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Morrissey performs at the Firefly Music Festival in Dover, Delaware, on June 19, 2015

AFP PHOTO/SHAUN TANDON

der song zum sonntag

Ich bleib liegen

Der Song zum Sonntag: Morrissey - „Spent the Day in Bed“

von Philipp L’heritier

Seltsam, dass es dieses Lied noch nicht gegeben hat, immerhin noch nicht von Morrissey. Er schafft es hier wieder einmal, ein universelles Gefühl in einen kleinen Popsong zu gießen. Weit, allgemeingültig, dabei doch wie nahezu immer spezifisch und spitz formuliert.

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  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

Dass dem guten, alten, mürrischen Morrissey die Meinungen, die die Welt da draußen über ihn so haben mag, selbst besonders egal sind, verschleiert er nie. Er tut zumindest so, er lebt von der Konfrontation, vom Glanz, als starke Künstlerpersönlichkeit scharfe Ansichten haben zu dürfen. Oder zu müssen.

Mit derlei Habitus und bisweilen weltferner Verblendung hat Morrissey auch schon härteste Fans ein bisschen trübsinnig gestimmt. Wird ihm auch recht egal sein, ihm, dem Denkmal, das er ist.

Demnächst wird unter dem Titel „Low in High School“ ein neues Album von Morrissey erscheinen, in der ersten Vorabsingle sperrt der Meister schon ganz plakativ die restliche Welt draußen aus. Fenster zu, Jalousien runter. Alle Schlösser abgeschlossen, die Schlüssel weggeschmissen.

„Spent the Day in Bed“ heißt dieses Lied, und um genau diese kleine Geste, über die jeder Mensch jeden Tag nachdenkt, geht es. Freilich dann nicht bloß - schon auch, aber eben nicht nur - hinsichtlich des eigenen Müßiggangs und der absolut richtigen Bequemlichkeit gedacht, sondern auch in Bezug auf größere Zusammenhänge und Systeme.

Sollen doch alle anderen dem Tagwerk nachgehen und die Maschine am Laufen halten. Leistung - das Wort macht unwohl. Ich dreh mich noch einmal um. Decke ist gut.

Und weil es Morrissey ist, der hier singt, schlägt er im Vorbeigehen die Brücke vom Privaten ins Politische: „As the workers stay enslaved, I spent the day in bed“, singt er da. Die persönliche Faulheit ist hier Akt des Widerstands.

Klarerweise ist Partizipation wichtig, Rebellion, aktives Tun nötig, für und gegen dieses und jenes. Morrissey feiert hier jedoch den selbstgewählten Rückzug, die Verweigerung als Heiligtum, als Zeichen des Widerstands: „And no bus, no boss, no rain, no train“, so heißt es im Outro des Songs. Vielleicht wollen wir in diesem Lied Signale hören, vielleicht waren wir bloß müde und erledigt.

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