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Ryan Gosling in "Blade Runner 2045"

Warner

Filmflimmern

„Blade Runner 2045“ rettet den schlechten Ruf des Sequels. Außerdem neu im Kino: „Happy End“, „Eine fantastische Frau“, „Das unmögliche Bild“. Und wir verlosen Karten für „Dirty Dancing“ im Gartenbaukino und freuen uns auf jede Menge Biopics.

Von Pia Reiser

Blade Runner 2049

1982 tauchte Ridley Scott den Film Noir in das kühle Neonlicht des Science Fiction, ließ sich von Edward Hopper, der Frisur von Joan Crawford in „Mildred Pierce“, Comics und Futurismus inspirieren und kreierte mit „Blade Runner“ quasi die Blaupause für eine urbane Dystopie. Das „Metropolis“ der damals noch jungen Blockbuster-Ära Hollywoods. Jetzt nimmt uns der grandiose Regisseur Denis Villeneuve mit ins Jahr 2049 und das Los Angeles des „Blade Runner“-Universums hat wenig mit der „City of Stars“ zu tun, die Gosling in „La La Land“ besungen hat. Diesmal muss Gosling als Replikanten-Cop K nicht bloß Jazz retten, sondern die gesamte Menschheit, zu Hilfe kommt ihm Harrison Ford als Rick Deckard. Die eigentliche Hauptrolle aber hat das Produktionsdesign und „Blade Runner 2049“ rettet auch den schlechten Ruf des Sequels - außerdem trägt Gosling ein Nasenpflaster wie Jack Nicholson in „Chinatown“. Christian Fuchs ist begeistert und vergibt 9 von 10 künstlichen Emotionen.

Happy End

Ein Michael Haneke Film namens „Happy End“ ist wie ein Wes Anderson Film, der „Die Dinge, die ich am meisten hasse sind Symmetrie und Mid-Century-Design“ heißt, ein Film, den ich übrigens lieber sehen würde als „Happy End“. Haneke, Maestro des Feel-Bad-Cinemas und mitverantwortlich für den guten Ruf des österreichischen Films im Ausland als Quell des nihilistischen Arthaus, hat seine Allstars Isabelle Huppert und Jean-Louis-Trintignant um sich gesammelt, mit Matthieu Kassovitz und Toby Jones ergänzt und lässt sie in „Happy End“ eine französische Bau-Unternehmerfamilie spielen, anhand der er sich am Bürgertum an sich und an großen Themen wie Schuld und Unterdrückung abarbeitet. Petra Erdmann verleiht „Happy End“ 8 von 10 Abgründen, ich bin immer noch ein bisschen enttäuscht, dass Haneke seinen geplanten Film „Flashmob“, der lange als ein Film über das Internet angekündigt wurde, nicht gedreht hat. Kann man ja eventuell heute nachfragen, was daraus geworden ist - bei der „Masterclass mit Michael Haneke“ im Filmmuseum in Wien.

Familie sitzt um einen Tisch, Szenenbild aus "Happy End"

Filmladen

Erst jetzt erfuhren sie, dass nach dem Dessert ein „Funny Games“-Double Feature am Programm stand

Eine fantastische Frau

Orlando und Marina lieben sich, das macht Sebastian Lelios „Eine fantastische Frau“ mit nur wenigen Szenen klar. Ein älterer Herr, eine junge Frau, ein Abendessen, ein Geburtstagsständchen und die Aussicht, gemeinsam einen Ausflug zu einem Wasserfall zu machen. In dieser Nacht stirbt Orlando an einem Aneurysma und Marinas Glück verschwindet. Und zu ihrer Trauer kommt nun die Anfeindung von Orlandos Familie hinzu; Marina ist eine Transgender Frau.

