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Bilder aus dem Legs of Steel-Film "Same Difference"

Pally Learmond / Legs of Steel

Skifahren in all seinen Formen

Die Innsbrucker Freeski-Crew Legs of Steel ist in den letzten Jahren zu einer der größten und renommiertesten Skifilmproduzenten der Welt herangewachsen. In ihrem neuen Film „Same Difference“ beschreiten sie neue Wege, unter anderem mit Slalom-Ass Felix Neureuther.

Von Simon Welebil

„Ski good, money will come.“ In der gleichnamigen Mockumentary bringt Legs of Steel-Mitbegründer Tobi Reindl dieses Motto für seine Crew aufs Tapet. Doch nicht einmal in der Mockumentary springen seine Kollegen darauf an. Für solch simple Erfolgsrezepte ist das Skifilmbusiness zu schnelllebig und heiß umkämpft. Gut Ski fahren können viele, das kreativ im Film umsetzen nicht.

Auch die Legs-of-Steel-Jungs rund um den Engländer Paddy Graham und die Bayern Tobi Reindl und Sven Kueenle mussten Zweiteres erst lernen, als sie Ende der Nuller-Jahre nach Innsbruck gezogen sind, um ihrer Ski-Leidenschaft nachzugehen. Ihr Pilotfilm, passenderweise mit „The Pilot“ betitelt, ist ein noch recht konventioneller Freeski-Film, mit viel Slow-Mo-Einsatz, doch danach haben sie eine steile Lern- und Erfolgskurve hingelegt.

Bienenschwarm über Monster-Kicker

Bereits mit ihrem zweiten Film „Nothing Else Matters“ haben sie es 2011 darauf angelegt, international Aufmerksamkeit zu erlangen. Das Mittel dafür war eine Sequenz, die damals gerade noch im Bereich des Möglichen schien, ein „Skiers-Train“ aus 13 Ridern, über einen eigens gebauten Kicker mit drei verschiedenen Absprüngen am Kaunertaler Gletscher. Zum ersten Mal hatten sie für den Dreh Helikopter-Unterstützung, und als die 13 Skifahrer dann in unterschiedlichen Flugkurven unter-, über- und nebeneinander hinweg gesegelt sind, hatte man vor der Leinwand dann den Eindruck, als rücke ein Bienenschwarm aus. Bei der Filmpremiere am renommierten Freeski-Filmfestival IF3 in Montreal hätte das ganze Kino applaudiert und sich gefragt, ob diese Bilder am Computer entstanden wären, erzählt Tobi Reindl.

Mit „Nothing Else Matters“ haben Legs of Steel gezeigt, dass sie nicht nur Pläne wälzen, sondern sie auch umsetzen können und, was damals alles andere als selbstverständlich war, dass gute Skifilmproduktionen nicht immer aus Nordamerika kommen müssen, wo die Platzhirsche der Szene wie Matchstick Productions, Sherpas Cinema oder Teton Gravity Research sitzen. Der Film und seine Rezeption haben ihnen viele Türen geöffnet, auch zu größeren Budgets, die mittlerweile im sechsstelligen Bereich liegen.

Die Crew mit Wiedererkennungswert

Von Film zu Film haben sich Legs of Steel immer mehr zu einer Marke entwickelt, die für laute Musik, große und kreative Obstacles und kreatives Fahren, wie eben bei Skiers-Trains, steht. Publikum und Erwartungshaltung sind stetig gewachsen und die Arbeit der Crew wurde auch mit vielen Preisen honoriert. Ihr dritter Film „Hurt So Good“ wurde 2012 beim IF3 für Best Cinematography ausgezeichnet und ihr bisher letzter Film „Passenger“ hat ganz groß abgeräumt: Best Editing, Best Single Shot und Best Crash beim IF3 2015, Best Cinematography, Best Single Shot und Best Powder bei den Powder Awards 2016.

Bilder aus dem Legs of Steel-Film "Same Difference"

Pally Learmond / Legs of Steel

Legs of Steel beim Alaska-Part für „Same Difference“

„For a long time now, European ski films have played second fiddle to bigger, radder, more prominent North American productions. With the release of Legs of Steel’s two-year project, Passenger, that time is definitively over: Europe has a new standard-bearer of freeski filmmaking.“, urteilt damals das Downdays Magazine und bezieht sich nicht nur auf das filmische, sondern auch das skifahrerische Können der Legs of Steel. Von Freeride Legenden wie Sam Smoothy oder Russ Henshaw über die Freeski-Olympiasieger David Wise und Joss Christensen bis zu aktuellen Backcountry Shooting Stars wie Fabi Lentsch oder Parkrider Tom Ritsch ist schon alles vor den Legs-of-Steel-Kameras gestanden, was in der Szene Rang und Namen hat. Doch mit ihrem aktuellen Projekt ist ihnen vielleicht ihr größter Casting-Coup gelungen.

