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Sex, Gewalt und gute Laune

Das /slash Festival bietet eine geballte Ladung Horror, Fantasy und Wahnwitz.

Von Christian Fuchs, Jan Hestmann und Christoph Sepin

Ab 21.9 kann man sich wieder herrlich gruseln: das /slash Festival bringt unheimliche, fantastische und nervenaufreibende Filme in die Wiener Kinos. Die FM4 Filmredaktion hat ein paar Highlights für euch herausgesucht.

Christian Fuchs über böse Clowns und John Waters

Wie geht es eigentlich so dem Fantastischen Film und dem Horrorsektor derzeit? Als eingefleischter Fan darf man das Genre 2017 durchaus mit ambivalenten Gefühlen betrachten. Nicht nur, dass uns mit George A. Romero und Tobe Hooper zwei stilbildende Innovatoren des Gänsehautkinos für immer verlassen haben. Viele aktuelle Regisseure, die nur alte Blutsuppen aufwärmen oder auf gespenstische Schocks von vorgestern setzen, sorgen leider für Fadesse.

Auf der Plusseite muss aber erwähnt werden, dass Fantasy-Maestro Guillermo del Toro soeben für sein neues Monstermovie „The Shape Of Water“ den Goldenen Löwen von Venedig überreicht bekam, höchst verdient, wie man hört. Dann ist da ein kleiner grimmiger Indieschocker namens „Get Out“, der heuer alles richtigmachte. Regisseur Jordan Peele politisierte das Genre endlich wieder, ohne auf den notwendigen Flirt mit niedrigen Instinkten zu verzichten. Und er eroberte mit seinem antirassistischen Horrorstreifen sogar noch das weltweite Mainstream-Publikum.

ES lebt und will dich holen

Die Kinokassen extrem zum Klingeln bringt in diesen Tagen in den USA auch ein Film, der verspricht einem der schaurigsten und besten Bücher von Stephen-King gerecht zu werden. Die Rede ist natürlich von „It“, dem Coming-of-Age-Drama aus der Hölle, mit dem diabolischen Kinderschreck Pennywise, der im Alleingang für das Clown-Trauma einer ganzen Generation verantwortlich zeichnet. Musste man sich bisher mit einer rückblickend eher peinlichen TV-Adaption zufriedengeben, will Regisseur Andy Muschietti den Schrecken des Romans ungefiltert auf die Leinwand bringen.

Und damit sind wir endlich beim /slash Festival gelandet. Nicht nur wird der herbstliche Pflichtevent für alle LiebhaberInnen des abgründigen Films nächste Woche mit „It“ spektakulär eröffnet. Festival-Mastermind Markus Keuschnigg erweist in seinem Programm (vom 21.9 bis 1.10) auch George Romero die Ehre und zeigt die ungezügelte, transgressive, fiebrige Facette des Fantastischen Films, weit weg von üblicher Hollywood-Routine.

Als Statement darf dabei auch gelten, dass mit dem legendären John Waters ein Künstler als Festival-Stargast eingeladen wurde, der mit Horror im gängigen Sinn nichts zu tun hat. Auch wenn seine billigst gedrehten Filme in den 70er Jahren für bürgerliche Kritiker das blanke Grauen symbolisierten. In Wien wird der "Pope of Trash nicht nur eine Handvoll seiner anarchischen, bitterbösen und komischen Frühwerke präsentieren. John Waters hat auch private Lieblingsschund-Klassiker kompiliert. Und beehrt am 30.09. die Bühne des Gartenbaukinos mit einer seiner umwerfenden One-Man-Shows. Absolutes Pflichtprogramm für alle Freundinnen und Freunde des ausgesucht schlechten Geschmacks.

John Waters

Greg Gorman

Christoph Sepin über Raketenwürmer und japanische Absurditäten:

Manche Filme sind perfekt, obwohl sie das eigentlich nicht sein sollten. Verhoevens „RoboCop“, Zemeckis‘ „Zurück in die Zukunft“ oder „Tremors“ von Ron Underwood aus dem Jahr 1990, den John Waters für das /slash Festival ausgesucht hat.

