FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Douglas Hoyos von den NEOS

Irmi Wutscher/FM4

FM4 Parteitage

Douglas Hoyos von den NEOS

Wegen überfüllter Hörsäle auf der WU ist Douglas Hoyos zu den Jungen Liberalen gekommen. Heute ist er Bundesvorstand der JUNOS, kandidiert auf Platz 7 der NEOS-Bundesliste. Im Interview spricht er über individuelle Freiheit, wie die Frühpädagogik verbessert werden soll und darüber, was die NEOS gegen die Kammern haben.

Von Irmi Wutscher

Douglas Hoyos und ich treffen uns im JUNOS-Lokal in der Neustiftgasse im 7. Bezirk. Vorne werden eifrig Wahlkampf-Gadgets gebastelt, mehrere Rosa Aufblas-Flamingos hängen von der Decke und rosa ist auch sonst die dominierende Farbe – von T-shirts bis Stoffsackerl die es hier gibt.

  • Douglas Hoyos, geboren am 8. September 1990 in Klagenfurt
  • Matura 2009 am Bundesrealgymnasium in Horn
  • Seit 2010 studiert er an der Wirtschaftsuniversität Wien Betriebswirtschaft.
  • Seit 2012 bei den Jungen Liberalen (JuLis), die später die JUNOS wurden, die Studierenden- und Jugendfraktion der NEOS

Die NEOS sind bei der letzten Nationalratswahl 2013 zum ersten Mal ins Parlament eingezogen, mit 5 Prozent der Stimmen. Am erfolgreichsten waren sie damals bei Frauen unter 30 und bei Selbstständigen. Bei der EU Wahl 2014 erreichten sie schon 8,14 Prozent. In Umfragen kommen sie derzeit auf 4 bis 6 Prozent.

Die NEOS bezeichnen sich selbst als liberal – von politischen GegnerInnen werden sie gerne als neoliberal bezeichnet. NEOS-Chef Matthias Strolz schreibt sich das Thema Bildung auf die Fahnen. „Flügel heben“ ist sein – nun ja – geflügeltes Stichwort seit den letzten Wahlen und jetzt wieder – spiegelverkehrt – auf den Wahlplakaten der NEOS zu lesen. Ansonsten versuchen die NEOS mit kleineren VIPs im Gespräch zu bleiben – die ehemalige Opernballveranstalterin Lotte Tobisch ist als Teil eines „Chancenkomitees“ ebenso dabei wie die ehemalige unabhängigen Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss auf Platz Zwei der Bundesliste.

Neben dem Bildungsthema sind die NEOS im Wahlkampf vor allem damit aufgefallen, dass sie die Pflichtmitgliedschaft in Kammern abschaffen und das Pensionssystem reformieren wollen. Außerdem wollen sie Lehrer besser bezahlen, sind Pro-EU und um Flüchtlingsströme aufzuhalten, wollen sie Städtepartnerschaften mit Afrika eingehen.

Douglas Hoyos kandidiert auf der Bundesliste der NEOS auf Platz Sieben, in Niederösterreich auf Platz zwei. Im Interview spricht er über seinen persönlichen Zugang zu Politik und was er gegen die Kammern hat.

Warum bist du in der Politik? Was hat dich dazu gebracht, dich zu engagieren?

Ich habe schon in der Schulzeit begonnen, mich für Politik zu interessieren. Ich habe mir verschiedene Sachen angeschaut und war auch schon während der Schulzeit im Waldviertel aktiv. Dann bin ich nach Wien gekommen, um zu studieren. Da sind mir die Julis aufgefallen, durch die Plakate. Da ist es um Studiengebühren gegangen, was ich damals als sehr wichtig empfunden habe, weil ich Erstsemester war, es gab schlechte Verhältnisse auf der WU, ich habe keine Plätze bekommen … Ich habe begonnen, mich bei den JULIS zu engagieren und dann ist es eigentlich sehr viel schneller gegangen, als ich gedacht hätte. Wir haben dann die NEOS mitgegründet. Es ist eher passiert, als gewünscht gewesen. Aber ich bin sehr glücklich, weil ich jetzt die Möglichkeit habe, etwas zu verändern, etwas zu gestalten. Das ist ja das, was junge Menschen oft fasziniert an der Politik und warum man das machen will.

Wie sieht der typische NEOS-Wähler aus?

