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Emmys Big Little Lies Cast

APA/AFP/Frederic J. Brown

Utopie als Strategie

Die Prime Time Emmy Awards: Preise entsprechen den Erwartungen, politische Hochladung.

Von Philipp L’heritier

Für Überraschungen sind die Prime Emmy Awards nicht unbedingt bekannt. Die Mitglieder der Academy of Television Arts & Sciences, die für die Wahl der Gewinner des bedeutendsten amerikanischen Fernsehpreises zuständig sind, neigen dazu, sich für die Hits zu entscheiden.

Das ist in der Nacht von Sonntag auf Montag bei der Verleihung der 69. Emmys in Los Angeles kaum anders gewesen. Was aktuell jedoch als Hit durchgeht, ist im besten Sinne bemerkenswert.

Der große Gewinner der Nacht war erwartungsgemäß die arg zermürbende Serie „The Handmaid’s Tale“: Die auf dem Bestseller von Margaret Atwood basierende Serie entwirft in blasskalten Tönen eine Welt zwischen puritanischer Strenge und ortloser Endzeit-Science-Fiction.

In nicht näher datierter Zukunft werden da nach nicht näher erläutertem Regierungsumsturz die so genannten „Handmaids“ sklavengleich als Dienstmädchen gehalten, deren beinahe einzige Existenzberechtigung darin besteht, den Frauen der Oberschicht als Brutgefäße zu dienen.

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Elisabeth Moss in „the Handmaid’s Tale“

Elisabeth Moss hat für ihre Rolle in „The Handmaid’s Tale“ den Emmy für die beste weibliche Hauptrolle erhalten, Ann Dowd wurde für ihre Darstellung der herrischen, dabei zerrissenen Aufseherin Aunt Lydia ausgezeichnet, zudem gab es ein Preis für die Regie von Reed Morano und den Hauptpreis: bestes Drama. Insgesamt waren die Awards von politischem Ton geprägt.

Umbruch, Veränderung, Widerstand. Der größte Star des Abends war Donald Trump. Wenn auch nicht persönlich anwesend, kam kaum eine Dankesrede, kein Sketch ohne immerhin leise Andeutungen oder deutliche Verachtung Richtung des US-Präsidenten aus.

Host Stephen Colbert tänzelte souverän durch musikalische Nummern und mal mehr, mal weniger gelungene Witz-Einlagen. Man kennt den Mann für politischen Humor.

In einem Einspielfilmchen, das die mehrfach nominierte Sci-Fi-Serie „Westworld“ persiflierte, gab sich Colbert als Roboter, der nicht mehr so richtig funktionieren wollte. Er sei gezwungen, seine eigene Realität zu hinterfragen – und zwar seit dem 8. November, dem Tag, an dem Donald Trump die US-Wahl gewonnen hat. Zudem: Laut Colbert hätten es die Handmaids in „The Handmaid’s Tale“ ja gar nicht mal sooo übel – immerhin gäbe es für sie die Health Care für gratis.

Wie vorhergesehen hat Alec Baldwin für seine Darstellung von Donald Trump in „Saturday Night Live“ den Emmy als Supporting Actor in einer Comedy-Serie erhalten: Was Baldwin da tut, ist gut, lustig und richtig, die Einteilung der Kategorien muss in diesem Falle aber hinterfragt werden. Wir haben es hier mit einer parodistischen Rolle in einer Sketch-Revue zu tun.

In Baldwins Rede gab es Spott für Trump, vor allen Dingen aber: positive Energie. Die Künste, Film, Fernsehen, Musik, Poesie seien lebensverändernd, so Baldwin, man müsse weitermachen. Die Emmy Awards waren nicht von politischer Zerknirschung, sondern von Optimismus dominiert. Optimismus, Weltoffenheit, Vielfalt wurden gefeiert, die heilende Macht von Fernsehen und Film saftstrotzend ausgeleuchtet.

Die Nacht war voller herzerwärmender, komischer, rührender Ansprachen. Wie es sein musste, bekam die Polit-Satire „Veep“ den Emmy für beste Comedy, Julia Louis-Dreyfus für die Hauptrolle den sechsten Preis in Folge. Für die siebte und letzte Staffel der Serie habe man noch sei einiges im Ärmel, so Louis-Dreyfus, zunächst sei eine Plotline über das Impeachment des US-Präsidenten angedacht gewesen. Die Idee habe man dann aber doch fallenlassen – aus Angst, jemand könnte da schneller sein.

Höhepunkt: Die Schauspielerin und Autorin Lena Waithe und Comedian Aziz Anzari bekamen den Drehbuch-Preis für die herausragende Episode „Thanksgiving“ der herausragende Sadcom „Master of None“. Eine Show, die die Liebe, das italienische Kino, die Wonnen der Nahrungsaufnahme in allen Farben sowie sämtliche Genüsse feiert. Den Preis widmete Waithe in ihrer knackigen, strahlenden Rede ihrer “LGBTQIA family”.

In der Limited-Series-Kategorie wurden ebenfalls alle Prognose bestätigt: „Big Little Lies“ war der Abräumer. Ein slickes Hochglanz-Drama mit beunruhigenden Untertönen. Ein Todesfall, häusliche Gewalt, Selbstermächtigung. Schwieriger Stoff, umwerfend in Szene gesetzt.

