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APA/dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

Bitcoin ist keine Stromverschwendung

Ein Plädoyer für den Einsatz von Energie zur Sicherung eines unzensierbaren Geldnetzwerks

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Das Bitcoin-Netzwerk verbraucht im Jahr knapp 0,13 Terawattstunden Strom, also mehr als kleine Nationen wie Madagaskar. Der Grund ist das sogenannte „Mining“, also die aufwändigen Rechenprozesse, die das Netzwerk absichern und für die man selbst Bitcoins erhält. Den Energiehunger von Bitcoin kann man skeptisch, man sollte ihn aber keinesfalls isoliert betrachten.

Bitcoin ist ein Peer-to-Peer-Netz, also ähnlich strukturiert wie ein Filesharing-Netzwerk. Es stellt Verbindungen zwischen Usern her, die einander nicht kennen müssen. Ohne einen Vermittler wie Paypal kann man Wert via Smartphone oder PC direkt verschicken. Das Kopieren von Kryptogeld oder die nachträgliche Änderung von Transaktionen sind nicht möglich, das Netzwerk hat keine Zentrale und ist unzensierbar.

Vor 2008 galt ein solches Geld-Netzwerk als Science Fiction, ja sogar unmöglich. Dass es seit neun Jahren funktioniert, liegt an drei Erfindungen, die in Bitcoin zusammenkommen:

  • 1. kryptographischen Hashfunktionen
  • 2. einer Blockchain
  • 3. einem Ding namens „Proof of Work“

Warum Bitcoin Strom verbraucht

Proof of Work – oder Arbeitsnachweis – bedeutet in der Mathematik: User lösen eine schwierige Rechenaufgabe unter dem Einsatz von Ressourcen - das kryptographische Ergebnis kann ohne großen Aufwand sekundenschnell nachgeprüft werden.

Bitcoin verbraucht Strom, weil seine User mit hoher Rechenleistung die Transaktionen aller anderen User im Netzwerk überprüfen. Weil man für den Proof of Work, also den Nachweis von Rechenleistung und Energieeinsatz, mit Bitcoins belohnt wird, lohnt es sich nicht, dieselbe Rechenleistung zum Betrügen des Netzwerks einzusetzen. Dass bei diesem Prozess auch neue Bitcoins an User ausgeschüttet werden, ist ein Nebeneffekt.

Dass der Stromverbrauch hoch ist bewirkt unter anderem, dass das Bitcoin-Netzwerk hinsichtlich seiner kryptographischen Rechenleistung und Fälschungssicherheit das mit Abstand stärkste Netzwerk ist, das die Menschheit je errichtet hat.

"Bitcoin verbraucht zu viel Strom“ ist das neue „Bitcoin ist nur für Drogen“ - das wiederum eine Neuauflage von „Das Internet ist nur für Drogen“ aus den neunziger Jahren ist. Es ist ein Framing. Das herkömmliche Finanzsystem mit Tausenden von Servern für SEPA, Visa, MasterCard, Western Union etc. ist langsam und ineffizient - und seine Proponenten werden langsam nervös, weil sich eine Alternative entwickelt.

Geld ist Information

Geld ist jetzt ein Content Type, eine Informationseinheit im Internet. Mit sogenannten State-Channel-Networks, deren Errichtung fast abgeschlossen ist (z.B.: Lightning), wird es bald möglich sein, Millionen von Bitcoin-Transaktionen pro Sekunde zu versenden – weltweit und sekundenschnell, wie E-Mail. Bitcoin bildet das Rückgrat dieses Netzwerks aus Wertübertragungs-Netzwerken. Weil Geld in jedem Bereich unseres Lebens eine Rolle spielt, wird dieses Internet der Wertübertragung die Welt während der nächsten zwei Jahrzehnte grundlegender verändern, als es das World Wide Web tat.

Kinder, die heute geboren werden und mit Internetgeld aufwachsen, werden das Geld ihrer Großväter mit den gleichen Augen betrachten wie Faxgeräte. Die alteingesessenen Finanzdienstleister haben Angst, und sie sind es auch, die das „Bitcoin verbraucht zu viel Strom“-Narrativ pushen – nachdem die Geschichte von den Drogen nicht so gut funktioniert hat.

Mit der Diskussion über den Stromverbrauch von Bitcoin sollte eine Diskussion um Prioritätensetzung einher gehen: Wofür wollen wir Strom verbrauchen? Ein dezentralisiertes, unzensierbares Netzwerk für die Peer-to-Peer-Übertragung von Geld muss ihn uns wert sein. Weihnachtsbeleuchtung ist Stromverschwendung, Bitcoin nicht.

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