Andere fragen vielleicht Meinungsforscher, wir haben direkt auf den Straßen gefragt: Wie darf man sich den Dresscode des typischen NEOS-Wählers, der typischen NEOS-Wählerin eigentlich vorstellen? Das Ergebnis hat sich FM4 Reporter Christoph Sepin gleich selbst angezogen.

Du sagst, du hast schon in der Schule begonnen, dich für Politik zu interessieren: Hat dich da jemand zu einem Treffen mitgeschleppt oder bist du selber drauf aufmerksam geworden?

Das ist, glaube ich, durch meine Eltern entstanden. Wir waren ein politischer Haushalt, haben immer Zeit im Bild geschaut. Meine Eltern waren politisch interessiert, aber nicht parteipolitisch. Mein Großvater war noch ein bisschen aktiver in verschiedenen Vereinen, meine Eltern gar nicht. Dann sind die Dinge eher von mir selber aus entstanden. Da war viel Eigeninitiative dabei.

Bist du in deiner Familie der einzige, der sich parteipolitisch engagiert? Oder gibt es jetzt jüngere Geschwister, die da nachfolgen?

Alle sind motiviert und engagiert. Über Facebook wird natürlich was geteilt, so low-level-campaigning. Meine Geschwister sind auch mittlerweile JUNOS-Mitglieder, weil sie mich unterstützen wollen. Aber nicht aktiv, dass sie irgendwo kandidieren.

Du warst vorher bei der JVP – in einem Interview sagst du sinngemäß, weil das am Land in Niederösterreich so ist und es wenige Alternativen gibt. Wie unterscheidet sich denn die Junge ÖVP von den JUNOS?

Man kann die zwei Dinge nicht vergleichen, das muss man vorweg sagen. Ich war damals auf der Suche und war bei der Jungen ÖVP eine gewisse Zeitlang mehr oder weniger aktiv. Aber mir ist sehr schnell klargeworden, dass das zu sehr System ist. Es ist ganz klassisch hierarchisch. Es gibt Bezirksverbände, Ortsverbände, Landesverbände usw. Es ist das wichtigste, dass man Obmannstellvertreter wird, sonst hört einem gar niemand zu. Das ist der Unterschied, dass wir [bei den NEOS Anm.] eine ganz offene Organisation sind. Bei uns gibt es kein Delegiertensystem, bei uns kann einfach jeder kommen und mitmachen. Das ist das, was uns meiner Meinung nach ein Stück besser und moderner macht. Ich finde, die JVP steht für ein altes Politiksystem, wo es um Postenschacherei und ähnliche Dinge geht. Bei uns geht es um das Verändern unseres Landes. Da ist es ziemlich egal, ob man ganz kurz dabei ist, oder nicht. Wir haben ganz viele Neumitglieder, die Verantwortung übernehmen, Aktivitäten planen können. Das wäre dort gar nicht möglich gewesen.

Douglas Hoyos von den NEOS

Irmi Wutscher/FM4

Große Aufmerksamkeit haben die JUNOS 2014 bekommen mit einem Vorschlag alle Drogen zu legalisieren. Ist das heute noch Teil eures politischen Konzepts?

Das Thema, um das es hier geht, ist, dass wir in Österreich einen schlechten Umgang mit dem Thema Drogen haben. Wir wollen und müssen da immer wieder Diskussionsstoff bringen, um diese Themen auf die Tagesordnung zu bringen. Das gelingt mal besser, mal schlechter und dafür muss man manchmal mit radikalen Vorschlägen kommen, um Themen zur Sprache zu bringen. Im konkreten Fall wäre wichtig, dass wir endlich einen nationalen Suchtplan haben, das ist momentan nicht der Fall, jedes Bundesland entscheidet selber. Das, was wir momentan machen, ist die Augen zu verschließen und Leute ins Kriminal zu drängen, das halte ich für katastrophal und langfristig gefährlich für die Gesellschaft.

Seid ihr in anderen Positionen außer Drogen radikaler als die Mutterpartei NEOS? Oder sind die Positionen sonst eher nah beieinander?

Wir sind grundsätzlich sehr eng, aus einem historischen Grund: Die JULIS gab es ja schon vor den NEOS und wir haben die NEOS mitgegründet, dadurch ist das Programm gemeinsam entstanden und viele Punkte, die uns wichtig sind, sind da auch drin. Das wichtigste ist uns, dass die Eigenverantwortung vorne steht, die Freiheit des Einzelnen.