Es gab unter anderem Preise für Nebendarstellerin Laura Dern, Nebendarsteller Alexander Skarsgard, die beste Limited Series und eine atemberaubende Nicole Kidman in der Hauptrolle.

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Nicole Kidman in „Big Little Lies“

Sterling K. Brown bekam den Award für besten Darsteller in einem Drama für seine aufwühlende Darstellung in der tollen Schmalz-Opera „This is Us“, positive Überraschung dann doch auf dem Comedy-Sektor: Donald Glover gewann für Regie und Darstellung in seiner großartigen, surrealistischen Comedy „Atlanta“.

Donald Glover Emmys

APA/AFP/Frederic J. Brown

Minimalistisch-spröde Jim-Jarmusch-Gedächtnis-Arbeit, angesiedelt an den finanziell nur mäßig erfolgreichen Außenzonen des HipHop-Biz der Stadt Atlanta. Trockener Dead-Pan-Humor und absurder Anti-Klamauk, gewürzt mit Polit- und Sozial-Kommentar. Massentauglich ist sowas nicht. Es kommt eine neue Seltsamkeit.

Die 69. Prime Time Emmy Awards: die wichtigsten Preise, Gewinner in Fett.

Outstanding Drama Series

Better Call Saul
House of Cards
The Handmaid’s Tale
The Crown
This Is Us
Stranger Things
Westworld

Outstanding Comedy Series

Modern Family
Silicon Valley
Unbreakable Kimmy Schmidt
Veep
Master of None
Black-ish
Atlanta

Outstanding Limited Series

Big Little Lies
Fargo
Feud: Bette & Joan
The Night Of
Genius

Outstanding Lead Actress in a Drama Series

Claire Foy, The Crown
Viola Davis, How to Get Away With Murder
Elisabeth Moss, The Handmaid’s Tale
Keri Russell, The Americans
Evan Rachel Wood, Westworld
Robin Wright, House of Cards

Outstanding Lead Actor in a Drama Series

Kevin Spacey, House of Cards
Bob Odenkirk, Better Call Saul
Liev Schreiber, Ray Donovan
Matthew Rhys, The Americans
Sterling K. Brown, This Is Us
Milo Ventimiglia, This Is Us
Anthony Hopkins, Westworld

Outstanding Actress in a Limited Series or
Movie

Carrie Coon, Fargo
Felicity Huffman, American Crime
Nicole Kidman, Big Little Lies
Reese Witherspoon, Big Little Lies
Jessica Lange, Feud: Bette and Joan
Susan Sarandon, Feud: Bette and Joan

Outstanding Actor in a Limited Series or Movie

Riz Ahmed, The Night Of
Robert De Niro, The Wizard of Lies
Ewan McGregor, Fargo
Geoffrey Rush, Genius
John Turturro, The Night Of
Benedict Cumberbatch, Sherlock

Outstanding Lead Actress in a Comedy Series

Julia Louis-Dreyfus, Veep
Lily Tomlin, Grace and Frankie
Jane Fonda, Grace and Frankie
Ellie Kemper, Unbreakable Kimmy Schmidt
Tracee Ellis Ross, Black-ish
Allison Janney, Mom
Pamela Adlon, Better Things

Outstanding Lead Actor in a Comedy Series

Jeffrey Tambor, Transparent
William H. Macy, Shameless
Anthony Anderson, Black-ish
Aziz Ansari, Master of None
Donald Glover, Atlanta
Zach Galifianakis, Baskets

Outstanding Supporting Actor in a Comedy Series

Ty Burrell, Modern Family
Matt Walsh, Veep
Tony Hale, Veep
Louie Anderson, Baskets
Alec Baldwin, Saturday Night Live
Tituss Burgess, Unbreakable Kimmy Schmidt

Outstanding Supporting Actress in a Comedy Series

Leslie Jones, Saturday Night Live
Vanessa Bayer, Saturday Night Live
Judith Light, Transparent
Kathryn Hahn, Transparent
Anna Chlumsky, Veep
Kate McKinnon, Saturday Night Live

Outstanding Supporting Actor in a Drama Series

Jonathan Banks, Better Call Saul
Ed Harris, Westworld
Michael Kelly, House of Cards
Ron Cephas Jones, This Is Us
John Lithgow, The Crown
Jeffrey Wright, Westworld

Outstanding Supporting Actress in a Drama Series

Millie Bobby Brown, Stranger Things
Chrissy Metz, This Is Us
Thandie Newton, Westworld
Uzo Aduba, Orange Is the New Black
Ann Dowd, The Handmaid’s Tale
Samira Wiley, The Handmaid’s Tale

Outstanding Supporting Actor in a Limited Series or a Movie

Bill Camp, The Night Of
Michael Kenneth Williams, The Night Of
Alfred Molina, Feud: Bette and Joan
Alexander Skarsgard, Big Little Lies
David Thewlis, Fargo
Stanley Tucci, Feud: Bette and Joan

Outstanding Supporting Actress in a Limited Series or a Movie

Judy Davis, Feud: Bette and Joan
Laura Dern, Big Little Lies
Regina King, American Crime
Shailene Woodley, Big Little Lies
Michelle Pfeiffer, The Wizard of Lies
Jackie Hoffman, Feud: Bette and Joan

Outstanding TV Movie

Black Mirror: San Junipero
Dolly Parton’s Christmas of Many Colors: Circle of Love
The Immortal Life of Henrietta Lacks
Sherlock: The Lying Detective
The Wizard of Lies

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