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Queens Of The Stone Age

Andreas Neumann

Wer stillsteht, lebt nicht

Queens Of The Stone Age veröffentlichen mit „Villains“ ihr siebtes Studioalbum.

Von Lisa Schneider

Es brodelt im heißen Dampf, das Unheilvolle schleicht sich an. Aus dem Nichts tritt sie hervor, die fiebernde Stimme, es ist ein Höllenruf aus der kalifornischen Wüste. “I was born in the desert/ May 17 in ‘73/ When the needle hit the groove, I commenced to move/ I was chasing what’s calling me” singt Josh Homme, biografische Überlegungen mit dem Schlussatz: “Life is hard, that’s why no one surives”.

Das 2013 veröffentlichte Album der Queens Of The Stone Age, “… Like Clockwork”, handelte unter anderem von Josh Hommes gesundheitlichen Rückschlägen, nach kurzem Herzstillstand während einer OP war er einige Monate ans Bett gefesselt und den Depressionen deshalb nicht unnahe. Sogar Klavierballaden gab’s da zu hören, die Fans waren erstaunt, die KritikerInnen auch. Der oben zitierte Opener von „Villains“, dem siebten soeben erschienenen Studioalbum der kalifornischen Wüstentruppe, passt in seiner pessimistischen Stringenz ganz noch aufs Vorgängeralbum, gleichzeitig tritt er aber die Tür für etwas Neues ein.

Es ist auch dieser Opener, dessen Wurzeln in guten Queens-Traditionen stecken: auf den geliebten und überschwänglich eingesetzten Verstärkern reitet die Stimme, es ist der alte Midtempo-Blues.

Zumindest ein bisschen Disco-Allüre

Spätestens aber mit der zweiten Nummer des Albums – und der ersten offiziellen Single – „The Way You Used To Do“ ist klar, „Villains“ drängt in eine etwas andere Richtung. Wieso aber auch sich selbst wiederholen. Für Josh Homme ist Stagnation schlimmer als alles andere.

I’m on a mission for myself now more than ever, because I feel on fire. I don’t even know what I want, but I want to race to find it. I want to go until my lungs burn. Because when I get lost, it’s always when I’m too static. When I’m not sort of living in the moment. All the best times I’ve had were when I was really there in the moment.

Rein dem Format nach – in knackiger neun Stücke umfassender Version – entspricht “Villains” voll dem Gedanken des Hier und Jetzt, wir haben nicht lange Zeit, alles ist endlich. Inhaltlich kommt aber auch Josh Homme nicht umhin, seine Position auf der Welt, das Älterwerden, das Vergehen der Zeit zu thematisieren. Nicht nur der zitierte Opener nimmt sich des Themas der verschwendeten Jugend an, es ist ein Topos, der sich durch das ganze Album zieht. Auf „Un-Reborn Again“ etwa gibt es kein fröhliches „celebrate life“, es ist viel mehr eine Abrechnung und ein Aufgeben, ein Zuendegehen. Niemand überlebt das Leben, auch die Queens Of The Stone Age nicht.

Ein Teufelsritt

„Villains“ verschwendet keine leere Sekunde, da gibt es kein Stillstehen, und bevor die ZuhörerInnen ins Grübeln verfallen könnten, geht es auch schon wieder weiter. Es ist ein 48-minütiger Teufelsritt, und eben der glotzt uns auch im fabelhaft gestalteten Artwork entgegen. Eine Figur, die Josh Homme verfolgt, seit er sich erinnern kann, deren Faszination in der Bürde liegt, die sie zu tragen hat.

Cover "Villains"

Matador Records

„Villains“ ist das siebte Studioalbum der Queens Of The Stone Age und erscheint via Matador Records.

Yeah, because, like I say: Who’s the oldest villain of all? And I love it when people say: „Oh, the Devil made me do it.“ It’s like some silent agreement, where it’s like: „Next week I’ll use that same excuse, too.“ But I’ve done some rough stuff in my life - but it was me. Just so you know.

Er ist der böse Bube, der deine Eltern mag, aber sie ihn nicht. Der ewig Getriebene, der die Finger nicht stillhalten kann. Die Rastlosigkeit auf „Villains“ ist nicht nur ein Gefühl, sondern entstammt der Produktion der Songs: an den Reglern saß diesmal niemand Geringerer als Pop-Superproduzent Mark Ronson, der unter anderem für den „Uptown Funk“ von Bruno Mars verantwortlich ist. So mancher QOTSA-Fan war nicht gerade amused, als diese Zusammenarbeit verlautbart wurde. Wo soll das denn jetzt hingehen, stählerne Gitarrenseiten im Tausch gegen Diskolichter?

