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Publikum am FM4 Frequency Festival

Patrick Wally

Festivalradio

So war die Festivalsaison 2017

Mit den Sommer-Ferien endet auch die Open Air Festival-Saison. Zeit für ein Resümee und ein paar Gedanken zu den Erlebnissen des Sommers.

Von Susi Ondrušová und Lisa Schneider

Wie war der Festivalsommer? Lasst uns beginnen beim „biggest festival fail in history“: dem Fyre Festival, das im Frühling auf den Bahamas hätte stattfinden sollen. Angekündigt als Luxusfestival, das von Instagram-Stars und Influencern wie Kendall Jenner und Bella Hadid promotet wurde, strebte man die Zielgruppe „rich millenials“ an. Ticketpreise zwischen 1.500 und 12.000 Dollar für VIP-Treatment-Deluxe. Doch das Festival wurde zum Reinfall: die Infrastruktur vor Ort war mangelhaft, genauso wie Zeltplatz, Essen, Security oder Logistik: zahlreiche Besucher_innen saßen am Flughafen fest.

Das Festival wurde abgesagt, bevor es begann und in sozialen Netzwerken herrschte Schadenfreude pur. Die Möchtegern-Veranstalter Ja Rule und Billy McFarland sind u.a. wegen Betrug und Vertragsbruch angeklagt worden. Das FBI ermittelt.

Festivalabsagen hagelte es auch in England und das ausgerechnet wegen Regens: Das Y Not-Festival in Derbyshire hat sich in den letzten drei Jahren von einem 8.000-Besucher_innen-Festival auf das Dreifache vergrößert (!). Die Organisation ist an der Aufgabe für Sicherheit zu sorgen anscheinend nicht mitgewachsen. Nach zwei Regentagen wurde das Festival abgesagt. Die enttäuschten Festivalbesucher_innen werfen den Organisatoren vor, sie hätten auf das englische Wetter vorbereitet sein müssen: mit ausreichen Material, um Schlammwege passierbar zu machen, und mit einem Notfallplan, um im Schlamm versunkene Camper_innen in Sicherheit zu bringen. Fünfzig Prozent des Vorverkaufspreises wird den Festivalbesucher_innen nun zurückerstattet. Ob das Festival wieder stattfinden wird, ist ungewiss.

Warum überhaupt auf Festivals gehen?

Der European Festival Market Report 2017 hat abgefragt, warum Musikfans auf Festivals gehen. Die Top Vier Gründe sind: das Lineup, Erfahrungen im Vorjahr, Freunde, die das Festival ebenfalls besuchen, und die Organisation. So wird also gewährleistet, dass ein Festival ein Ort bleibt an dem man Spaß hat – und den Alltag vergessen kann.

Das schwedische Bravalla Festival, mit 45.000 verkauften Tickets das größte Festival in Schweden, fällt nicht in die Kategorie „den Alltag vergessen“. Wegen sexueller Übergriffe war das Festival bereits im letzten Jahr in die Schlagzeilen geraten. Auch heuer lautete die traurige Bilanz: Vier Vergewaltigungsanzeigen und 23 Anzeigen wegen sexueller Übergriffe. Für nächstes Jahr wurde das Festival bereits abgesagt. Die schwedische Polizei fordert mehr Kontrollen und Überwachung, der Veranstalter redet sich in Bezug auf die steigende Kriminalität auf die sinkenden Ticketzahlen aus. Neben der Verantwortung der Festivalorganisator_innen für ein sicheres Event zu sorgen, mit geschultem Personal - sind es auch die Besucher_innen, die ein offenes Auge auf ihre Umgebung und ihre Konzertnachbar_innen haben sollten. Oder, wie der Sänger der britischen band Architects unlängst klargestellt hat: „This is not your fucking body. You do not fucking grab at someone. Not at my fucking show!“

Apropos Safe Place: der erste Terroralarm bei einem Festival ereignete sich heuer beim Rock Am Ring. Das Festival wurde unterbrochen und das Gelände mit seinen 87.000 Besucher_innen evakuiert. Wie sich später herausgestellt: wegen eines Schreibfehlers bei den Namen zweier Mitarbeiter.

Festivals, die man 2018 nicht verpassen sollte!

„For four days, this place just turns into a place of love, chill out and good vibes”, das bekommt man zu hören, wenn man die Besucher_innen des Pohoda-Festivals in Trencin in der Slowakei fragt, wie sie ihr Wochenende in wenigen Worten beschreiben würden. Nach wie vor ist die Besucher_innenanzahl des Festivals auf 30.000 limitiert – was ein Feiern ohne Drängeln und Schlange stehen ermöglicht: Sei es bei den WCs, dem Bankomaten oder den Essensständen. Außerdem findet das Pohoda in einer großartigen Location statt: etwas außerhalb der Stadt Trencin, auf dem Feld eines alten Flughafens. Nicht nur das Publikum, auch die Headliner alt-J zeigen sich begeistert: „It is always nice to come to a place, where we’ve never been before. And here, surrounded by hills and wood, we’re really happy to get the chance to play here.”

