovich ging daher leer aus.

Im Burgenland gibt es nur diese beiden Regionalwahlkreise, das sogenannte „1. Ermittlungsverfahren“ ist damit abgeschlossen.

Vorzugsstimmen

Die Reihenfolge der KandidatInnen auf den Listen ist übrigens nicht in Stein gemeißelt. Wenn ein Kandidat oder eine Kandidatin besonders viele Vorzugsstimmen erhält, wird sie auf der entsprechenden Liste automatisch ganz nach vorne gereiht. Wie genau das funktioniert erklären wir euch hier demnächst.

Im folgenden „2. Ermittlungsverfahren“ geht es um die Landeslisten: In beiden Regionalwahlkreisen gemeinsam hat die SPÖ 70.222 Stimmen bekommen. Für die schon vergebenen Regional-Mandate wird davon jeweils die Wahlzahl abgezogen, es bleiben 16.398 Stimmen (70.222 - 26.912 - 26.912). Das ist weniger als die Wahlzahl, die SPÖ bekommt deshalb kein weiteres Mandat.

Die ÖVP kam insgesamt auf 50.426 Stimmen, und weil ihr kein Mandat in den Regionalkreisen zugesprochen wurde, wird hier auch nichts abgezogen. 50.426 ist mehr als die Wahlzahl, deswegen zieht die Nummer 1 der ÖVP Landesliste als Abgeordneter in den Nationalrat. Das ist: Nikolaus Berlakovich. In seinem Regionalwahlkreis hatte er im 1. Ermittlungsverfahren zwar zuwenige Stimmen, aber mit dem 1. Platz auf der Landesliste war er ganz gut abgesichert.

Ganz ähnlich war die Sache bei der FPÖ: Für ein Regionalwahlkreis-Mandat hat es im Burgenland nicht gereicht, aber die insgesamt 32.705 Stimmen (mehr als die Wahlzahl) brachten den Erstgereihten der FPÖ-Landesliste ins Parlament. Und auch er ist ein guter Bekannter: Norbert Hofer.

Am Ende wurden von den 7 möglichen Mandaten im Burgenland also 4 vergeben. Erwin Preiner und Norbert Darabos zogen über ihre Regionalwahlkreise ins Parlament, Nikolaus Berlakovich und Norbert Hofer über die Landeslisten.

Für diese vier ist es damit auch völlig unwichtig, auf welchem Listenplatz sie am Bundeswahlvorschlag ihrer Partei stehen. Norbert Hofers Einzug war mit einem Platz 5 auf der FPÖ-Bundesliste gut abgesichert, Norbert Darabos stand bei der SPÖ auf Platz 10, Erwin Preiner auf dem eher symbolischen Platz 68 und Nikolaus Berlakovich kommt auf der Bundesliste der ÖVP überhaupt nicht vor.

Die Bundesliste

Die allermeisten Mandate werden über diese Regional- und Landeslisten vergeben: Bei der letzten Wahl 144 von den insgesamt 183. Trotzdem konzentriert sich die ganze Aufmerksamkeit auf die Bundeslisten.

Im sogenannten „3. Ermittlungsverfahren“ wird im D’Hondt-Verfahren festgelegt, welcher Partei am Ende insgesamt wieviele Sitze zustehen. Bei der letzen Wahl waren das für die FPÖ z.B. 40 Sitze. Über Regional- und Landeslisten waren schon 32 FP-Angeordnete zum Zug gekommen, die restlichen 8 Plätze wurden also mit der Bundesliste aufgefüllt.

Auch wenn eine Partei also auf insgesamt recht viele Sitze kommt: Die Bundesliste (eigentlich „Bundeswahlvorschlag“) stopft nur die Löcher, die nach den ersten beiden Verteil-Runden übriggeblieben sind. Und diese Lücken sind - aus mathematischen Gründen - immer etwa gleich groß. Egal wieviele Stimmen eine Partei erhält: Wenn sie in den Nationalrat einzieht, werden kaum mehr als 9 ihrer Abgeordneten über die Bundesliste bestimmt. Seit 1995 waren es im Durchschnitt gerade einmal 6 pro Wahl und Partei. Und wenn eine Partei „Pech“ hat („Pech“ für die Bundesliste bedeutet dabei immer „Glück“ für viele Regional- und Landeswahlkreisen, bei denen man knapp über der Wahlzahl lag), dann braucht man zum Auffüllen mitunter sogar nur 3 oder 4 Namen einer Bundesliste.