Mit Felix Neureuther zum Mainstream-Publikum

„Wir wollten schon länger etwas mit Felix Neureuther machen“, erzählt Tobi Reindl, der wie Felix aus Garmisch-Partenkirchen kommt und ihn seit Jugendtagen kennt. Skifahrerisch haben sich die beiden seitdem eigentlich recht auseinanderentwickelt, Tobi in Richtung Freestyle und Felix ist im Alpinbereich zum Slalomstar geworden. „Dadurch, dass Freeski seit 2014 auch olympisch geworden ist, sind die unterschiedlichen Welten wieder ein bisschen zusammengewachsen“, sagt Tobi, der einige Zeit lang auch das deutsche Freeski-Nationalteam betreut hat.

Bilder aus dem Legs of Steel-Film "Same Difference"

Pally Learmond / Legs of Steel

Dass Felix Neureuther bei einem Legs-of-Steel-Film mit an Bord ist, heißt aber nicht, dass er sich über Schanzen wirft oder steile Tiefschneeabfahrten bewältigt. Legs of Steel werden mit ihrem neuen Film „Same Difference“ thematisch einfach breiter.

„Same Difference“ ist kein klassischer Freeski-Film mehr, es ist eine Doku über alle drei Spielarten des Skifahrens, neben Freestyle und Freeride eben auch alpines Skifahren. Im Freestyle-Teil lassen sich Paddy Graham und Tom Ritsch die größte Ski-Freestyle-Schanze der Welt im italienischen Mottolino errichten, im Freeride-Teil geht’s mit Fabi Lentsch, Sven Kueenle, Bene Mayr und anderen nach Alaska und im Alpinteil begleiten die Legs of Steel Felix Neureuther bei den Slalom Weltcups in Kitzbühel und Schladming.

Felix Neureuthers Name allein verschafft ihnen eine bisher ungeahnte Reichweite, vor allem im deutschsprachigen Raum, und neue Zielgruppen, „von Freeski-Fans bis Skiclubs“, wie es Tobi Reindl ausdrückt, und auch traditionelle Fernsehstationen haben ihr Interesse bekundet. In der ARD wird es eine kürzere Version des Films zu sehen geben, wobei den Fernsehverantwortlichen auch wichtig gewesen sei, die Freeridebilder deshalb nicht außen vor zu lassen, wie Sven Kueenle erzählt. Eine große Chance, mit Freeski-Inhalten ein Millionenpublikum zu erreichen.

Bilder aus dem Legs of Steel-Film "Same Difference"

Pally Learmond / Legs of Steel

Die größte Schanze der Welt ist ohne die Landung nicht als solche erkennbar, im Film ist sie furchteinflößend.

Weg vom Hochglanz-Image

Screening-Termine für „Same Difference“:

  • 21.10. München, Alte Kongresshalle (ausverkauft)
  • 28.10. Sölden, Glanzpunkte
  • 3.11. Salzburg, Republic
  • 20.11. Innsbruck, Metropol

Weitere Termine hier.

Dabei ist „Same Difference“ kein Film, der die Spielarten des Skifahrens glorifiziert und schönzeichnet. Er liefert vor allem einen Blick hinter die Kulissen. In Mottolino ist es der irrsinnige Aufwand, der betrieben wird, um den Kicker zu errichten. Allein zwei Wochen lang in Tag- und Nachtschichten dauert es, die 100.000 Kubikmeter Schnee für die Schanze und die Landung aufzuschieben, damit dann theoretisch 58 Meter weit gesprungen werden kann, bei einem Höhenunterschied von 31 Metern. In Alaska sind es 17 Tage Wartezeit, in denen die Bedingungen fürs Freeriden zu gefährlich sind und während denen eine Gruppe Bewegungssüchtiger nur rumsitzen kann, im Alpinteil ist es der Materialaufwand und die intensive Tüftelei.

Und in allen drei Teilen ist eines spürbar, der enorme psychische Druck. Ob jetzt Felix Neureuther in Kitzbühel mitten im Lauf aus seiner Konzentration rausgerissen wird, die Freerider in Alaska nach über zwei Wochen untätigen Wartens in einem kurzen Wetterfenter einfach abliefern müssen oder die Angst, die Paddy Graham, Tom Ritsch und Co. haben, als es zum ersten Mal über die größte Schanze der Welt geht. Als Zuseher wird man dabei tief in den Sessel gedrückt, so sehr fiebert man mit.

Bilder aus dem Legs of Steel-Film "Same Difference"

Pally Learmond / Legs of Steel

Felix Neureuther hat in der Saison, in der ihn Legs of Steel begleitet haben, viele Niederlagen einstecken müssen und auch in den anderen Teilen der Produktion war von Anfang an der Wurm drin. Die Rückschläge vor der Kamera haben dem Film jedoch gut getan. Die Legs of Steel haben wieder einmal ein Highlight der Saison abgeliefert. Ganz nach ihrem richtigen Motto: „We are Skiers. We get shit done.“

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