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Elisabeth Feichtinger in Tracht

Ott/Elisabeth Feichtinger

FM4 Parteitage

Vom Bürgermeistersessel in den Nationalrat

Elisabeth Feichtinger ist die erste sozialdemokratische Bürgermeisterin von Altmünster und zieht mit großer Wahrscheinlichkeit bald in den Nationalrat ein. Im Interview spricht sie über ihren Weg von der Gemeindepolitik auf die große politische Bühne und verrät, wieso sie eine „untypische Sozialdemokratin“ ist.

Von Ali Cem Deniz

Unter den ersten zehn KandidatInnen auf der SPÖ-Bundesliste für die Nationialratswahlen sind prominente Namen wie Doris Bures, Thomas Drozda, Muna Duzdar, und dann steht da auch Elisabeth Feichtinger. Die 30-Jährige wurde vor zwei Jahren zur Bürgermeisterin ihres Heimatorts Altmünster gewählt – als erste Sozialdemokratin überhaupt. Dass sie jetzt auf einem aussichtsreichen Ticket für den Nationalrat sitzt, kam aber auch für sie selbst überraschend.

Ali Cem Deniz: Ihr Name kam für viele Ausstehende überraschend auf der Bundesliste, vor allem auf diesem Platz - auf Platz 10 - wie hat sich das ergeben?

Elisabeth Feichtinger: Natürlich ist es überraschend, wenn der Chef höchstpersönlich anruft, also ich hab das zuerst gar nicht realisiert. Ich habe ursprünglich geglaubt es ist ein Bürger, der sich meldet und ein Anliegen hat. Erst im Laufe des Gesprächs ist mir bewusst geworden, dass ich hier mit dem Bundeskanzler spreche und es freut mich natürlich, wenn er aufmerksam wird auf das Engagement von Leuten und wir haben ganz viele tolle Personen auf der Liste, die ihm zeigen was es heißt, Sozialdemokraten zu sein. Und ich finde es schön auch ein Teil davon zu sein.

  • Elisabeth Feichtinger, geboren 1987 in Altmünster
  • 2009 - 2015 Gemeinderätin Altmünster
  • 2014 - 2015 Vizebürgermeisterin Altmünster
  • 2015 Volksschule-, Sonder- und Religionslehrerin in St. Georgen im Attergau
  • Seit Oktober 2015 Oberbürgermeisterin von Altmünster

Jetzt erleben wir ja einen sehr intensiven Wahlkampf - wie ist das für Sie? Gibt es da Ähnlichkeiten zu dem Wahlkampf vor zwei Jahren, wo Sie als Bürgermeisterin angetreten sind?

Ich bin viel in Kontakt mit den Menschen, nach wie vor. Plakate und Wahlwerbung gehören natürlich auch dazu, aber das Wichtigste ist der menschliche Kontakt. Und hier bin ich auch unterwegs im ganzen Bezirk und in ganz Österreich mit Christian Kern.

Ich habe zum Beispiel eine Aktion „Sie kochen den Kaffee - ich bringe den Kuchen“ im ganzen Bezirk organisiert, hier haben sich auch einige Menschen gemeldet um auch hier über ihre Sorgen, Ängste und Nöte zu sprechen - und ihre Wünsche natürlich.

Weiters habe ich einen Brief ausgeschickt, wo ich die BürgerInnen von Altmünster aufgefordert habe, mir ihre Wünsche zu sagen und die ich mitnehmen kann in den Nationalrat, wenn ich es hinein schaffe.

Mir ist dieser aktive Kontakt mit den Bürgern wichtig, in dem die Bürger zeigen können, was Ihnen wirklich wichtig ist.

Gibt es jetzt ein anderes Verhältnis zu den BürgerInnen, jetzt wo Sie eine potenzielle Abgeordnete sind im Nationalrat?

(Lacht) Das ist eine lustige Frage. Ggrundsätzlich sagen Sie immer: „Gell, aber du bleibst die Elisabeth und wir sagen jetzt nicht Nationalratsabgeordnete zu dir“ und ich sage dann: „Das ist überhaupt kein Thema. Ich bin und bleibe die Elisabeth“, und ich sage auch immer „Ich bin und bleibe die Arbeiterin für die Menschen.“ Es ist egal wer, wo oder wie ich bin, ich bleibe so wie ich bin. Und das macht auch alleine meine Wurzeln, meine Familie, mein Freundeskreis, mein Mann natürlich, aus.
Ich habe ein tolles Team das hinter mir steht und das hält einen am Boden und das ist das Wichtigste.