Der Film gehört Daniela Vega, man munkelt seit der Film auf der Berlinale ausgezeichnet wurde, von einer Oscar-Nominierung. „Eine fantastische Frau“ klebt an Vegas Gesicht, wie sie durch die Straßen von Santiago de Chile läuft, wie sie ungläubig Orlandos Familie trotzt, die sie beschimpft und bedroht. Der Film ist keine Leidensgeschichte, sondern im Grunde beschwört er die fast schon klassische Arthaus-Außenseiter-Formel, die ihre Kraft hier nicht nur aus Lelios Inszenierung und Vegas Spiel zieht, sondern auch aus der Situation von Transgender-Personen in Lateinamerika; seit 2015 ermöglicht ein Gerichtsbeschluss Psychologen in Brasilien, Homosexualität als Krankheit zu behandeln. Und Transgender-Personen haben nicht nur mit Anfeindungen und fehlender Akzeptanz zu kämpfen; gewalttätige Angriffe und Morde an - nicht nur Transgender Personen sondern allen Mitgliedern der LGBT-Community - sind alles andere als ein Einzelfall. Brasilien zum Beispiel verzeichnete bereits in den ersten Monaten dieses Jahres 25 Morde an Transvestiten und Transsexuellen. In Chile gab es die Anordnung des Bildungsministeriums, dass Schulen die sexuelle Orientierung aller Kinder zu tolerieren haben. Rechte katholische Gruppierungen demonstrieren auf der Straße gegen mehr Rechte für Homosexuelle und Transgender Personen. Die Realität verschafft Lelios Film und seiner grandiosen Hauptfigur noch mehr Wucht. Wir verleihen „Eine fantastische Frau“ 7 von 10 entschlossenen Blicken.

Daniela Vega in "Eine fantastische Frau"

Polyfilm

Das unmögliche Bild

Eine Kindheit in Wien in den 1950er Jahren, festgehalten auf Super 8. Spielen auf der Gänseblümchenwiese, Geburtstagskuchen, Fasching, eine Oma mit einem geflochtenen Haarknoten, Kaffekränzchen. Grundbausteine einer (österreichischen) Kindheit.

Sandra Wollner inszeniert mit „Das unmögliche Bild“ die Geschichte einer Familie in der herrlichen Farbigkeit und Verschwommenheit eines Super-Acht-Films, quasi eine wunderbare Direct Cinema-Mogelpackung, weil die Fragmente dieses Familienalltags kein Found Footage sondern exzellent ausgestattetes, neues Material ist. Die 13-jährige Johanna wirft einen Blick auf das, was sie umgibt, bis sich - nach einer wunderbaren Kamerafahrt, der Blick auf sie richtet. Ohne falsche Nostalgie wirft Wollner einen Blick zurück in die 50er Jahre, auf Gesundheitspolitik und weibliche Solitarität und stellt mittels Johannas Stimme aus dem Off die gezeigten Bilder in Frage. Sich etwas vorzustellen ist eh das gleiche, wie sich zu erinnern so Johanna, oder Die Erinnerung ist so unzuverlässig, dass man manchmal meinen könnte, es wär die Zukunft. Und wenn die Mädchen im Nachthemd zwischen Spitzenvorhang und schweren Teppichen spielen, dann weht ein Hauch von „The Virgin Suicides“ durch den Film. „Das unmögliche Bild“ läuft noch bis 13.10, 2017 im Metrokino Kulturhaus in Wien.

Drei Mädchen in Nachthemden, Szenenbild aus "Das unmögliche Bild"

Filmarchiv Austria

Close Encounters of the Third Kind

Während George Lucas den „Krieg der Sterne“ inszenierte und Ridley Scott auf düsteren Sci-Fi in den Blockbuster Jahren der späten 1970er bzw frühen 1980er Jahre setzte, wurde Steven Spielberg zum Meister des Kino des Staunens, schon einige Jahre vor „E.T“ zeigt Spielberg vor, dass man sich vor Aliens nicht fürchten muss. Besetzt Francois Truffaut als Wissenschafter und lässt Richard Dreyfuss Berge aus Kartoffelpüree schaufeln. Und das alles wohl wegen einer Begegnung der dritten Art. Zum 40. Geburtstag des larger than life optimistischen Films zeigt das Gartenbaukino in Wien „Close Encounters of the third kind“ von 6.-11. Oktober.

