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Neu im Kino: „The Promise“, „Trespass Against Us“, „The Graduate“ wird wiederaufgeführt. Außerdem: Warum wir demnächst Adam Sandler kollektiv super finden, welchen Anti-Aging Klassiker St Vincent auf die Leinwand bringt und was man im Sommerkino nicht versäumen sollte.

Von Pia Reiser

The Promise

Knapp nach seiner Premiere in Toronto vor ca. 900 Zusehern hatte „The Promise“, der vom Völkermord an den Armeniern während des ersten Weltkriegs erzählt, bereits 100.000 schlechte Bewertungen. Die Türkei leugnet bis heute den Genozid und auf türkischen Messageboards wurde aufgerufen, den Film mit „Ein-Stern-Bewertungen“ zum quasi schlechtesten Film aller Zeiten zu wählen und potentielle Kinogeher abzuschrecken.

Bereits in den 1930er Jahren plante Hollywood einen Film über den Völkermord, mit Clark Gable in der Hauptrolle, doch der türkische Botschafter intervenierte damals. In „The Promise“ gibt nun Oscar Isaac einen armenischen Medizinstudenten, der sich in Konstantinopel in Ana (Charlotte LeBon) verliebt, die eigentlich mit dem amerikanischen Reporter Chris (Christian Bale) verbandelt ist.

Liebe, Krieg und ein Batzen Budget. Die fast 100 Millionen Dollar teure Produktion wurde finanziert von Kirk Kerkorian, Casino-Mogul und Kind von armenischen Einwanderern. Einen Völkermord auf die große Leinwand zu bringen und ihn mit einer Liebesgeschichte zu verbinden, klingt immer ein wenig fragwürdig, doch die Romanze und die Starbesetzung sind natürlich notwendig, um überhaupt ein Publikum für einen Film über Kriegsverbrechen zu finden. Und so erinnert „The Promise“ ein wenig an Epen wie „Doktor Schiwago“.

Der Film geizt nicht mit epochalen Landschaftsaufnahmen, hält sich aber oft zurück mit Dialogen, die alles erklären und setzt stattdessen auf wütende, traurige, entsetzte Blicke. Das könnte alles ordentlich in die Binsen gehen, wenn es nicht Bale, Isaac und LeBon wären, die hier diese Blicke werfen würden. Ein großes Drama, nicht ohne Makel, so wirkt es seltsam, dass die Armenier, die im Film vorkommen, wohlhabend und bürgerlich sind, während die arme Bevökerung in ein paar Massenszenen abgehandelt wird, doch man sollte sich „The Promise“ nicht nur wegen der großartigen Schauspieler anschauen, sondern auch, um die Trolle an ihre konsequenzlose Bedeutungslosigkeit zu erinnern.

Charlotte LeBon, Oscar isaac und Christian bale in "the promise"

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Trespass Against Us

Die Zeiten, in denen Michael Fassbenders Name eine Art Qualitätsgarantie war, sind wohl vorbei. Ich erhol mich immer noch von den - an der Grenze zu fürchterlich schrammenden - Szenen aus „Song 2 Song“, in denen Fassbender wie ein Frosch am Strand hüpfte oder mit Ryan Gosling über Copyright stritt und mir klar wurde, dass Fassbender wohl sehr viel besser ist, wenn er nicht improvisiert. In „Trespass Against Us - Das Gesetz der Familie“ geben Fassbender und Brendan Gleeson Sohn und Vater einer britischen Berufskriminellen-Familie. Statt in Mafiasausundbraus lebt man am Campingplatz. Der Soundtrack kommt von den Chemical Brothers, doch das kann leider auch den unausgegorenen Film nicht retten, Christian Fuchs vergibt 5 von 10 brennende Autowracks. Falls man unbedingt einen Film mit Gleeson und Fassbender sehen will, dann kann man sich ja „Frank“ ansehen - mit Domhnall Gleeson.

Michael Fassbender und Brendan Gleeson in "Trespas against us"

Filmladen

The Graduate

In der Eröffnungsszene des von mir sehr geliebten „The Graduate“ (dt. „Die Reifeprüfung“) steht Dustin Hoffman - mit Gesichtsausdruck und Haltung, wie später Jason Schwartzman in fast jedem Film - auf einem Rollband und fährt durchs Bild. Fortbewegung ohne Anstrengung, ohne Entscheidungen zu treffen.

Als Benjamin Braddock kehrt er in Mike Nichols Film aus dem Jahr 1967 vom College heim, ohne Plan, wie es nun weitergeht. Mit einer Sonnenbrille und jeder Menge jugendlichem Ennui, wie man ihn auf der Leinwand bisher noch nicht gesehen hat, waren doch Teenager bisher eher die Rebellen mit den Flausen im Kopf. So wie seine Eltern und deren Freunde mit den guten Ratschlägen („I just wanna say one word: Plastics.“) will er nicht werden. Die Affäre mit der ebenfalls dem angeschickerten Ennui frönenden Mrs Robinson (Anne Bancroft) schafft zumindest Ablenkung. Wer glaubt, bei der Erwähnung von Simon und Garfunkel die Augen verdrehen zu müssen, oder dass Wes Anderson die augenkitzelnde Mischung aus hochstilisierter Ironie erfunden hat, der hat „The Graduate“ wohl noch nicht gesehen. Anlässlich des 50. Jubiläums wird der Spitzenfilm heute, Donnerstag, im Filmcasino in Wien gezeigt.

Dustin Hoffman und Anne Bancroft in "the graduate"

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Außerdem

Noah Baumbach hat für Netflix einen Film gedreht, der uns wohl alle zu Adam Sandler-Fans machen wird, Annie Clark aka St Vincent wird den Anti-Aging Klassiker „Das Bildnis des Dorian Gray“ verfilmen, mit einer Frau in der Hauptrolle, und während wir uns alle wundern, ob es noch eine weitere „Louie“-Staffel geben wird, hat Louis C.K. einen Film gedreht - „I love you Daddy“ wird am Filmfestival von Toronto Premiere feiern. In Sachen „The Killing of a Sacred Deer“, dem neuen Film von „The Lobster“-Regisseur Yorgos Lanthimos hoffen wir mal auf die Viennale. Auf den Herbst kann man sich ja eigentlich nicht freuen, weil dann ja der Sommer vorbei ist, doch das Österreichische Filmmuseum macht das Ertragen des Nicht-Sommers definitiv leichter: Als Gäste für September und Oktober sind Isabelle Huppert und Todd Haynes angekündigt.

Sommerkino-Tipps

17. August: 8x8x7 DU, MEINE KONKRETE STADT, dotdotdot, Wien
17. August: „The Graduate“, Filmcasino, Wien
17. August: Captain Fantastic, St. Wolfgang im Salzkammergut
17. August: La Dolce Vita, Kino im Kammergarten, Wien
18. August: Moonlight, Open Air Kino im Zeughaus
19. August: Some like it hot, Kino wie noch nie, Wien
19. August: Swiss Army Man, Karmeliterplatz, Wien
20. August: Deserto Rosso, Kino wie noch nie, Wien
23. August: Siebzehn, Kino am Dach, Wien
16.-19. August: Shortynale, Klosterneuburg
23. August: Beautiful Girl; Sommerkino Stadtwerk Lehen, Salzburg

In diesem Sinne: " I think you’re the most attractive of all my parents’ friends." („The Graduate“)

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