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Franco Foda

APA/ERWIN SCHERIAU

ÖFB-Teamchef

Warum Franco Foda der richtige ÖFB-Teamchef ist. Not.

Nach einem konzeptlosen Sportdirektor holt der ÖFB nun einen improvisationsfernen Nicht-Kommunikator als Teamchef. Das passt zu diesem Verband und es spiegelt auch das aktuelle Österreich trefflich wider.

von Martin Blumenau

Wie Franco Foda als Trainer und öffentliche Person funktioniert, das erzählt der Grazer Autor Jürgen Pucher hier anschaulich und im Detail.

The daily blumenau bietet seit 2013 ebenso wie sein Vorgänger, das Journal, regelmäßig Einträge zu diesen Themenfeldern.

Siehe dazu auch Das starke und das schwache Fundament vom 9. Oktober und Clowns of the Stone Age vom 11. Oktober.

Der langjährige Sturm Graz-Coach hat seine Stärken: Beharrlichkeit und Disziplin. Und: seine vormals größte Schwäche, seine taktische Erstarrung, sein Steinzeit-Spielsystem, hat er - nach einem Erweckungserlebnis - abgelegt: kaum ein anderer Bundesliga-Trainer ist mittlerweile taktisch (im Vorfeld) so flexibel wie er.

Die anderen Schwächen blieben aber: fragwürdige Menschenführung, nichtssagende Außenkommunikation, äußerst geringe Improvisationsbereitschaft.

In Graz hat man sich über die Jahre mit all dem arrangiert - eine Mannschaft von weitaus größerer Klasse (und mehr internationaler Coaching-Erfahrung) als Sturm jedoch wird sich davon nicht überzeugen lassen. Der einzige gegenüber der Koller-Ära erkennbare Fortschritt wäre Fodas neu entdeckte System-Flexibilität. In allen anderen Bereichen würde das ÖFB-Team um Jahre der Entwicklung zurückgeworfen. Und dort, wo es dringend den Hebel anzusetzen gilt, Stichwort In-Game-Coaching, wird Foda auch wenig einbringen können.

International ist Foda eine kleine Nummer: in Deutschland als Trainer gescheitert, hat er seit 2014 (seiner Rückkehr zu Sturm) eine Europacup-Bilanz von einem Sieg in 6 Spielen (gegen Mladost Podgorica, Gesamt-Bilanz 1-2-3). Davor kam Foda 2009/10 und 2011/12 in die Europa League: beide Male wurde es der letzte Gruppenplatz.
National lief’s seit 2014 auch nur durchschnittlich: 4., 5. und 3. Der dieswöchige Sieg gegen Altach im ÖFB-Cup ist seit 2014 der erste gegen einen Bundesligisten überhaupt.

Foda ist Deutscher, als Trainer aber in Österreich sozialisiert und kann wenige internationale Erfolgserlebnisse vorweisen. Die nötig wären, weil der Teamchef eben nicht die allzu leicht ausrechenbaren österreichischen Vereine zum Gegner hat.

Wie aber kann es sein, dass die für die Bestellung eingesetzte Task-Force sich (angesichts eines desinteressierten Sportdirektors) gar nicht mit diesen entscheidenden Faktoren beschäftigt? Das hat damit zu tun, dass die Teamchef-Suche ein Politikum der Fußball-Branche ist: es müssen viele verschiedene Interessenslagen befriedet, Medien zufriedengestellt und der eigene Ruf gewahrt werden. Und genau dafür ist Foda aktuell der Richtige. Nicht fürs Sportliche. Das ist zweitrangig.

Warum ist Foda der Richtige? Der Mainzer ist kein Österreicher, kennt aber die hiesigen Gegebenheiten und Empfindlichkeiten und Seilschaften auf das Beste. Er weiß auch, wie das mit den Medien hierzulande läuft - wir erinnern uns an die Hofberichterstattungs-Beziehung zwischen Sturm Graz und der Kleinen Zeitung.

Der ehemalige Koller-Assistent Fritz Schmid gibt hier einen umfassenden Einblick in das Denken der vergangenen Ära.

Und genau das wollen die Definitionsmächtigen in Liga und ÖFB. Weil es nicht noch einmal passieren darf, dass ihnen, wie in den letzten sechs Jahren von Koller und Ruttensteiner (oder Janeschitz) der Kurs vorgegeben wurde, dass sie keinen Einfluss ausüben konnten und sich nach immer höheren internationalen Standards orientieren mussten, Stichwort: Trainingsmethoden und „Wissenschaft“. Dass man also so unverblümt mit dem 21. Jahrhundert bekanntgemacht wird.

Mit Verantwortlichen wie Schöttel und Foda, also Vertretern des alten Systems, des von den Landespräsidenten gelebten 20. Jahrhunderts, Leuten der „Pomali!“-Schule, werden keine Bäume in den Himmel wachsen.

Man wird Erfolge der Nationalmannschaft (und auch der von Gregoritsch/Zsak und Co. betreuten Nachwuchs-Teams) so wie früher, also zufällig, aufbau-, plan-, ideen- und visionslos einfahren. Und damit keine großen Fallhöhen riskieren. Das vorsichtige Mittelmaß ist nämlich besser fürs Tagesgeschäft, weil leichter kalkulierbar. Diese Maxime verfolgen Klub-Vertreter und Amateur-Landespräsidenten.

Und deshalb hat jemand, der von außen kommt, und logischerweise einen vergleichsweise objektiveren Blick auf die Zustände, die Fähigkeiten von Bundesliga-Spielern im Vergleich zu Legionären, werfen kann, kein Leiberl.

Warum kommt so wenig öffentlicher Widerstand gegen Foda, vor allem im Vergleich zu 2011, als sich zumindest die Online-Medien einig waren?

Einer dieser Typen wurde vom damaligen Sportchef Willi Ruttensteiner gemaßregelt, weil er einen Weg nach Schweizer Vorbild gefordert hatte - wenige Tage bevor der Schweizer Koller berufen wurde...
Und hier sein damaliger Foda.Not-Text

Die meisten haben das schon verdrängt, aber anlässlich der Neubesetzung nach dem Constantini-Debakel war Foda auch damals schon klarer Favorit. Ich erinnere mich an eine Live-Diskussion in Sport am Montag, wo alle Teilnehmer mit Foda rechneten - nicht ohne diese most likely-Wahl vorher ordentlich kritisiert zu haben.

Mit der Wahl von Foda zum Teamchef verhält es sich so wie mit der blauen Regierungsbeteiligung: die war 2000 noch der Schrecken Europas, heute kostet sie die meisten kaum noch ein Achselzucken. Man hat sich mit der Rückwärtsgewandtheit des ÖFB, der Liga, des gesamten österreichischen Fußballs, vor allem seiner Honoratoren und Funktionäre abgefunden, so wie sich Österreich mit seinem National-Konservativismus abgefunden hat. Insofern ist diese Teamchef-Bestellung die perfekte Entsprechung der gesellschaftspolitischen Lage des Landes. Das beinhaltet auch die strenge Bildungs-, Wissenschafts- und überhaupt Intellektuellen-Feindlichkeit, mit der sich der ÖFB aktuell hervortut, ein Echo der „Eliten“-Kampagne des Kandidaten Hofer. Und resultiert in einem populistischen Über-die-Bande-Spiel mit den Boulevard-Medien, für die alle Interna bereitwillig geleakt werden. Teilweise so unverschämt, dass die Interessen des Leakers noch auf derselben Zeitungsseite befriedet werden.

Kein gutes Wort über Foda? Doch: er erspart Fink oder Herzog und Peter Linden aka Zoran Barisic und Gregoritsch und noch Schlimmeres. Und er minimiert das Risiko mit jemandem wie Weiler, Weinzierl oder Rahimov eine unerwartete Niete zu ziehen - so wie es mit Herrn Sticklers vormaligem Favoriten von 2008, nämlich Mirko Slomka, passiert wäre: der geriet nämlich in sehr schlechte Gesellschaft. Egal: vielleicht könnten Stöger oder Hütter (Hasenhüttl wird sich dann wohl nicht mehr ausgehen) dafür sorgen, dass sie bei der nächsten Teamchef-Kür gefälligst frei sind, das hätte allen viel erspart.

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