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Der Nino aus Wien spielt am vollen Karlsplatz

Franz Reiterer

Popfest makes the people come together

Der zweite Tag am Popfest als Ausflug zu den verschiedensten Aspekten der Popmusik mit dem Nino aus Wien, Flut, den Buben im Pelz, Mile Me Deaf und Wendja.

Von Christoph Sepin

Die schönsten Gemeinsamkeiten entstehen aus den Unterschieden, so lautet ein altes Sprichwort, das es nicht gibt. In Sachen Popfest konnte man sich schon im Vorfeld vorstellen, dass so ein Szenario eintreffen könnte - kuratieren doch keine anderen als Lo-Fi-Wunderwuzzi Ana Threat und Austropopexperte Eberhard Forcher das diesjährige Fest. Wird hier der Untergrund auf den massentauglichen Sound treffen, und werden die bekömmlichen Crowdpleaser Hand in Hand mit den herausfordernden musikalischen Komplexitäten gehen?

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Falls es spürbare thematische Schwerpunkte an den diesjährigen Popfesttagen gibt, Tag 2, der Freitag, beschäftigte sich vielleicht mit dieser Fragestellung. Und beleuchtete ganz schön, wo das böse Wort „Mainstream“ beginnt oder endet und wie schwammig die Grenzziehung in der Popmusik oft ist. Ein Popfest als genretechnischer Brückenbauer, quasi.

Aber vorher noch ein kleines Wetterupdate: Die nächste „Hitzewelle“ (also wenn es mal drei Tage ein bisschen warm ist) bleibt am Freitag immer noch aus, wenigstens regnet es aber nicht. Was bedeutet, dass sich schon früher einige Leute mehr als am Donnerstag am Karlsplatz einfinden. Vielleicht hängt das aber gar nicht mit dem Wetter zusammen, sondern liegt am Freitag und am Wochenende.

Oder vielleicht liegt das an der Band Bluatschink. Die Tiroler Gruppe eröffnet nämlich die freitägliche Seebühne am Karlsplatz. So manch einer mit großen Plänen bekommt davon aber gar nicht so viel mit: Es gibt nämlich mit dem Kuppelsaal in der TU eine neue Location am Popfest (der gute alte Schwitzkasten namens Brut fällt heuer umbaubedingt aus). Und die Sache mit dem Kuppelsaal ist: Wer da hinein will, um sich spätabends Konzerte anzuschauen, der braucht eine Zählkarte.

Wie schon von den sonntäglichen Popfestkonzerten in der Karlskirche bekannt, muss man sich für ebensolche anstellen. Und tatsächlich ist der Andrang für diese begrenzten Gratistickets spürbar groß. In der Warteschlange trifft man dann nicht nur andere hoffnungsvolle Gesichter, die sich in nervöser Vorfreude die Hände reiben, sondern wird auch zum idealen Fokuspunkt für einerseits politische Parteien, die den Wartenden Flyer in die Hand drücken und andererseits religiöse Ratschläge von Bibelexperten. In all dem überhört man die Band Bluatschink dann leider doch leicht.

Nicht zu überhören und vor allem zu übersehen ist der König des Popfests, der Nino aus Wien, für den es wieder mal soweit ist, auf die Bühne am Karlsplatz zurückzukehren. Besonders passionierte Nino-Fans haben sich schon eine Stunde vor dem Konzert des Musikers in die erste Reihe platziert, eine Idee mit System, wie sich herausstellt. Während der Nino-Show wird es nämlich voll vor der Bühne und zwar so richtig. Nicht nur die erste Reihe liegt da in weiter Ferne, da gibt’s kein Durchkommen durch die Menschenmassen. Aber halb so schlimm, versichert mir jemand, nah genug für den Nino stehen wir allemal. Stimmt, denk ich mir, als gerade das immer hervorragende „Praterlied“ angestimmt wird. So voll habe ich den Karlsplatz noch nie gesehen und so gut ging der Popfestversuch, die musikalischen Strömungen und die Menschen zusammenzubringen, kaum zuvor auf.

Nicht ganz so bizarr überfüllt, aber immer noch ordentlich voll ist es dann, als die Gruppe Flut den Open-Air-Abend auf der Seebühne abschließt. Immerhin startet zur selben Zeit das Programm in der TU, die Buben im Pelz bringen ihre Katzenfestung in den Kuppelsaal. Flut surfen immer noch ganz gemütlich auf ihrer Hypewelle und setzen die auch sehr schön auf der Seebühne um. Wer die Band kennt, der sollte wissen, dass das visuelle Element für die Gruppe, die auch ihre Musikvideos selber macht, eine wichtige Rolle spielt. Und so schaut’s dann auch aus, als ob Frontmann Johannes direkt aus dem „Linz bei Nacht“-Video durch den Nebel auf die Bühne schreitet. Ein ganz herrliches Konzert, das aber leider viel zu leise ist. Aber es ist ja auch schon spät und die Anrainer und Anrainerinnen in ihren Palästen um den Karlsplatz wollen schlafen.

Lauter darf es schon in der TU zugehen. Musikalische, genretechnische Gegenpole gibt es da zu erleben, als oben im Kuppelsaal Wolfgang Möstl und sein hervorragendes Projekt Mile Me Deaf den verwaschenen Gitarrensound zelebrieren und im Prechtlsaal niemand anderes als Lukas „Woki mit deim Popo“ Plöchl mit seinem neuen Ding Wendja irgendetwas zwischen Partypop und Hiphopbespaßung zum Besten gibt.

Und da ist das dann wieder, das Zusammenbringen der Leute. Und der schöne Moment, wenn man das zuvor am Papier studierte Line-Up des Popfests erlebt und versteht, warum das alles so programmiert wurde. Und eine Zeile vom Nino, die abschließend nachhallt: „Es ist hart, es ist schwer. Aber eigentlich auch leicht.“ Heute, Samstag, wird’s übrigens nochmal richtig gut am Popfest, mit Gustav, Ankathie Koi, 5K HD und vielen, vielen mehr.

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