Perfektion entsteht bei diesen Filmen aus der Umsetzung, aus der Art und Weise, wie Skript, Bild und Darsteller ein stimmiges, an Makellosigkeit ankratzendes Ganzes entstehen lassen. Die beste Sci-Fi-Satire, die beste Action-Zeitreise, die beste Monster-Paranoia. Dass das alles so wird, wie es geworden ist, das konnte sich bei „Tremors“ nicht mal Hauptdarsteller Kevin Bacon vorstellen. Der hatte angeblich einen halben Nervenzusammenbruch als er glaubte, durch seine Beteiligung an einem Film über unterirdische Würmer einen Karrieretiefpunkt erreicht zu haben.

Wie das in gutem Horror aber oft ist, ist „Tremors“ mehr als ein einfacher Monsterfilm. Überlebenskampf, Klaustrophobie, die Angst im Kopf – verpackt in jede Menge Humor und gute Special-Effects. They almost don’t make `em like that anymore und die Chance sich dem ganzen Spaß im richtig echten Kinosaal auszuliefern, sollte sowieso nicht ausgelassen werden.

Szenenbild "tremors"

slash

Für immer weiterfilmen, für immer Takashi Miike: Der japanische Filmemacher weigert sich beharrlich nachzulassen und präsentiert Arbeit Nummer 99 bis 101 am /slash. Over-The-Top-Präsentation, an der Grenze zur Übertreibung und immer ein bisschen zu viel des Guten. Theatralische Kampfeinlagen in japanischen Popkultur-Stereotypen eingebettet und hochstilisiert.

Das Samurai-Epos „Blade of the Immortal“ als Umsetzung des gleich betitelten Manga, „The Mole Song“ als Crime-Story und die Adaption der großen „Jojo“-Reihe in „Jojo’s Bizarre Adventure“. „Diamond is Unbreakable“ lautet der Untertitel von letztgenanntem Film, der sich problemlos in die zahlreichen Umsetzungen des japanischen Manga-Megafranchise einreiht. Superheldenwahnsinn, große Videogame-Noise und immer wieder guter alter Pathos. Kompromissloses Absurditäts-Kino von Takashi Miike, anschauen sollte man sich aber sowieso alle seiner drei Filme am diesjährigen /slash.

Szenenbild "Blade of the Immortal"

slash

Jan Hestmann über blutgetränkte Irrfahrten und Junior-Serienkiller:

Es gibt diese Festivalfilme, da ist die Stimmung im Publikum besonders ausgelassen. Da kann man kompromisslos lachen und schreien. Gute Chancen dazu hat das rasante Gangster-Roadmovie mit Splatter-Prädikat „68 Kill“.

Der gutherzigen, aber naive Chip hat sich die falsche Freundin ausgesucht. Die hat nicht nur die Hosen in der Beziehung an, sie neigt auch dazu, für Geld über Leichen zu gehen. Als sie Chip zur Komplizenschaft überredet, 68 Tausend Dollar zu klauen, eskaliert nicht nur ihre Beziehung. Es folgt eine blutgetränkte Irrfahrt durch Trailer-Trash Amerika. Flotte Dialoge, bizarre Charaktere und eine ordentliche Portion Badassness. Hinter jedem Aufkommen flüchtiger Romantik lauert der nächste WTF-Moment. Dabei kommt der Trashfaktor nicht zu kurz.

Und nicht von ungefähr, kommt Regisseur Trent Haaga doch ursprünglich aus der Trash-Hochburg Troma, die als Manufaktur für Bad Taste-Kino längst Kultstatus erreicht hat. Viel spritzendes Blut, Komik, aber überraschenderweise auch Herz machen „68 Kill“ zu einem treffsicheren Crowd Pleaser, den man am /slash auf keinen Fall verpassen sollte.

