Digitales Brettspiel für Meisterdiebe
Von Rainer Sigl
Durch die kopfsteingepflasterten Gassen zieht Nebel, Straßenkinder laufen herum und an manchen Ecken versperren finster dreinblickende Gangmitglieder mit Schnurrbart und Zylinder den Weg. Die Stadt im Strategiespiel „Antihero“ könnte auch der Schauplatz eines Romans von Charles Dickens aus dem 19. Jahrhundert sein.
Als trickreicher Kopf einer neu gegründeten Diebesgilde ist es unsere Aufgabe, die Stadt unter unsere Kontrolle zu bringen und die ebenso kriminelle Konkurrenz auszuschalten. Was inhaltlich an Action-Abenteuer wie „Thief“ oder „Dishonored“ erinnert, ist hier allerdings eine ganz und gar strategische Angelegenheit, denn Antihero ist eigentlich ein digitales Brettspiel, das rundenweise gespielt wird.
Zug um Zug zum Verbrecherkönig
Ganz zu Beginn jeder Partie müssen wir die noch unbekannte Stadt erst erforschen und lohnende Häuser in Raubzügen um ihr Geld erleichtern. Mit diesem können wir schon bald Straßenkinder, Banden von Schlägertypen oder andere zwielichtige Gestalten anheuern, die uns bei der Machtübernahme helfen.
Das Ziel jeder Partie ist es, eine festgelegte Anzahl von Siegpunkten zu erspielen; die erhalten wir entweder für die Übernahme besonderer Gebäude oder aber durch Erpressung oder gezielte Attentate. Unser Gegenspieler versucht dasselbe, auch deshalb sind schlaues Vorausdenken und Sabotage notwendig. Das klingt gewalttätig, doch dank der niedlichen Cartoon-Grafik und viel (schwarzem) Humor ist „Antihero“ trotzdem unblutig und spaßig geraten.
Versus Evil
Am besten zu zweit
Wie bei allen Brettspielen gilt auch bei „Antihero“, dass es gemeinsam mit echten Menschen am meisten Spaß macht. Zwar ist der Computergegner im Rahmen der Kampagne, die zu Beginn auch als Tutorial dient, ein überraschend würdiger Gegenspieler, doch an menschliche Verschlagenheit kommt eben (noch) kein Algorithmus heran.
„Antihero“ ist für Windows und Mac erschienen.
Die rasanten Partien lassen sich entweder live online oder per „Hotseat“-Funktion vor demselben Computer spielen, aber auch asynchron über längere Zeiträume - dann muss man nach Ende seines Zuges eben warten, bis der Gegner seine Aktionen beendet und auf Senden geklickt hat.
„Antihero“ ist ein spannendes, kleines Strategiespiel, das aus seinen eigentlich simplen Elementen ein Maximum an diebischer Freude generieren kann. Dank seiner gelungenen Präsentation und spannenden Mehrplayerpartien ist es ein lohnender Raubzug für Strategiefreunde.
Publiziert am 27.07.2017