Mit Baby am Pohoda Festival

Ludia Prichod

Pohoda Festival

Speaking of coole Locations: Wer auf der Suche nach ausgefallenen Orten der Livemusikaustragung ist, sollte sich nächstes Jahr auf den Weg nach Nordestland machen. Am Into The Valley-Festival tanzen Fans der elektronischen Musik in einem alten sowjetischen Gefängnis - und das direkt am Meer. Das Motto „shake it off“, sich alle Sorgen von Leib und Seele zu tanzen, war auch das Hauptanliegen vieler BesucherInnen des Melt-Festivals in Deutschland. Das im Freiluftmuseum für Braunkohletagebau, dem sogenannten „Ferropolis“ stattfindende Festival hat dementsprechend vor allem mit der „Sleepless Stage“ begeistert: da gab es von Samstagmittag bis Montag früh keine ruhige Minute.

Gelände des Melt! Festivals

Niko Ostermann

Gelände des Melt Festivals

Dem Vorwurf, überwiegend männliche Acts zu buchen, muss sich etwa das OFF-Festival in Kattowitz, Polen, nicht stellen. Als eines der wenigen europäischen Festivals war es heuer mit zwei weiblichen Headlinern besetzt: Feist und PJ Harvey. Letztere war auch Headlinerin am Sziget-Festival in Budapest, das nicht umsonst - mit seinen über 1000 Acts auf über 60 Bühnen - als die „Isle of Freedom“ bezeichnet wird. Ein Besucher erklärt den Kosenamen: „There is no separation or discrimination between people, you can do whatever you like, act however you want, truly be yourself and everything is ok.” Der Festival-Kreis schließt sich: der Spirit ist am Anfang des Sommers, im Juli am Pohoda, derselbe wie am Ende des Sommers, im August am Sziget. Und dazwischen gibt es noch viel, viel mehr zu entdecken.

Und in Österreich?

Nach einem turbulenten Jahr 2016, in dem neue Formate und alte Austragungsorte neu bespielt wurden, hat sich die Lage hierzulande ein wenig beruhigt. Bemerkenswert war allerdings der Besucher_innen-Shitstorm auf der Facebook-Seitevom Rock In Vienna Festival.

Den Rock- und Metal-Puristen haben Bands wie Leftboy oder Macklemore nicht ins Lineup-Konzept gepasst. Die Genre-Vermischung auf großen Festivals ist im fortgeschrittenen Stadium. Beim FM4 Frequency spielt Wiz Khalifa nach den Mumford& Sons? Why not. Eine Zukunftsfrage lautet, ob genre-spezifische, kleinere Festivals (>5000) eine Alternative für Freiluftkonzertgeher_innen sein können. Und ob es zu einem Publikumstausch kommen wird oder eine jung/alt-Schere die Zielgruppen der großen und kleinen Festivals trennen wird. Mit dem heuer hochkarätig (Feist, Alt J, Phoenix) besetztem Out Of The Woods Festivalversuchte man ein Lineup für Indie/Pop-Fans zusammenzustellen: ausverkauft war das Festival allerdings nicht.

Fotos vom Out of The Woods Festival 2017

ACODA (Wenzl/Pichler)

Feist am Out Of the Woods Festival

Ein Festival ist auch heuer jedenfalls weit mehr als nur die Namen am Timetable: Man bietet „Glamour Camping“ an um den Festivalbesucher_innen eine Alternative zum Zelt zu geben: in Wiesen oder am FM4 Frequency Festivalzum Beispiel. Am Szene Open Air gab es heuer auch das Zelthotel: ein 2-Personen Zelt fertig aufgebaut mit Isomatte und Fleecedecke. Sogar mit Hotelrezeption und Weckservice! Auch kulinarisch legen die Festivals zu und versuchen die Qualität der Essensstände zu verbessern. Auch begrüßenswert: der aufgebaute Supermarkt am Nova Rock Festival wo die Festivalbesucher_innen sich mit Grillgut oder Obst eindecken konnten.

Apropos Obst: HVOB, die heuer in der Arena Open Air ihr 1-Tages-Festival CHECKFESTkuratiert haben, verschenkten Zwetschken an die Besucher_innen. Es sind die kleinen Gesten, die einen eintägigen oder mehrtägigen Konzertmarathon-Besuch zu einem erinnerungswürdigen Ereignis machen.

Publikum vor der Seebühne am Karlsplatz au dem Jahr 2016

Simon Brugner/Popfest Presse

Popfest 2017

Drei abschließende Empfehlungen

Der Festivalsommer ist vorüber. Aber kann sich nicht früh genug auf den nächsten vorbereiten. Hier noch drei Tipps für den Festivalsommer 2018

Gratis ist nicht umsonst
Mit den Bubble Days, dem Donauinselfest, dem Popfestgibt es in Österreich sehr gute Möglichkeiten sich Bands bei freiem Eintritt anzuschauen!

Früh buchen
Alles Geld der Welt reicht nicht, wenn man nächstes Jahr nicht schnell ist: Auch 2018 wird der Ruf dem Acoustic Lakeside Festival in Kärnten vorauseilen und das Festival wird ausverkauft sein, bevor das Lineup announced ist. Haltet also auf der Acoustic Lakeside Seite Ausschau nach der Vorverkaufs-Ticket-Tour durch die Bundesländer, damit ihr euch nicht ärgern müsst, dass ihr noch nie dort wart!

Style
Unumgänglich für einen Festivalbesuch ist natürlich wetterfeste Kleidung! Hier kann man sich zum Beispiel eine neue Regenjacke bestellen: genäht aus zurückgelassenen Zelten des FM4 Frequency Festivals

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