Gefehlt. Ja, seine Synthesizer und die Liebe zu nur scheinbar schloddrigen 80er Jahre-Keyboards hat Mark Ronson definitiv mithineingebracht, sie sind auch das erste, was erstmals richtig schräg klingt, hört man „Villains“ das erste Mal am Stück. Die Fanbase also raunzt, sie will das, was sie bestellt hat. Wüstenstonerheavymetalrocknroll.

Fans sind die egoistischsten Menschen, die es gibt. Sie lieben ihre Band. Aber was verlangen sie von ihr? Alles, und immer dasselbe. Jeder und jede muss sich weiterentwickeln, die LieblingsmusikerInnen sollen das aber nicht tun. Sie werden nicht mehr als die KünstlerInnen angesehen, die sie sind, sondern vielmehr als Dienstleister, die einen Job zu erledigen haben.

Wir wünschen uns von Coldplay zu Tränen rührende Klavierballaden, aber alles im Sektor Indie, bitte. Wir wünschen uns von Portugal. The Man dieselben hymnischen Popsongs, aber keine sperrigen Gedankenexperimente. Wir wünschen uns von Phoenix, dass sie immer da bleiben, wo ihr „Wolfgang Amadeus Phoenix“ – Erfolg sie hingeführt hat, ins Alternative-Pop-Traumland.

Queens Of The Stone Age

Andreas Neumann

Und ja, hm, was will eigentlich die Band?

Man vergleicht nur mit Bekanntem, und dazu sind Referenzgrößen notwendig. Das ist in Ordnung, wie soll sonst erklärt werden, was gemeint ist. Der Fehler liegt tiefer: ist etwas so, und ist es gut so, dann muss es auch so bleiben. Queens Of The Stone Age haben Stonerrock zu liefern, der sich den Wüstenstaub mit einem Hüftschwung von der Hose schüttelt, die Gitarrensoli haben endlos zu sein, genauso wie die dröhnende Atmosphäre dicht und das Whiskeyglas voll.

Gerade aber am Fallbeispiel QOTSA muss man dazusagen: den Funk haben Josh Homme und Co schon gelebt, bevor Mark Ronson in der Tür gestanden ist. Vielmehr außerdem noch als das volle Whiskeyglas ist es im Falle Hommes das volle Baileysglas, das seinen Sound beschreibt, die trotz seiner hünenhaften Größe immer auch etwas Feminines hat, selbst wenn die machoide Ausstrahlung mit die wichtigste Handschrift der Band ist. Haartolle, Lederjacke? Wer denkt da nicht an Elvis, Swing und Boogie. QOTSA haben durch Mark Ronson keinen neuen Sound bekommen, sie haben ihn höchstens in eine spezielle Richtung hin verfeinert.

Zusätzlich dazu hat sicher auch die Zusammenarbeit mit Iggy Pop, dessen aktuelles Album „Post Pop Depression“ Homme produziert hat, ihren Einfluss gehabt. Iggys (und natürlich David Bowies) Berliner Phase dürfte Josh Homme ganz gut studiert haben, und auch von dort ist der Weg zum Wiedergebrauch des Synthesizers samt Discoelementen nicht weit.

Queens Of The Stone Age spielen am 5. November in der Wiener Stadthalle.

Alle weiteren Live-Dates findet ihr hier.

Man kann „Villains“ demnach viel vorwerfen. Dass es nicht das beste Album der Queens Of The Stone Age ist. Dass die Hits fehlen (auch, wenn etwa „Fortress“ – das sich an Neil Youngs „Hey Hey My My“ anlehnt oder „Head Like A Haunted House“ schon ganz gut dabei sind). Dass es zu komprimiert daherkommt, dass das ausufernde, mäandernde Element fehlt.

Die Forderung aber, die Band solle lieber bei - und vor allem ausschließlich! - ihren Wurzeln im trockenen Stonerrock bleiben, ist nicht tragbar. Verlang’s nicht von jemand anderem, wenn du es nicht willst: Der, der sich im Kreis dreht, wird nie von der Stelle kommen.

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