Die FM4 Parteitage

Mit den FM4 Parteitagen liefern wir Entscheidungshilfen für all diejenigen, die noch immer nicht wissen, wen sie bei den Nationalratswahlen am 15. Oktober wählen sollen.

In fünf ausführlichen Sendungen in der FM4 Homebase bringen wir euch die Parlamentsparteien und deren Positionen im Wahlkampf näher.

Die FM4 Politik-Erziehung bereitet in aller Kürze die Facts zu den Parteien auf. Wir besuchen die Jugendorganisationen der Parteien im Wahlkampf, am Stammtisch oder im Parteilokal. Wir führen ausführliche Interviews mit den jungen Kandidaten der Parteien, die an wählbaren Plätzen auf den Bundeslisten kandidieren und Politikwissenschafterin Petra Bernhardt von der Uni Wien analysiert mit uns Plakate, Social Media Postings und Imagevideos der Parteien.

Alle Termine für die FM4 Parteitage

  • 2. Oktober (Montag): Die Grünen
  • 4. Oktober (Mittwoch): NEOS
  • 5. Oktober (Donnerstag): ÖVP
  • 9. Oktober (Montag): FPÖ
  • 11. Oktober (Mittwoch): SPÖ

jeweils in der FM4 Homebase (19-22:00)

Wie stellst du dir den/die idealen Wähler_in der NEOS vor? Anders gefragt: wer ist eure Zielgruppe?

Ich such mir ja nicht den Wähler aus, sondern der Wähler sucht sich uns aus. Ich glaube, wir sprechen Menschen an, die das System einfach satt haben, diesen Filz, der sich über alles drübergelegt hat. Leute, die Veränderung wollen, die gleichzeitig einen großen Hang zur Freiheit haben. Die sagen: jeder soll sich individuell verwirklichen können und etwas schaffen können - auch das ist etwas, was in unserem Land verloren gegangen ist. Ich glaube das sind Wähler und Wählerinnen, für die wir ein sehr gutes Angebot sind.

Gegen das System und den Filz haben wir jetzt aber auch: Düringer/Liste GILT, Peter Pilz, die FPÖ. Eigentlich auch die neue ÖVP/Liste Kurz. Da muss es doch noch mehr Unterscheidung geben?

Das ist das Absurdeste, dass die ÖVP/Liste Kurz plötzlich Anti-System ist. Es geht ja nicht alleine darum, Anti-System zu sein. Sondern auch darum, Vorschläge zu bringen. Strache z.b. ist sicher jemand, der immer wieder Probleme aufgezeigt hat, aber er bringt keine Lösungen. Das machen wir, glaube ich, schon anders. Man kann von den Vorschlägen halten, was man mag, aber wir haben den Drang, eine Alternative aufzuzeigen. Im Bereich Bildung z.B. Die Bildungsreform wäre nicht ohne uns entstanden.

Ein Vorwurf euch gegenüber ist, ihr seid eine neoliberale Reichen-Partei – bei der Nationalratswahl 2013 habt ihr am schlechtesten abgeschnitten unter den Arbeiter_innen. Was könnt ihr diesen Wählerschichten bieten?

Wir sind eine Partei, die die Chancen groß machen will. Da ist Bildung ein ganz großes Thema. Wir müssen schon im Kindergartenalter beginnen, Leute aufs Leben vorzubereiten und ihre Talente zu fördern. Jetzt schicken wir alle durch eine Einheitsmaschinerie und schauen, dass am Ende möglichst ordentliche Bürgerinnen und Bürger rauskommen. Ich glaube, wir müssen schauen, dass hier mehr Kreativität ist. Wo man das einzelne Individuum fördert und seine Talente herausstreicht und in den Fokus stellt.

Wie soll das für jemand aus einer bildungsferneren Schicht funktionieren? Und andere Kinder bekommen wahrscheinlich ihr Talente ohnehin schon gefördert?

Genau deswegen müssen wir im Kindergarten, in der Frühpädagogik ansetzen. Weil wir da den Menschen aus bildungsferneren Schichten aufzeigen können, was sie aus ihrem Leben machen können, wenn sie sich fortbilden, gewisse Dinge tun. Wir dürfen eben nicht in diese Zweiklassengesellschaft kommen.

Eine soziale Maßnahme wie Gratiskindergarten wäre also in eurem Sinne?

Ich halte es für wichtig, dass man da investiert, da müssen wir die KindergartenpädagogInnen auch besser ausbilden. Denen von Anfang an auch Handwerkszeug in die Hand geben. Die müssen wir aufwerten, besser bezahlen. Natürlich sind das Maßnahmen, die relevant und wichtig sind.