Still aus "Unheimliche Begegenung der dritten Art", kleines Kind öffnet die Haustür, dahinter helles Licht

Sony Pictures Home Entertainment

Strahler 80: Dirty Dancing

Haben wir nicht grade den 25. Geburtstag von „Dirty Dancing“ gefeiert? Nun, auch fünf Jahre später schaut der Film immer noch spitze aus und nach den Jahren der Belächelung als Mädchenfilm und Schmonzette hat knapp vor dem 25. Geburtstag die Ent-guiltypleasureisierung des Films um Baby, Johnny, Wassermelonen, Abtreibung und Mambo eingesetzt. Ich habs schonmal gesagt, aber ich sags nochmal: Zwar spielt „Dirty Dancing“ im Sommer 1963, doch noch nie haben die 1960er Jahre so stark nach 1980er Jahren ausgesehen. Von blondgefärbten Haaren und dunklem Ansatz zu goldenen Glitzergürteln, Tank Tops, Dauerwelle und nicht zuletzt der Titelschrift in Pink und dem Titelsong. „Dirty Dancing“ ist alles andere als penibel recherchierte Retro-Nostalgie. Zwar ist Kostümdesign immer auch von der Zeit beeinflusst, zu der es entsteht, „Dirty Dancing“ hat aber eine völlig eigene Kostümwelt kreiert, ist deswegen irgendwie zeitlos und altert so hervorragend. Wer also die Umdrehung des männlichen Blicks, „Coming of Age“, die legendäre Wasserhebefigur und das Kniegewackel zu „Do you love me“ auf großer Leinwand sehen will (Termine siehe unten), der hat wahrscheinlich eh schon Karten.

Zwei Frauen tanzen, ein Mann sitzt am Boden, Szenenbild aus "Dirty Dancing"

Concorde

Tickets zu gewinnen!
Die Vorstellung am 7. 10 im Gartenbaukino ist bereits ausverkauft, aber nobody puts our babies in the corner und deswegen haben wir 2x2 Tickets für diese Vorstellung für euch. Wer an der Verlosung teilnehmen will, muss nur die folgende Frage richtig beantworten: Welches Lied ertönt zu Beginn des Films als Baby mit ihrer Familie in den Urlaub fährt?

Die richtige Antwort und euren ganzen Namen schickt bitte an game.fm4@orf.at.

Einsendeschluss ist der 6. Oktober, 11 Uhr.

Außerdem

Das „Flatliners“-Remake soll so fürchterlich sein, dass man fast Lust bekommt, es sich anzusehen. „The Future is Female“ wissen jetzt eh alle, dank des hübschen T-Shirts, dass auch die Vergangenheit weiblich ist, da helfen jetzt ein paar Biopics bei der Aufklärung. Filme über Gloria Steinem, Rosa Parks und Victria Woodhull sind in Vorbereitung, außerdem spielt Emma Stone in „Battle of the Sexes“ als legendäre Billie Jean King Tennis gegen Steve Carell als Bobby Riggs - und Diane Kruger wird Diva und Erfinderin Hedy Lamarr in einer Miniseries spielen.

Jared Leto wird in einen Morgenmantel schlüpfen und Hugh Hefner spielen. Na, wir wollten schon anrufen.

Richard Ayoade („The IT Crowd“) hat ein Buch geschrieben, das grandios klingt. Der Weg der deutschen Bestseller-Verfilmung führt über die Bühne, „Panikherz“ wird im März 2018 am Thalia-Theater in Hamburg uraufgeführt, die Verfilmung kann nicht mehr allzu weit sein. Und wer immer schon mal wissen wollte, warum die Verfilmung von Philip K. Dicks „Do Androids dream of electric sheep“ „Blade Runner“ heißt, kann das hier nachlesen.

Termine

5.10: Dirty Dancing, Haydn Kino, Wien
7.10: Back to the Fatherland, Votivkino
7.10/8.10: Strahler 80: Dirty Dancing, Gartenbaukino, Wien
7.10: Close Encounters of the third kind, Gartenbaukino, Wien
7.10: Lange Nacht der Museen, Filmmuseum, Wien
8.10: Far From Heaven, Filmmuseum, Wien
8.10: Velvet Goldmine, Filmmuseum, Wien
4.-13.10: Das unmögliche Bild, FIlmarchiv, Wien
11.10: Blood Simple, Filmcasino, Wien
1.-10.10: Jüdisches Filmfestival, Wien

In diesem Sinne: „More human than human“ is our motto. („Blade Runner“)

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