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Wahl 2017

Rechnungshof darf nicht kontrollieren

Fünf Jahre nachdem das Transparenzpaket eingeführt worden ist, kritisieren Experten weiterhin die mangelnde Transparenz bei Parteifinanzen und -spenden. Trotz hoher Parteiförderungen werden heuer teilweise fleißig Parteispenden gesammelt.

Von Lukas Lottersberger

Man kennt es eher aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf, dass wahlwerbende Parteien nicht nur um Stimmen, sondern auch um Spenden buhlen. Parteispenden sind in Österreich zwar kein absolutes Novum, dennoch ist es neu, dass ein Kandidat einer der ehemaligen Großparteien so offensiv um Spenden wirbt. Interessant ist das deshalb, weil es hierzulande eine recht großzügige Parteienförderung aus Steuergeldern gibt, mit denen die Parteien ihre Kosten abdecken könnten - auch die Wahlkampfkosten.

„Für den Wahlkampf nehmen die Parteien häufig Kredite auf, die dann durch die Parteienförderung abgestottert werden“, erklärt Mathias Huter. Er ist Mitglied des Forums Informationsfreiheit, das auch die Seite Parteispenden.at betreibt. Auf dieser Website wird versucht, die Geldflüsse an Parteien aufzuschlüsseln - sowohl jene aus öffentlicher, als auch jene aus privater Hand. „Wir sprechen da von weit über 200 Millionen Euro, die jährlich an die Parteien fließen“, erklärt Huter. Selbst Parteien, die nicht im Nationalrat vertreten sind, bekommen eine Wahlkampfkostenrückerstattung in der Höhe von 2,50 Euro pro Stimme, wenn sie mehr als ein Prozent der Stimmen erreicht haben.

Warum muss also eine etablierte Partei, die mehrere Millionen Parteiförderung jährlich bekommt, zusätzlich Spenden sammeln? „Die Spende stellt auch eine gewisse Beziehung zu den Unterstützern her“, meint Mathias Huter. „Wenn ich jetzt eine Partei finanziell unterstütze, dann bin ich vielleicht auch motivierter, dass diese Partei auch in meinem Bekanntenkreis an Unterstützung gewinnt.“ Einen Return on Investment erwarten sich wohl auch Großspender aus der Wirtschaft. Von der Steuer kann man Parteispenden jedenfalls nicht absetzen.

Wer bekommt wie viele Spenden?

Am meisten Spenden hat im bisherigen Wahlkampf Sebastian Kurz gesammelt: Rund 1,3 Millionen Euro. Auf seiner Seite gibt es die Möglichkeit zu spenden und man bekommt auch gleich präsentiert, was man mit welchem Betrag finanzieren kann. Spendenbeträge werden auf der Webseite veröffentlicht, zum Großteil auch mit Nennung der SpenderInnen. Großspender ab 3.500 Euro müssen namentlich in verpflichtenden Rechenschaftsberichten an den Rechnungshof aufscheinen. Kurz listet diese bereits auf.

An zweiter Stelle stehen NEOS, die angeblich knapp 600.000 Euro gesammelt haben sollen. Auf der Transparenz-Seite von NEOS sind hingegen für dieses Jahr rund 25.000 Euro Spenden ausgewiesen, hinzu kommen 398.000 Euro à vier Tranchen vom Industriellen Hans-Peter Haselsteiner, die beim Rechnungshof registriert wurden.

Platz drei nimmt Neo-Parteichef Peter Pilz ein, der rund 200.000 Euro Spenden bekommen haben soll. Gut die Hälfte davon stammt von einem seiner Kandidaten, dem Anwalt Alfred Noll, dessen Spenden ebenfalls dem Rechnungshof gemeldet wurden. Pilz wurde unter anderem von NEOS vorgeworfen, nicht transparent genug mit seinen Spenden umzugehen. Er kündigte an, demnächst die Liste seiner SpenderInnen zu veröffentlichen, sofern diese zustimmen.

Die SPÖ hat bisher rund 50.000 Euro an Spenden erhalten und hat kürzlicch angekündigt, keine Spenden von über 20.000 Euro anzunehmen. Eine Spendenliste veröffentlicht die SPÖ nicht, weil dafür die Zustimmung der Spender fehle, teilt das Kampagnenbüro der SPÖ mit. Bei den Sozialdemokraten gibt es weiters einen sogenannten Solidaritätsfonds, der aus Mitgliederbeiträgen und Spenden gespeist wird und mit dem Wahlkampfaktionen der SPÖ finanziert werden sollen.