Szenenbild "my friend dahmer"

slash

Wir treffen auf Jeffrey Dahmer. Mit seinem schlaksigen Körper, Pilotenbrille und Pilzkopf-Haarschnitt könnte der Teenager der Serie „Freaks & Geeks“ entsprungen sein. So könnte man ihn auch beschreiben: Freak, weil er in seiner Freizeit gerne Kadaver kleiner Tiere in Säurebädern auflöst, weil ihn die Knochen doch faszinieren. Geek, weil er ein Isolierter ist, der keinen Anschluss in der Schule findet. Bis zu dem Zeitpunkt, als er beginnt, spastische Anfälle vorzutäuschen, sich am Boden windet, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Seine Aktionen genießen Popularität und bald versammelt sich ein „Jeffrey Dahmer“-Fanclub um ihn, der ihn zu weiteren Aktionen anstiftet. Zunächst ist das ein großer Spaß.

Jeffrey Dahmer war eine real existierende Person. Als Serienmörder ist er in die US-Kriminalgeschichte eingegangen, als er, auch „Milwaukee Cannibal“ genannt, zwischen 1978 und 1991 17 junge Männer tötete, Sex mit den Leichen hatte und ihr Fleisch verspeiste. Ein damaliger Schulkollege, Derf Backderf, kreierte basierend auf den Erinnerungen an Dahmer eine autobiografische Graphic Novel, welche als Vorlage für diesen Film diente. Regisseur Marc Meyer ist ein hochintensiver Jugendfilm gelungen, der in „My Friend Dahmer“ nichts erklären oder rechtfertigen will. Dargestellt wird der junge Jeffrey Dahmer vom ehemaligen Disney Channel-Star Ross Lynch, meisterhaft und nicht greifbar. Sodass es als Zuseher gleichermaßen unmöglich scheint, Verachtung oder Sympathie für diesen Protagonisten aufzubringen.

Anne Hathaway und Jason Sudeikis in "Colossal"

slash

Hartes und Zartes kollidieren

Und sonst? Wühlt euch durchs Programmheft, das steckt voller bizarrer Überraschungen. Neben vielversprechendem Hardcore-Horror wie „Hounds Of Love“ (ein Serienkiller-Slasher, der aus dem ausgelaugten Subgenre noch das letzte Quäntchen Irrsinn destilliert) oder „Killing Ground“ (einer der angeblich heftigsten Survival-Thriller seit Jahren) gibt es beim /slash 2017 vor allem wunderschöne, charmante Entdeckungen im Indie-Bereich zu machen, ganz ohne Blut oder Beuschel.

Alle Infos zum /slash Filmfestival

Zum Beispiel das absurde Animations-Abenteuer „My Entire High School Sinking Into The Sea“ mit den Stimmen von Jason Schwartzman und Lena Dunham. Oder den durchgeknallten Pappendeckel-Gruselfilm-Klamauk „Dave Made A Maze“. Und nicht zuletzt die skurrile Tragikomödie „Colossal“, von FM4 präsentiert. Ganz unglamourös und verkatert torkelt Hollywood-Star Anne Hathaway durch diesen Mix aus bissiger amerikanischer Kleinstadt-RomCom und koreanischem Monster-Epos mit Godzilla-Touch. Wie es Autor und Regisseur Nacho Vigalondo gelingt, die beiden konträren Welten zu verbinden, muss man gesehen haben. Viel Vergnügen jedenfalls beim /slash Festival, wir sehen uns im Saal des Filmcasinos.

10er Blocks zu gewinnen!

Wir verlosen 2 10er-Blocks für das /slash! Wer an der Verlosung teilnehmen will, muss nur folgende Frage richtig beantworten: Welcher Regisseur arbeitet momentan an einem Film über Charles Manson?

UPDATE: Der Einsendeschluss ist vorbei, die GewinnerInnen wurden bereits per Mail verständigt. Die richtige Antwort war: Quentin Tarantino.

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