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Wie sieht der typische SPÖ-Wähler aus?

Andere fragen vielleicht Meinungsforscher, wir haben direkt auf den Straßen gefragt: Wie darf man sich den Dresscode des typischen SPÖ-Wählers, der typischen SPÖ-Wählerin eigentlich vorstellen? Das Ergebnis hat sich FM4 Reporter Christoph Sepin gleich selbst angezogen.

Sie sind ja schon relativ lange in der Politik - mit 21 Jahren waren Sie Gemeinderätin - wie ist es dazu gekommen?

Es ist immer mehr der Fall gewesen, dass Freunde von mir weggezogen sind, weil sie einfach keine Wohnung oder Baugrund in unserer Nähe gefunden haben, den sie sich leisten konnten und aufgrund dessen habe ich gesagt, nur jammern ist zu wenig, man muss schon etwas tun. Deshalb habe ich mich dann politisch engagiert und bin in den Gemeinderat eingetreten mit 21, habe dort auch meine ersten Erfahrungen in der Politik gemacht.

2014 wurde ich gefragt ob ich das Amt der Vize-Bürgermeisterin übernehmen möchte und habe dann gesagt, gerne, unter meinen Prämissen und das Team ist total hinter mir gestanden und wir sind gelaufen und haben es geschafft, 2015 den Bürgermeistersessel sowie auch zwei Mandate dazu zu gewinnen.
Das ist ein tolles Gefühl und es hat sich auch gelohnt.

Sie sind jetzt die erste sozialdemokratische Bürgermeisterin in Altmünster in der 2. Republik. Wieso sind Sie zur SPÖ gegangen, wäre es nicht klüger gewesen damals zur ÖVP zu gehen?

Es wäre bestimmt einfacher, zur ÖVP zu gehen, aber das war für mich nie Thema.
Ich habe mit zwölf Jahren den ersten Kontakt mit der Sozialdemokratie gehabt, indem ich den Namen Bruno Kreisky gelesen habe. Ich habe mir dann zu Weihnachten ein Buch über Kreisky von meinem Vater gewünscht und habe mich da reingelesen und war unglaublich begeistert von dieser Person.

Mit 14 habe ich mir alle Parteiprogramme zuschicken lassen und habe einfach mein Herz bei der Sozialdemokratie gefunden, die Werte, die Inhalte.... und sukzessive habe ich mir einfach dann gedacht, wenn, dann die Sozialdemokratie.

Ich habe aber sehr viele ländliche Strukturen und Hobbys, Holzarbeiten, Motorsägen-Schnitzen, ich bin bei der Landjugend dabei... Für mich schließt das eine das Andere nicht aus.

Ich gehe sehr gerne in die Kirche, ich bin sehr gläubig - und ich sage immer, diese Vielfältigkeit ist sehr wichtig an den Personen.

Also es gibt nicht mehr diese bestimmten Rollen wie man es von früher kennt, dass man halt zum Beispiel als Sozialdemokrat nicht in die Kirche geht, oder dass man da nicht bei der Landjugend ist. Ich will einfach auch diese Rollenbilder ein bisschen aufbrechen und das ist auch gut so.

Die FM4 Parteitage

Mit den FM4 Parteitagen liefern wir Entscheidungshilfen für all diejenigen, die noch immer nicht wissen, wen sie bei den Nationalratswahlen am 15. Oktober wählen sollen.

In fünf ausführlichen Sendungen in der FM4 Homebase bringen wir euch die Parlamentsparteien und deren Positionen im Wahlkampf näher.

Die FM4 Politik-Erziehung bereitet in aller Kürze die Facts zu den Parteien auf. Wir besuchen die Jugendorganisationen der Parteien im Wahlkampf, am Stammtisch oder im Parteilokal. Wir führen ausführliche Interviews mit den jungen Kandidaten der Parteien, die an wählbaren Plätzen auf den Bundeslisten kandidieren und Politikwissenschafterin Petra Bernhardt von der Uni Wien analysiert mit uns Plakate, Social Media Postings und Imagevideos der Parteien.

Alle Termine für die FM4 Parteitage

  • 2. Oktober (Montag): Die Grünen
  • 4. Oktober (Mittwoch): NEOS
  • 5. Oktober (Donnerstag): ÖVP
  • 9. Oktober (Montag): FPÖ
  • 11. Oktober (Mittwoch): SPÖ

jeweils in der FM4 Homebase (19-22:00)

Bevor Sie Bürgermeisterin geworden sind waren sie 2 Monate Lehrerin! Welche Fächer waren das eigentlich?

Ich bin Sonderschul-, Volksschul- und Religionslehrerin und ich habe eigentlich in der neuen Mittelschule alle Fächer unterrichtet, weil ich eben als Integrationslehrerin tätig war. Es war eine unglaublich interessante und prägende Zeit, es war leider viel zu kurz und die Kinder sind mir auch sehr ans Herz gewachsen.

Ich habe sie vor kurzem wieder getroffen in Vöcklabruck, da war ich mit dem Bundeskanzler Christian Kern unterwegs und dann haben sie gerade einen Ausflug gemacht und sich total gefreut und dann haben wir gemeinsam noch ein Foto gemacht ... Es war echt schön sie wieder zu sehen und wir haben regelmäßig noch Kontakt.

Welches Anliegen wollen Sie sofort angehen wenn Sie an dem 15.10 wissen, dass Sie im Parlament sitzen?

Mir ist es wichtig, den ländlichen Raum zu stärken und was mir auch sehr wichtig ist, ist das Thema Gesundheit. Dass wir schauen, dass die Hausärzte gesichert sind, dass vor allem ältere Leute nicht etwa eine Stunde fahren müssen, um zu einem Facharzt zu kommen.

Da sind wir gleich im nächsten Thema, die Infrastruktur, die öffentlichen Verkehrsmittel. Da der ländliche Raum natürlich weit verzweigt ist und die öffentlichen Verkehrsmittel da nicht optimal ausgebaut sind, das ist ein großes Thema.

Was mir auch ein großes Anliegen ist, ist der Bildungsbereich: Dass die Lehre wieder mehr wert wird und mehr Anerkennung erhält; dass von klein auf in der Elementarpädagogik bis zur Pflichtschule bis hin zum Studium, zur Universität, die Ausbildung nicht abhängig ist vom finanziellen Background, sondern dass jeder die Möglichkeit hat, eine gute und qualitativ hochwertige Bildung zu erhalten.

Ich finde Bildung ist unsere wichtigste und essenziellste Ressource, die Österreich hat.

Elisabeth Feichtinger

Spitzbart/Elisabeth Feichtinger

Wie schaut das aus, wenn Sie dann Nationalratsabgeordnete werden? Altmünster hat 9.700 EinwohnerInnen, ist überschaubar, aber auch nicht wenig. Funktioniert dann noch dieser persönliche Kontakt sowie bisher?

Ich bin davon überzeugt, dass ich das gut schaffe. Wir Frauen schaffen viel. Ich sage nur ein Beispiel: Alleinerziehende Mütter, Frauen die parallel arbeiten, Familie und Kinder haben. Ich bin davon überzeugt, ich schaffe das und ich habe auch einen tollen Mann, der hinter mir steht, eine tolle Familie, ein tolles Team und ich bin höchst motiviert, dass das alles funktioniert. Die Menschen sind mir sehr dankbar dafür, dass ich auch versuche, diese Themen nach Wien zu bringen. Es ist auch wichtig, hier ein Sprachrohr zu sein und so sehe ich mich auch und so möchte ich auch fungieren. Ich bin davon überzeugt, dass die persönlichen Kontakte nach wie vor gegeben sind.

Was können Sie aus dieser Erfahrung als Bürgermeisterin in Altmünster in den Nationalrat mitbringen?

Grundsätzlich bin ich tagtäglich mit Menschen in Kontakt und Dinge, die ich gerne mitnehmen möchte sind die Themen Altersarmut - wir schauen, dass die Menschen hier abgesichert werden. Aber auch alleinerziehende Väter und Mütter, die schauen müssen, wie die Kinderbetreuung über das ganze Jahr gesichert ist. Und viele, viele Dinge mehr.

War Ihr Alter bei der Arbeit als Bürgermeisterin eher ein Vorteil oder ein Hindernis?

Am Land kann jung zu sein schon ein Thema sein, weil die gewachsenen Strukturen sind einfach anders. Wenn 70 Jahre lang eher jemand älterer, und männlicher vor allem, an der Macht ist, oder vorne steht. Man assoziiert mit einem Bürgermeister nicht eine junge Frau. Das ist jetzt nicht nur am Land, sondern allgemein so eher drinnen. Das sind diese Rollenmodelle, die man sukzessive mitbekommt und da bin ich einfach ein ganz anderer Typ und das ist auch gut so!
Ich sehe es jetzt zum Beispiel in der Volksschule, wenn sie die Stammbücher ausfüllen, was sie werden wollen. Die Mädels schreiben jetzt immer Bürgermeisterin hinein und die Jungs First Husband, also mein Mann (lacht). Das ist echt toll, wenn man das so mitbekommt.

