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Zwei Männer vor einer Plakatwand, Szenenbild aus "Belgica"

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Filmflimmern

Neu im Kino: „Atomic Blonde“, „Tulpenfieber“, „Annabelle 2“. Außerdem Sommerkino-Tipps, eine Ans-Herz-Legung von „Cafe Belgica“ und eine Liste der 100 besten Komödien, die ohne „21 Jump Street“ auskommt, ist wohl keine Liste der 100 besten Komödien.

Von Pia Reiser

Atomic Blonde

In ganz prä-Mauerfall-Berlin sind die Neonröhren angeknipst und in dem kalten Licht schiesst und kickboxt sich Charlize Theron als Spionin des MI6 durch „Atomic Blonde“. Mit einer Frisur, die das besten von Debbie Harrys und Roisin Murphys Haartracht eint. Jetzt, wo uns „John Wick“-Regisseur David Leitch eine weibliche Superspionin mit Schlagkraft geschenkt hat, hätt ich ja gern einen Spionagefilm mit weiblichem Ensemble, in dem hauptsächlich geraucht, Trenchcoat getragen, geraucht und in Telefonzellen telefoniert und geraucht wird. Also sowas wie „Tinker Tailor Soldier Spy“. Bis dahin kann man sich aber mit „Atomic Blonde“ und seinem 80er Jahre Skikursdisco-Soundtrack herrlich die Zeit vertreiben. Christian Fuchs, Vorstand und Schriftführer im Charlize Theron-Fanclub, vergibt 7 von 10 gebrochenen Knochen, hier seine ausführliche Kritik.

Charlize Theron in "Atomic Blonde"

Universal Pictures

Tulpenfieber

Heintje und Rudi Carrell haben sie in einem Schlagerwalzer besungenund Michael Douglas hat dann das Themenfeld erweitert und uns in „Wall Street 2“ das mit Tulpen, Amsterdam und der blumigen Börsenkrise anno 1637 bereits erklärt.
In „Tulpenfieber“, der bereits 2014 gedreht wurde und seither zahlreiche Re-Cuts und Release-Verschiebungen erlebt hat, blüht die niederländische Hauptstadt durch den Handel mit Tulpenzwiebeln. Da soll dann der eigene Wohlstand des Kaufmanns (Christoph Waltz) auch gleich festgehalten werden von einem Portraitmaler - und an dem findet dann die junge Frau des Kaufmanns (Alicia Vikander) Gefallen. Vikander in opulenten Kostümen und umgeben von Leinwänden und Pinseln, das waren schon im ansonsten spröden „The Danish Girl“ die besten Szenen. Petra Erdmann vergibt 4 von 10 Zwiebelringen.

Christoph Waltz und Alicia Vikander in "Tulip Fever"

thimfilm

Annabelle 2

Die Puppe aus „The Conjuring“ hat ein eigenes Mini-Franchise und über die diabolische Ausstrahlung und Bösartigkeit von Puppen weiß das Kino seit 1929 zu berichten, da kam Erich von Strohheim in „the Great Gabbo“ wegen einer streng gescheitelten Bauchredner-Puppe ordentlich in die Bredouille. „Annabelle 2“ hat außer „Puppe“ noch zwei weitere, ziemlich klassische Bausteine des Horrorkinos im Programm: Waisenkinder und Nonnen. Letztere kommen im Haus des Puppenmachers und seiner Frau unter und auch um. Martina Bauer „mag sowas ja“, wie sie selbst sagt und vergibt 6 von 10 Puppengesichtern.

Puppe in dem Film "Annabelle 2"

warner

Außerdem

Das Gartenbaukino widmet seine erste Spielwoche nach der Sommerpause Hans Hurch, dem langjährigen Viennale-Direktor, der im Juli überraschend verstorben ist. Drei Filme, exemplarisch für „Hurchs Vision eines Programmkinos“, drei Filme, die regulär im Gartenbaukino gezeigt wurden, stehen am Programm. Wer die Annäherung an Straub/Huillet zögerlich vor sich herschiebt, sollte sich dann gleich „Sicilia!“ vornehmen. Schwierig, spröde, fad, sagen die einen, radikal, poetisch und politisch sagen die anderen. Auf jeden Fall eine hervorragende Gelgenheit, sich wieder daran zu erinnern, was Kino alles sein kann. „Playtime“ von Jacques Tati kann man ohnehin nicht oft genug sehen.