Sitzplan im Nationalrat

APA

Einmal in den Nationalrat eingezogen, behält ein Abgeordneter sein Mandat auch, falls er oder sie ihre Fraktion verlässt oder - auch das ist möglich - zu einer anderen wechselt. Nur wenn er oder sie das Amt zurücklegt rückt eine neue Person nach. Und zwar - falls die Fraktion gewechselt wurde - von der ursprünglichen Liste. So wie hier oben sah die Sitzverteilung nach der letzten Wahl 2013 aus.

Was sind nun die besten Plätze?

Weil die Zahl Abgeordneten von der Bundesliste relativ konstant ist, ist diese Liste für kleine Parteien viel relevanter als für große. Bei SPÖ, ÖVP und FPÖ kommen oft nur 15%-20% der Abgeordneten über die Bundesliste, bei den NEOS waren es bei der letzten Wahl ein Drittel, beim Team Stronach sogar mehr als die Hälfte. Auch deswegen gibt es bei den großen Parteien viel mehr Abgeordnete, von denen man außerhalb ihres Wahlkreises nicht viel gehört hat.

Spätestens bis Donnerstag, 24. August, wird die Wahlkommission alle eingebrachten Listen überprüfen und veröffentlichen.

Auch wenn Bundeswahlvorschläge aus symbolischen Gründen oft mehrere Hundert Namen lang sind: Alles ab Platz 4 kann (mit ein bisschen Zahlenpech) schief gehen. Bei einer Kandidatur auf Platz 7 oder 8 braucht es sogar eine Portion Glück um in den Nationalrat einzuziehen.

Andererseits sind genau deswegen die prominenten KandidatInnen der vorderen Plätze meistens durch Spitzenplätze auf Landes- und Regionallisten nochmal abgesichert. Nahezu alle kandidieren also auf mehreren Ebenen. Und wenn einem Kandidaten oder einer Kandidatin der Bundesliste schon ein regionales Mandat zugesprochen wurde, dann rücken automatisch alle anderen einen Platz vor.

Außerdem: MinisterInnen und StaatssekretärInnen lassen während ihrer Amtszeit ihre Parlamentsmandate in der Regel ruhen und werden dann durch die Nachgereihten in den jeweiligen Wahllisten ersetzt. So darf sich dann zum Beispiel auch Julia Herr, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend - Hoffnungen machen, obwohl sie „nur“ auf Platz 16 der Bundesliste kandidiert (aber eben hinter Namen wie Christian Kern, Pamela Rendi-Wagner, Gabriele Heinisch-Hosek, Muna Duzdar und anderen, die nicht nur potentielle Regierungsmitglieder sind, sondern auch gute Chancen haben, schon auf regionalen Ebenen ein Mandat zu erreichen und dann auf der Bundesliste übersprungen würden).

Ob ein Listenplatz ein aussichtsreicher ist hängt also auch sehr davon ab, wer vor einem auf der Liste steht (und ob er oder sie auch auf Regional- und Landeslisten ganz oben kandidiert). Vor allem aber - und das darf man bei aller Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht vergessen - davon, wieviele Stimmen die eigene Partei bekommt. Wenn’s am Ende weniger als 4% sind, dann hilft auch ein Platz 1 auf der Bundesliste gar nichts.

Erratum: In der ursprünglichen Version der Geschichte hieß es, dass niemand gleichzeitig MinisterIn und Nationalratsabgeordnete sein dürfe und die MinisterInnen einer Regierungspartei automatisch aus dem Nationalrat ausscheiden würden. Weder das Verbot noch der Automatismus treffen zu.

Aktuell: