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What Would Diplo Do?

FM4 in Serie widmet sich heute einem Machwerk, das an der Grenze zwischen Sitcom und Reality Show balanciert. Vielleicht mit einem kleinen Überhang in Richtung Sitcom. Aber wenn das Leben an sich schon eine Komödie ist, was muss man da noch groß fiktionalisieren und übertreiben.

Von Natalie Brunner

Es geht in die Welt der DJs. Und zwar derjenigen, die für einmal Playknopfdrücken um die 100.000 Dollar einstecken. Es geht, um genau zu sein, um Wesley Pentz aka Diplo, der hat zwischen 2015 und 2016 23 Millionen Dollar verdient. Und offensichtlich findet Diplo, der einst auf dem um Musik bemühten und verdienten Label Ninja Tune sein Debüt veröffentlicht hat, die Welt, in der er gelandet ist, auch reichlich absurd und hat mit James van der Beek alias Dawson aus Dawsons Creek eine TV-Serie über sein Leben und die absurde Welt der EDM-Spitzenverdiener gemacht: „What Would Diplo Do?“

Nur damit hier keine Missverständnisse aufkommen. Mir ist Diplo äußerst zuwider und zwar, weil ich es einst, will heißen vor über 10 Jahren, gut fand, was der Typ machte. Ein DJ aus Florida, der HipHop mit Reggaeton, mit Cumbia, mit Baile Funk, mit Grime und anderen lokalen elektronischen Musiken mischte. 2004 machte er gemeinsam mit M.I.A., die ihn später als skrupellosen Kolonialisten bezeichnen sollte, das „Piracy Funds Terrorism“-Mixtape als Teaser zu MIAs erstem Album. Es war großartig und kombinierte Unerwartetes mit großen Hits und Nummern von MIAs damals noch nicht erschienem Album „Arular“.

Dreckig, roh, innovativ und auch ein bisschen Mittelfinger für die Recording Industry, Kapitalismus, Gesetze des Markts und so weiter erschien die mir sympathisch seiende Grundhaltung. Aber dann begann mein Verhältnis zu Diplo und seinem Werk sich zu trüben. Diplo beschloss, reich und berühmt zu werden und zwar so richtig, was jedem vergönnt sein mag und normalerweise Musik hervorbringt, die mir herzlich egal ist.

Was ich aber im Fall von Diplo problematisch finde, ist, dass er kulturelle Aneignung hoch zehn betreibt. Er lässt andere Produzenten für sich arbeiten, erfindet einen jamaikanischen Superhelden Major Lazor, um Dancehall für ein weißes Mainstream-Publikum zugänglich zu machen. Er veröffentlicht Tracks, die als Demo an sein Label Mad Decnet geschickt worden sind, leicht verändert unter seinem Namen und hat ein Plattencover, das an Respektlosigkeit nicht mehr zu überbieten ist: Auf seiner „Revolution“-EP ist eine Black-Power-Faust, die aus nackten, bouncenden Frauenhintern besteht. Schlimmer geht’s echt nicht.

Und Diplo weiß das auch: Die von ihm gemeinsam mit dem „Dawsons Creek“-Hauptdarsteller James Van der Beek geschriebene und produzierte Serie funktioniert nach dem Prinzip: „I’m a douche and I know it“. Der Diplo in „What Would Diplo Do?“ ist ein naiver, manierierter, verzogener, oberflächlicher, von seiner Brillanz überzeugter Idiot in einer für meinen Geschmack etwas zu harmlosen Welt.

Sein Manager ist die einzig wirklich bösartige Figur in dem Serienuniversum. Wenn Diplo, zum Beispiel, Taylor Swift per Twitter disst, erinnert ihn sein Manager daran, dass sie im Gegensatz zu ihm ihre Musik wenigstens selbst schreibt.

Der Pilot zu „What Would Diplo Do?“ ist vielversprechend, eine Sitcom über sich selbst überschätzende, zugekokste Superstar-DJS braucht diese Welt, aber leider bleibt „What Would Diplo Do?“ im Rahmen des Jugendfreien, ist kurzweilige Unterhaltung, steigert den Ekel vor Diplo noch ein bisschen, ist aber keinesfalls ein Spinal Tap des EDM-Zirkus.

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