Jerry Lewis ist diese Woche 91jährig verstorben, der Mann, der die hohe Kunst der Tollpatschigkeit an der Seite Dean Martins perfektioniert hat (und der übrigens auch fand, dass Frauen nicht wirklich lustig sein können). Lewis einzige Regiearbeit „The Day the Clown Cried“, die Geschichte über einen Clown im Konzentrationslager ist sagenumwoben, unvollendet und Lewis hatte später zu Protokoll gegeben, dass er sich für den Film schäme. Ein französischer Filmkritiker hat einen Rohschnitt des Films gesehen - und gar nicht mal so übel gefunden.

Interessanter als die Filmemacher, die sich in lynchartigen Bilderwelten versuchen, ist die Suche nach den Bilderwelten aus der Gemäldegalerie, die David Lynchs „Twin Peaks“ beeinflusst haben. Apropos Twin Peaks und apropos große Kunst: Meine KollegInnen Alex Augustin und Christoph Sepin bringen zusammen, was zuammengehört und veranstalten heute Runde zwei beim großen „Twinnie Peaks“ Pop quiz, Teil Zwei im Wiener rhiz.

Die BBC hat 235 FilmkritikerInnen aus 52 Ländern nach den 100 besten Komödien gefragt und herausgekommen ist eine Liste, die man am besten ausdruckt und immer dabei hat, für den Fall, dass das Gespräch mal ins Stocken kommt.Ich sag nur soviel: „21 Jump Street“ kommt auf dieser Liste nicht vor.

Sommerkino-Tipps

Wer den Gürtel Nighwalk als rauschhafte Nacht erleben will, sollte mit dem Screening von „Cafe Belgica“ im Rahmen des Volxkinos beginnen. Den befreienden Hedonismus einer durchfeierten Nacht bringt dieser Film ebenso rauschhaft wie mitreißend auf die Leinwand. Zwei Brüder eröffnen einen Club in Gent. Der Soundtrack kommt von Soulwax, die hierfür weit über den Electro-Tellerrand geblickt haben. Andere Filme glauben, sie schaffen es, diesen Hedonismus einer Partynacht vermitteln zu können, wenn sie Steve Aoki zeigen, der am DJ Pult mit Händen und Haaren wachelt, während eine Armee an weißbezahtnen PartyInstagrammern rhythmisch hopst. „Cafe Belgica“ ist die Antithese zu dieser Welt. Ein lautes Herz klopft in diesem Film, der einen mitreißt in Nächte voller Schweiß, Tränen und Bier. Ein Film, nach dem man einen Kater hat und nichts bereut.

Menschen im Club, Szenenbild aus "cafe Belgica"

volxkino

„Cafe Belgica“ am 26. August beim Stadtbahnbogen/Gürtel

25.-30. August: Drei Filme für Hans Hurch im Gartenbaukino: „Los Muertos“, „Playtime“ und „Sicilia"
24. August: Was hat uns bloß so ruiniert, Moviemento Sommerkino, Linz
23.-27. August: Der neue Heimatfilm, Festival in Freistadt
25. August: The Terminator, Filmcasino
25. August: Captain Fantastic, Kino am Dach
26. August: Arrival, Kino am Dach
26. August: Cafe Belgica, VolxKino, Stadtbahnbogen/Gürtel, verlängerte Laudongasse
26. August: Pulp: A Film About Life, Death and Supermarkets, Arena Sommerkino, Wien
27. August: Wilde Maus, Open Air Kino im Zeughaus, Innsbruck
27. August: Stalker, Arena Sommerkino, Wien
28. August: Viennale-Überraschungsfilm, Kino wie noch nie

In diesem Sinne: Teenage the fuck up! ("21 Jump Street“)

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