Die wären ja eine von den Gruppen, die von einem gesetzlichen Mindestlohn profitieren würden. Wie steht ihr zu einem gesetzlichen Mindestlohn?

Das halte ich für die falsche Maßnahme, ich glaube, dass man gerade da auf bessere Ausbildung setzen muss. Und natürlich dann auch das Gehalt erhöhen. Aber ich glaube, ein gesetzlicher Mindestlohn benachteiligt genau solche Zielgruppen, die dann vielleicht nicht Vollzeit arbeiten. Da sehen wir aus anderen Ländern, dass es da Gegen-Effekte gibt, weil die Arbeitslosigkeit steigt. Das ist nicht sinnvoll so etwas umzusetzen.

Aber das wäre wenigstens ein abgesicherter Rahmen – gerade die Frühpädagogik ist ja extrem schlecht bezahlt und gleichzeitig sehr herausfordernd.

Genau deswegen: in Ausbildung investieren und natürlich besser bezahlen. Aber nicht über einen gesetzlichen Mindestlohn, der über alles drübergestülpt wird. Diese Zielgruppe muss gefördert werden, das unterschreibe ich zu hundert Prozent. Dementsprechend Ausbildung und bessere Bezahlung. Aber dafür brauche ich keinen einheitlichen Mindestlohn.

Wer legt dann die bessere Bezahlung fest oder wo kommt die her?

Natürlich muss der Staat in diesem Segment die Bezahlung auch… - wenn wir aber über einen einheitlichen Mindestlohn reden dann reden wir über alle ArbeitnehmerInnen und das halte ich für sinnlos. Weil es da viele Spezifika gibt, die man beachten muss. Aber ja, Frühpädagoginnen müssen besser bezahlt werden.

Ein Mittel um bessere Bezahlung durchzusetzen – oder auch bessere Arbeitsbedingungen - sind Kammern. Ihr, die NEOS, wollt jetzt die Pflichtmitgliedschaft bei Wirtschafts- und Arbeiterkammer abschaffen.

Die Arbeiterkammer ist für mich eine schlechte Vertretung, ich weiß gar nicht was die macht. Und wir sehen, dass Vertretungen mit freiwilliger Mitgliedschaft mehr Einfluss haben. Wir schaffen ja nicht die Arbeiter- oder die Wirtschaftskammer ab, sondern die „Zwangsmitgliedschaft“. Viele wissen gar nicht, dass sie dort Mitglied sind. Jeder soll selber darüber entscheiden können.

Sind nicht auch gerade diese Kammern und die Sozialpartnerschaft für den Sozialen Zusammenhalt in Österreich notwendig - den wir so noch haben und der Österreich auch durch die Wirtschaftskrise gebracht hat?

Historisch war das wichtig, da ist auch sehr viel gut gegangen, gerade im Wiederaufbau. Wir müssen aber auch sehen, dass dieses System ein Ende hat und an diesem Ende angekommen ist. Wir sehen, dass gerade auch die zwei Kammern viele wichtige Reformen in Österreich blockieren. Wir brauchen eine offene, dynamische Politik, wo wir den Bürger wieder mehr in den Mittelpunkt stellen und nicht irgendwelche Kämmerer.

Was ist dein Tipp, was holen die NEOS am 15. Oktober?

Das ist schwer mit diesen Tipps. Ich glaube, dass wir klar einziehen, und auch gut dazugewinnen werden. Und ich glaube, dass sich dann die Frage stellen wird, was sind mögliche Koalitionen. Ich hoffe, dass wir ein so starkes Votum bekommen, dass wir in einer guten Verhandlungsposition sind.

Das heißt ihr würdet gerne mitregieren? Welche Koalitionen wären da denkbar?

Das muss man nach der Wahl diskutieren und sich Ergebnisse anschauen. Wir haben uns gegründet, um etwas zu verändern. Das heißt nicht, jahrzehntelang in Opposition zu sein und nur herum zu schimpfen, sondern auch zu gestalten. Das ist ein Wunsch von mir – aber sicher nicht um jeden Preis! Wir müssen auch aufpassen, dass wir nicht in eine Koalition kippen, wo da gar nichts weitergeht. Sondern wir müssen schauen, dass sich wirklich etwas verändert. Dann bin ich sehr offen für eine Koalition.

Aktuell: