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Harriet Tubman mit befreiten Sklaven

Public Domain

Mit der Underground Railroad in die Freiheit

Colson Whitehead erzählt in „Underground Railroad“ von der Flucht einer Sklavin von einer Baumwollplantage und vom Befreiungskampf der Sklaven in den Südstaaten.

Von Zita Bereuter

Der Roman hat den Pulitzer-Preis und den National Book Award gewonnen und ist auf der Liste für den Man Booker Prize. Barack Obama und Oprah Winfrey haben das Buch wärmstens empfohlen und needless to say, dass der Roman monatelang Bestsellerlisten angeführt hat bzw. immer noch anführt. Die Rede ist von „Underground Railroad“ von Colson Whitehead. Darin erzählt er von der Flucht einer Sklavin von einer Baumwollplantage und vom Befreiungskampf der Sklaven in den Südstaaten.

Buchcover von Colson Whiteheads "Underground Railroad"

Hanser Verlag

Colson Whitehead: Underground Railroad. Übersetzt von Nikolaus Stingl. Hanser Verlag 2017

„I ain’t no goddamn son of a bitch | You better think about it baby“, singen die Misfits in „Where Eagles Dare“ - einem der Songs, die Colin Whitehead beim Schreiben der ersten hundert Seiten angeregt haben, wie er im Nachwort erklärt. Diese Musik hilft, sich in die Wut, den Zorn und die Verzweiflung der Protagonistin Cora zu versetzen. Cora ist eine Sklavin, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf einer Baumwollplantage in Georgia lebt und arbeitet. Sadismus, Gewalt und Rassismus bestimmen den Alltag.

Cora ist acht Jahre alt, als ihre Mutter sie über Nacht verlässt. Die Mutter ist die einzige auf der Plantage, die erfolgreich flüchtet. „Der Grenze der Plantage zu entkommen hieß, den Grundprinzipien der eigenen Existenz zu entkommen: unmöglich.“

Wo wollen Sklaven nach einer Flucht auch hin? Die wenigsten können lesen und schreiben und Geld besitzen sie auch nicht. Wem können sie trauen? Von wem Hilfe erwarten?

Jahre später flüchtet Cora mit dem Sklaven Caesar, der Kontakte zu Mittelsmännern hat.

Sogenannte Abolitionisten verhelfen den Sklaven zur Flucht – die im Verborgenen handelnde geheime Organisation nennt sich Underground Railroad. „Slavery is sin“ wird 1820 ihr Slogan.

Doch die Helfer und Unterstützer der Underground Railroad werden ebenso gejagt und umgebracht wie geflüchtete Sklaven. „Schon der Besitz der einschlägigen Literatur reichte für einen Gefängnisstrafe, und wenn man entlassen wurde, blieb man nicht lange in der Stadt.“

Abolitionismus und die Underground Railroad

Es gibt eine Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei - den Abolitionismus. (mehr Info etwa auf Abolitionseminar.org).

Harriet Tubmann (Auf dem Titelbild ganz links) war die bekannteste Afroamerikanische Fluchthelferin der Underground Railroad. Die Freiheitskämpferin sollte übrigens die zweite Frau sein, die auf einem Geldschein abgedruckt ist. 2016 wurde beschlossen, dass sie auf der Zwanzig-Dollarnote den siebten US-Präsidenten Andrew Jackson (1829-37) ablösen soll - der übrigens selbst 150 Sklaven hielt. Donald Trump hat das Verschwinden von Jackson als „zu hart“ kritisiert.

Colson Whitehead wandelt diese Underground Railroad zu einem wirklichen Bahnnetz – mit Zügen, Stationen und Zugführern. Gekonnt mischt er Fakten mit Fiktion. „Underground Railroad“ sei kein Historischer Roman, erklärt er. „Mein Motto lautete: ‚Halte dich nicht an Tatsachen, sondern an die Wahrheit.‘

Cora flüchtet also mit der Underground Railroad. Ein Helfer erklärt ihr: „Wenn man sehen will, was es mir diesem Land auf sich hat, sage ich immer, dann muss man auf die Schiene. Schaut hinaus, während ihr hindurchrast, und ihr werdet das wahre Gesicht Amerikas sehen.“ Aber Cora sieht nur Dunkelheit. Ist das das wahre Gesicht Amerikas?

Colson Whitehead im Wald

Madeline Whitehead

Colson Whitehead

1969 in New York geboren, studierte an der Harvard University und arbeitete für die New York Times, Harper’s und Granta. Für seinen Roman Underground Railroad wurde er mit dem National Book Award 2016 und dem Pulitzer-Preis 2017 ausgezeichnet. Bei Hanser erschienen bisher John Henry Days (2004), Der Koloß von New York (2005), Apex (2007), Der letzte Sommer auf Long Island (2011), Zone One (2014) und Underground Railroad (2017). Der Autor lebt in Brooklyn.

Colson Whitehead erzählt eindringlich, packend und ebenso fesselnd wie verstörend. Über mehrere Staaten flüchtet Cora vor den Sklavenfängern. „Als Vollstrecker der Sklavenbesitzer waren die Patrouillenreiter das Gesetz: weiß, korrupt und gnadenlos. Rekrutiert aus den niedrigsten und bösartigsten Bevölkerungsteilen, zu geistlos, um auch nur Aufseher zu werden.“

Colson Whitehead liest am 26.11. um 20.00 Uhr beim Festival Literatur im Herbst in der Alten Schmiede in Wien.

Nicht nur das erinnert an den gegenwärtigen Rassismus in Amerika. Und nicht nur deswegen ist „Underground Railroad“ ein unbedingt lesenswerter Roman. Wenn man im Jahr nur drei Bücher liest, ist es kein Schaden, wenn „Underground Railroad“ eines davon ist.

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