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Screenshot aus "Kingsway"

Adult Swim Games

Spiel

Das kuriose Königreich der aufpoppenden Fenster

„Kingsway“ ist ein Rollenspiel in einem eigenen Retro-Betriebssystem. Früher war nicht alles besser, aber definitiv sonderbarer.

Von Robert Glashüttner

Die Software-Zicken zeitgenössischer Heimcomputer sind nichts gegen das, was uns archaische Betriebssysteme bis circa zur Jahrtausendwende zugemutet haben. Kommandozeilen-basierte Systeme waren damals gerade erst abgelöst worden, und obwohl sich irgendwann grafische Interfaces durchgesetzt haben, waren auch sie am Anfang eine sehr ambivalente Sache: Chaotisch aufpoppende Boxen, kuriose Fehlermeldungen und unverhoffte Abstürze waren keine Seltenheit.

„Kingsway“ ist von Andrew Morrish entwickelt worden und bei Adult Swim Games für Windows erschienen.

Ist es also eine gute Idee, sich nostalgisch auf diese Ära zu beziehen und ein ganzes Computerspiel in einem wackeligen Fake-Windows abzuhalten? Auf den ersten Blick vielleicht nicht, doch schon im nächsten Moment überwiegt die Neugierde und das Hoffen auf kuriose Momente, die auch nach bereits kurzer Spielzeit verlässlich eintreten. „Kingsway“ ist ein simples Computerrollenspiel und simuliert ein frühes grafisches Betriebssystem, circa 1990.

Das „Kingsway Operating System“ ist integraler Bestandteil des Spiels. Anstatt eines schicken, aufgeräumten Interfaces ist hier alles chaotisch und fragmentiert. Die Spielwelt ist ein eigenes Fenster, das Inventar ist ein eigenes Fenster, die Charakteranzeige ist ein eigenes Fenster. Eine Art Pseudo-MP3-Player spielt den gemütlich dudelnden FM-Synthese-Soundtrack ab und ist natürlich auch ein eigenes Fenster.

„Kingsway“ steuert sich komplett mit der Maus. Wir navigieren unsere Figur, indem wir markieren, wo sie als nächstes hinreisen soll. Bis sie dort angekommen ist, stellen sich uns per Zufallsprinzip Feinde in den Weg. Wie wir kämpfen? Natürlich, indem nochmals neue Fenster aufpoppen und wir dort dann mit Kampf- und Zauberfähigkeiten die Monster wegklicken. Im Eifer des Gefechts kämpft man somit nicht nur gegen Dämonen, Zombies, Kultisten und den alles verschlingenden Schatten, sondern auch gegen das Interface. Die Kampffenster legen sich nicht selten übereinander und überlappen damit auch unser Inventarfenster, wo die lebensrettenden Heiltränke lagern. Manchmal werden Fenster aus unerfindlichen Gründen minimiert oder sie poppen wie aus dem Nichts auf und sausen über den Bildschirm. Auf ihnen müssen wir fallende Steine oder Giftpfeile wegklicken. Schnell. Schnell!!

Screenshot aus "Kingsway"

Robert Glashüttner

Ein Skelett habe ich gerade besiegt, doch auf dem Weg zum Außenposten kann sich mir noch einiges entgegenstellen.

So absurd das alles klingt, so faszinierend ist es auch: Der Kampf mit dem und gegen das Interface ist ein eigenes Spiel im Spiel, und die simple, erfrischend reduzierte Rollenspielmechanik ist motivierend und zieht einen sofort in die sonderbare Welt von „Kingsway“ hinein. Hier ist übrigens jede Partie zufallsgeneriert, das Game ist also ein Rogue-like.

Bis wir mit Geduld und Konzentration einmal die oder der RetterIn des Königreiches werden können, haben uns übermächtige Feinde und aufpoppende Fenster davor schon einige Male überrollt. Damit es nicht zu einfach wird, unterliegt unser heldenhafter Ausflug einem Zeitdruck. Wer zu lange lootet und levelt, wird früher oder später vom bereits erwähnten Schatten in die Knie gezwungen, der sich beständig weiter und weiter über das Königreich legt und uns immer und immer wieder attackiert.

Screenshot aus "Kingsway"

Robert Glashüttner

Es war nicht mein erstes und wird nicht mein letztes Game Over gewesen sein.

Reicht es einem irgendwann mal, weiß man wieder, was man an modernen Betriebssystemen hat – das nur zwei Klicks weit entfernt ist. „Kingsway“ ist eine unterhaltsame Reise in die Games-Vergangenheit und gleichzeitig ein Beweis dafür, dass vor allem im IT-Bereich früher wenig besser, aber vieles anders war.

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