Die Grünen, die in der Vergangenheit immer wieder mehr Transparenz von Parteien eingefordert hatten, haben bisher keinerlei Daten zu ihren Spenden veröffentlicht. Auf der Webseite der Partei findet sich lediglich ein Rechenschaftsbericht von 2015. Aktuelle Angaben zu Spenden sucht man vergebens. Klubobmann Albert Steinhauser erklärt den Mangel an Informationen: „Wir wehren uns nicht gegen Spenden, aber wir werben auch nicht dafür.“ Dennoch findet sich auf der Seite eine Spendenmöglichkeit. Die Partei hat laut Steinhauser bisher etwa 3.000 Euro Spenden bekommen und will prinzipiell mit der öffentlichen Parteienfinanzierung auskommen.

Ins selbe Horn stößt offenbar die FPÖ. Auf ihrer Webseite gibt es keine Spendenmöglichkeit. Man stemme die Wahlkampfkosten aus der Parteienförderung.

Versäumnisse bei Rechenschaftsberichten

2012 wurde in Österreich das „Transparenzpaket“ eingeführt, mit dem sich Österreich strengere Regeln im Umgang mit der Veröffentlichung von Parteifinanzen und -spenden auferlegt hat. Kritiker bemängeln jedoch, dass es weiterhin zahlreiche Schwächen und Schlupflöcher enthält, insbesondere bei der Parteienfinanzierung. Nachbesserungen wären demnach dringend notwendig, um in demokratiepolitisch wichtigen Bereichen für echte Transparenz zu sorgen, sagt etwa der Jurist Hubert Sickinger, der einige Bücher zum Thema Parteienfinanzierung in Österreich geschrieben hat.

Zentraler Kritikpunkt ist der Umstand, dass im Fall der Nichtabgabe eines Rechenschaftsberichts an den Rechnungshof durch eine Partei keine Sanktionen vorgesehen sind. Der Rechnungshof ist bisher auch nicht in der Lage, die Bücher der Parteien von sich aus zu prüfen. So hat etwa die Kärntner FPÖ laut Sickinger von 2013 bis 2015 keine Rechenschaftsberichte abgelegt. In so einem Fall „passiert gar nichts“, meint Sickinger.

Darüber hinaus bleibe auch die Überschreitung der erlaubten Wahlwerbungskosten von sieben Millionen Euro nicht sanktioniert, wenn eine Partei diese nicht deklariert. Sickinger spricht von „unerklärlichen Lücken“ und fordert mehr Kompetenzen für den Rechnungshof ein.

Junge Demokratien als Vorbild

Während in anderen Ländern die Offenlegung von Parteifinanzen längst vollzogen wird, hinkt Österreich hinterher, meint Mathias Huter. „Besonders in jungen Demokratien, wie den baltischen Ländern oder in Georgien, gibt es vor Wahlen eine zeitnahe Offenlegung, wie viel Geld die Partei bekommt. Das ist dort gar keine Diskussion mehr“, betont Huter.

In diesen Ländern „musste man sich erst das Vertrauen der BürgerInnen verdienen“, weshalb dort strenge Transparenzregeln eingeführt wurden. In Österreich hätten die Parteien durch die längere demokratische Tradition einen gewissen Vertrauensvorschuss genossen, „doch dieser nimmt immer mehr ab“, glaubt Huter.

Deshalb ist es dem Experten ein Anliegen, strenge Transparenzkriterien auch in Österreich umzusetzen. Auf Parteispenden.at versucht er die vorhandenen Daten stets möglichst vollständig bereitzustellen. Das gestalte sich manchmal schwierig, weil die Daten in unterschiedlicher Weise vorliegen, Auskünfte von Parteien mangelhaft sind oder gar nicht erst erteilt werden.

„Uns geht es darum, durch Transparenz eine echte Kontrolle durch die Öffentlichkeit zu schaffen.“ Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass es rund um das Thema Parteienfinanzierung ein gewisses Risiko gibt, so Huter. Interessenskonflikte und Korruptionsaffären würden davon zeugen. „Wir sind nicht gegen Spenden“, unterstreicht der Experte. „Für uns ist zentral, dass diese Informationen zeitnah für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, damit sich jeder ein Bild machen kann, wer eventuell versucht auf die politische Agenda oder Entscheidungen Einfluss zu nehmen.“

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