Bei den jüngeren PolitikerInnen hat man oft eine klassische Laufbahn. Zum Beispiel führt der dann über die Sozialistische Jugend und dann über die ÖH. Man hört diese Namen schon ein paar Jahre lang und dann kommen sie in die Bundespolitik. Bei Ihnen war das jetzt anders. Welche Unterschiede ergeben sich daraus?

Grundsätzlich ist der Unterschied das Netzwerk. Ich musste die Leute erst alle kennen lernen, als ich Bürgermeisterin geworden bin. Was ich ihnen sehr hoch anrechne: Sie haben mich alle ganz herzlich aufgenommen, mit offenen Armen und es gab überhaupt keinen Unterschied, das schätze ich sehr.

Es gibt auch andere Namen auf der Liste, die aus der jüngeren Genearation sind, wie zum Beispiel Julia Herr. Gibt es da so ein kollektives Gefühl, Teil einer neuen Generation in der SPÖ zu sein? Vor allem weil es oft heißt, die SPÖ steckt in einer Krise und muss sich wandeln?

Ich finde es schon gut, dass es junge Menschen gibt, die sich engagieren wie Julia Herr oder Kathi Kucharowits. Und ich und Mario Lindner sind ja auch junge Leute, die auf der Liste stehen.

Natürlich hat jeder seinen anderen Background, ich habe die kommunale Ebene, Kathi Kucharowits ist gerade im Studienbereich oder Julia Herr, die sich für Öffi-Tickets und dergleichen und für die Kinderrechte engagiert und aktiv ist und ich finde es auch gut, dass jeder seinen Bereich hat: Und ich glaube wir finden unsere Gemeinsamkeiten mit diesen verschiedenen Themen, die uns wieder zusammen bringen und natürlich mit den sozialdemokratischen Werten.

Ich habe gelesen, dass Sie sich nicht als Politikerin sehen. Wenn Sie keine Politikerin sind, was sind Sie dann?

Ich bin die Arbeiterin für die Menschen. Ich sage immer, mich haben die Menschen dafür gewählt, dass ich etwas bewege und etwas verändere. Das geht aber nicht alleine, sondern nur gemeinsam, und ich bin mir für nichts zu schade. Ich packe gerne an, egal ob bei Veranstaltungen, zum Kellnern oder 5 Mal jemanden anzurufen und hinzufahren und darum zu bitten, dass dies oder das geschieht.

Mit verschiedenen Institutionen oder Behörden ist das nicht immer so einfach, da muss man ziemlich oft nachhaken, dass Dinge weitergehen. Das ist einfach so, weil einfach viel zu tun ist und das Gemeindethema oft nur eines von vielen anderen Gemeindethemen ist und da muss man halt dahinter sein. Das ist mein Ansatz, ich sehe mich einfach nicht so als die Politikerin.

Liegt das nicht auch etwas im Trend? Wir hören oft von prominenten Namen, zum Beispiel auch von Christian Kern, dass er sich nicht als klassischer Politiker sieht. Sebastian Kurz hat das auch gesagt, Peter Pilz ist auch ein Beispiel, der sagt, wir sind keine Politiker, sondern bei uns sind die Kandidaten und ihre Expertise das Programm. Warum leben wir in einer Zeit wo die PolitikerInnen nicht als klassische PolitikerInnen gesehen werden wollen?

Politik ist im Wandel, wir sehen es ja überall. Die Politiker haben ein anderes Anforderungsprofil mittlerweile. Es gibt nicht mehr einfach die WählerInnen, die von der Wiege bis zur Bahre dieselbe Partei wählen.

Sie schauen sich die Menschen an, die vorne stehen und für die entscheiden sie sich. Und daher sage ich, es ist gut wenn wir sagen wir sind nicht Politiker, sondern wir sind Arbeiter für die Menschen. Wir werden dafür gewählt, dass wir etwas weiterbringen und so sehe ich einfach die Rolle des neuen Politikers.

Wenn es die politische Laufbahn nicht gegeben hätte, was wären Sie dann geworden? Wären Sie Lehrerin geblieben?

Ich wäre Lehrerin geblieben, glückliche Imkerin, wäre mit meinen Schafen & Eseln viel unterwegs gewesen! Und natürlich mit meinem Mann, den darf ich nicht vergessen. Ich wäre viel im Holz, viel in der Natur und in unserer Region.

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