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Aus dem Comic "Nick Cave, Merci On Me"

Reinhard Kleist / Carlsen Verlag

Comic

Comicdenkmal für Nick Cave

Mit kaputten Pinseln zeichnet Reinhard Kleist die Biographie „Nick Cave. Mercy On Me“ als Comic. Und nebenbei erscheint auch das Artbook „Nick Cave & The Bad Seeds“.

Von Zita Bereuter

Comic "Nick Cave, Mercy on me"

Reinhard Kleist / Carlsen Verlag

„Nick Cave ist einer der großen Geschichtenerzähler in der Musik“, erklärt der deutsche Comiczeichner Reinhard Kleist. „Wenn ich seine Lieder höre, die Lyrics lese, dann werden die Musik und die Texte eins und machen sehr starke Bilder und eine sehr starke Atmosphäre. Und das ist für einen Comiczeichner eine sehr schöne Möglichkeit, damit zu arbeiten.“ Dabei hat Reinhard Kleist als Jugendlicher wenig mit der Musik anfangen können. „Der war mir zu gefährlich. Der hatte immer so eine Ausstrahlung von ‚Oh, da musst du aufpassen‘.“

Gerade das Gefährliche, die Suche nach dem Exzessiven, nach dem ständig Neuen zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben und Werk von Nick Cave. Reinhard Kleist greift das gekonnt auf. Er erzählt nicht chronologisch die Biographie des Musikers, sondern verwebt sie mit den Figuren aus dem Werk von Nick Cave.

Aus dem Comic "Nick Cave, Mercy on me"

Reinhard Kleist / Carlsen Verlag

Die Biographie beginnt mit dem Hammersong, in dem ein junger Mann seine Familie verlässt und in eine Stadt gelangt, deren Bewohner ihn umbringen wollen. Inmitten der aufgebrachten Stadtbewohner erkennt man Nick Cave – und ausgerechnet der schießt auf den jungen Mann, den Protagonisten des Songs. Auf den folgenden Seiten stellt der Sterbende Fragen an Nick Cave und macht ihm Vorwürfe. Und eine Seite weiter ist man beim aufsässigen Teenager Nick Cave in Australien. Die Liebesgeschichte zwischen Nick Cave und Anita Lane wird beispielsweise von Elisa Day aus dem Lied „Where The Wild Roses Grow“ erzählt.

Aus dem Comic "Nick Cave, Mercy on me"

Reinhard Kleist / Carlsen Verlag

Daraus ergibt sich auch der Titel „Mercy On Me“: „Die Figuren, die Nick Cave in seinen Songs erfunden hat, treten mit ihm in Kontakt und werfen ihm vor, dass er so ruppig, rücksichtslos und gnadenlos mit ihnen umgegangen ist. Dass er sie ja alle am Ende umgebracht hat in diesen Geschichten.“

Aus dem Comic "Nick Cave, Mercy on me"

Reinhard Kleist / Carlsen Verlag

Nick Cave habe Kleist vor allem anfangs mit seinen Anmerkungen sehr geholfen.

Reinhard Kleist arbeitet auf diesen gut 300 Seiten nicht nur mit Perspektivenwechseln über die Panels hinweg, sondern auch bei den Erzählern. Eine Szene wird mitunter aus seiner zeitlichen Perspektive doppelt erzählt. Eine Leseerfahrung, die auch an die Lyrics von Nick Cave erinnert, erklärt Reinhard Kleist: „Man muss doch nicht immer alles verstehen. Es gibt in Lyrics auch nicht unbedingt den Begriff Zeit. Da kann man Sachen auch parallel laufen lassen oder nicht in der richtigen Chronologie erzählen.“

Der schmale Grat zwischen Realität und Fiktion wird häufig überschritten. „Es macht großen Spaß, diesen Grat aufzulösen.“ Nick Caves Leben ändert sich immer wieder radikal – er zieht von Australien nach London, weiter nach Berlin und Sao Paulo, wechselt musikalisch von „The Boys Next Door“ zu „The Birthday Party“ und weiter zu den „Bad Seeds“.

Reinhard Kleist hat lange herumprobiert, bis er einen passenden Stil hatte - schwarz-weiß, mit einem starken, rauen, ruppigen Strich. „Ich hab irgendwann angefangen, meine Pinsel kaputt zu machen und mit kaputten Pinseln zu zeichnen, was auch total viel Spaß gemacht hat, weil ja einfach auch so zufällige Sachen entstehen.“

Diese zufälligen Ergebnisse und auch viele Skizzen und Entwürfe, die vor allem am Beginn der Ideenfindung entstanden sind, hat Reinhard Kleist online gestellt. Einerseits wollte er während des Prozesses den LeserInnen und Fans schon etwas zeigen und andererseits, „um mich selber so ein bisschen in den Hintern zu treten. Jetzt mach mal was, damit die Leute was sehen können.“

Aus dem Comic "Nick Cave, Mercy on me"

Reinhard Kleist / Carlsen Verlag

Sehr schön, wie etwa die wachsende Leere in der Beziehung dargestellt wird.

Auf der Website nickcave-comic.com wurden diese Arbeiten zu einer Art Selbstläufer. Es sind farbige Zeichnungen, mal kräftig, mal zart, oder auch Illustrationen zu Songs. Seine Lieblingsillustrationen hat Reinhard Kleist in dem Artbook „Nick Cave and the Bad Seeds“ veröffentlicht.

Aus dem Comic "Nick Cave, Mercy on me"

Reinhard Kleist / Carlsen Verlag

Und für den Nick Cave, der in dieser düsteren, dunklen und abgründigen Welt von Außenseitern, Mördern und Verlassenen lebt, kann es natürlich nur ein Ende geben. „Ein Buch über Nick Cave muss mit der Apokalypse enden – das geht gar nicht anders.“

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