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Portishead live am Benicassim in Barcelona

AFP PHOTO/ JOSE JORDAN

Sonic Essay

Sonic Essay: Portishead

Sonic Essay ist eine von Daniel Haaksman gestaltete Serie, in deren Rahmen er euch diesen Sommer bis heute relevante und prägende Alben auf eine Weise vorspielt, wie Ihr sie noch nie gehört habt: seziert, zitiert und analysiert in the Mix.

Daniel hat tief in den Archiven gegraben und B-Seiten, Remixe, Edits, Interviews und natürlich die prägnantesten Tracks in einen Mix verflochten, der Entstehungsgeschichte, soziokulturelle Umstände, musikalischen Kontext und die Ideengeschichte des Sounds nachzeichnet.

Daniel Haaksman ist ein Berliner DJ, Musikproduzent, Labelbetreiber (Man Recordings) und Musikjournalist.

Die Sonic-Essay-Mixe arbeiten die Charakteristika der Alben heraus. Es wird empfohlen, beim Hören oder Wiederhören auch ein Auge auf die Tracklist zu werfen, weil die Sonic Essays entwerfen einen Narrativ zwischen Radiodokumentation, Hörspiel, Audiocollage und DJ Mix.

Sie sind eine Form des musikalischen Neu-Erzählens der Geschichte eines Albums, und nur in einem Zeitalter möglich, wo einem das babylonische Archiv mit einem Mausklick zu Füßen liegt. Eine Liebeserklärung an das Format des Albums und die identitätsstiftende Bedeutung der in der Serie auftauchenden Meilensteine.

Folge 4: Portisheads „Dummy“

Geoff Barrow war mit 20 Studio-Helferlein, als Massive Attack 1991 ihr Debüt „Blue Lines“ aufgenommen haben. Die Legende will, dass er für seine Arbeit im Gegenzug Studiozeit bekommen hat, um an seinen eigenen musikalischen Werken zu arbeiten.

Im Jahr darauf produzierte er Musik für Neneh Cherrys zweites Album. Hätte es das Internet damals schon gegeben, dann wäre „Dummy“, das Debüt Album von Portishead, wohl nicht so eine tektonische Überraschung gewesen wie es damals war.

Albumcover Portishead "Dummy"

Portishead

„Dummy“ war wichtig, wie meine hobbysoziologische Spontan-Umfrage ergibt. Erstaunlich viele Menschen können sich erinnern, wann und wo sie Portishead zum ersten Mal gehört haben. Und wichtiger noch, was diese damals als neue empfundenen Musik in ihnen ausgelöst hat:

M.P. war im Plattengeschäft und dachte: „Seltsam illusiv diese Musik, klingt wie Massive Attack auf falscher Geschwindigkeit.“

B.J. hat es zum ersten Mal im Radio irgendeine B Seite gehört und dachte sich: „Wiered Dead Can Dance auf anderen Drogen“

A.E., damals noch Heavy Metaller im Bett seiner damaligen Freundin dachte sich (wie nicht wenige): „Oh Scheiße das gefällt mir! Ich glaube, einiges in meinem Leben wird sich ändern.“

Und N.B. war auf Schullandwoche am Mont Saint Michel (den man aus nicht wenigen 60er- und 70er-Gruselfilm-Produktionen kennt, da bei Flut Schloss und Kirche vom Festland getrennt sind) und dachte sich: „Interessant, die Musik klingt so wie das hier aussieht. Nebel, schön traurig, sinister aber doch romantisch. Sicher gut zum Schmusen wenn man dem Ganzen eine extra Note Dramatik und cineastische Größe verleihen will.“

Fakt ist, dass Portishead, ein Ort in der Nähe von Bristol, am gleichen Meridian liegt wie Mont Saint Michel, also auch ähnliche Witterungsverhältnisse herrschen dürften. Bristol und Portishead, die Orte waren Anfang der 90er im Fokus der Musikpresse, weil Massive Attack, Tricky, Portishead, Smith & Mighty alle aus der gleichen Ecke kamen. Und man stellte sich die Frage, ob das Wetter daran Schuld ist, eher als die Frage, ob die musikalischen Traditionen der in Diaspora lebenden jamaikanischen und karibischen Nachbarn von Indie-Kids in eine neue Richtung getragen werden.

Portishead war keine Band. Es waren drei Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, die sich bei einer Art Jobbörse für Musiker trafen: Geoff Barrow (22 Jahre) war Departement Hip Hop, Adrian Utely (36 Jahre) war Jazzmusiker und Beth Gibbons (29 Jahre), singen in aller Größe und Dramatik. Der samplereiche Shoe Gate Down Beat, den sie auf „Dummy“ geschaffen haben, hat 1994 Menschen berührt und tut das noch heute. Auch wenn die Stücke nicht mehr so aus einem Guss wirken wie damals.

Sonic Essays - Folge 4: Portishead ist am 10. August ab 21 Uhr in der FM4 Homebase Parade - und gleich danach für Tage im FM4 Player zu hören. Es wird empfohlen, hin und wieder einen Blick auf die Playlist zu werfen, um zu erfahren wer gerade zu Wort kommt.

Skit #1 Clive Deamer, from "Re-Sound The Story Of Bristol Music" documentary
Skit #2 Andy Hague, from "Re-Sound The Story Of Bristol Music" documentary
Skit #3 Clive Deamer, from "Re-Sound The Story Of Bristol Music" documentary
Portishead “Mysterons”
Skit #4 Clive Deamer, from "Re-Sound The Story Of Bristol Music" documentary
Skit #5 Mark Stewart, from "Re-Sound The Story Of Bristol Music" documentary
Skit #6 Beth Gibbons Interview, from Youtube
Skit #7 John Peel
Portishead “Sour Times”
Skit #8 Geoff Barrow Interview, from Youtube
Lalo Schifrin “Danube Incident”
Skit #9 Adrien Utley Interview, from Youtube
Portishead “Strangers”
Skit #10 Fuck Buttons Discuss Influence Of Portishead´s “Dummy”, from Youtube
Skit #11 Beth Gibbons Interview, from Youtube
Portishead “Airbus Reconstruction” (Unreleased track)
Portishead “It Could Be Sweet”
Skit #12 Beth Gibbons Interview, from Youtube
Portishead “Wandering Star” (Live)
Skit #13 Marc Bressant quote, from “Welcome To Portishead” documentary
Skit #14 Geoff Barrow Interview, from “Welcome To Portishead” documentary
Portishead “Numb”
Skit #15 Geoff Barrow Interview, from “Welcome To Portishead” documentary
Geoff Barrow “G.B. Beats”, from “The Document” by DJ Andy Smith
Skit #16 DJ Andy Smith Interview, from “Welcome To Portishead” documentary
Portishead “Biscuit”
U.N.K.L.E. “The Time Has Come” (Portishead Plays U.N.K.L.E.)
Skit #17 Fuck Buttons Discuss Influence Of Portishead´s “Dummy”, from Youtube
Skit #18 Jools Holland, From Youtube
Portishead “Glorybox”
Isaac Hayes “Ike´s Rap II” (Medley)

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