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Der Cloud Rap Gottvater

Yung Lean bringt sein drittes Studioalbum „Stranger“ heraus und scheint an sich, seiner Persona und vor allem seinem Sound getüfftelt zu haben.

Von Dalia Ahmed

Vor vier Jahren verbreiten sich die Musikvideos eines 17-jährigen Rappers aus Stockholm weltweit im Netz. Yung Lean wird mit seinem monotonen Flow, Eistee-Dose und dem wiederholten Bekenntnis ein „Sad Boy“ zu sein zu einer Galionsfigur des damals noch in den Babyschuhen-steckenden Cloud Raps.

Yung Leans Twitter Profilfoto

@yunglean

Yung Lean lässt sich dafür von Lil Bs „Based Music“, dem A$AP Mob, Clams Casino und anderen US-amerikanischen Vertretern einer neuen jugendkulturellen Bewegung inspirieren.

Doch er bringt auch Eigenes mit rein. Yung Leans Melancholie und der benebelte Lo-Fi Vibe werden zum Markenzeichen des europäischen Cloud Raps. Yung Leans gesamtes Auftreten vor allem seine Ästhetik und der Flow werden zur Schablone für zig kontinentale Rapper mit und ohne dem „Yung“ Prefix. 

Aber das lässt sich nicht als plumper Diebstahl geistigen Eigentums abtun, sondern eher als eine Art viraler Trend mit Filialen-Charakter. Nach Yung Leans Vorbild sprießen ab 2013 überall in Europa Cloud Rapper mit variierendem Lokalkolorit aus dem Boden. Yung Beef in Spanien, Yung Nnelg in den Niederlanden, Crack Ignaz und Yung Hurn in Österreich und unzählige mehr überall sonst.

Nun hat sich Yung Lean gemeinsam mit den Sad Boys Crew Kollegen und Produzenten Yung Gud, Yung Sherman und Whitearmor auf seinem dritten Studioalbum „Stranger“ einige musikalische und stilistische Schritte in eine neue Richtung bewegt. Den Buckethat abgenommen, sich ausgeloggt und in die Wildnis begeben. Der schwedische Rapper trägt die verträumte Melancholie, die ihn berühmt gemacht hat, zwar immer noch mit sich herum, die Beats haben sich aber weg vom minimalistischen, trappigen und geradlingen Gepumpere hin zu mehr Experimentierfreude bewegt. Es glitcht, raunt und auto-tuned. Während die Bässe zurückgeschraubt werden. Wird die Sangeskunst hochgefahren. Der ikonisch monotone Yung Lean Ich-bin-so-unglaublich-gelangweilt Flow wird durch Ausflüge ins SingSang und Melodische erweitert.

Auf „Stranger“ macht Yung Lean den obligatorischen Schritt Richtung „Erwachsenen-Sound“. Es gibt mehr Introspektion und der Schmäh mit der Sadness verliert den ironischen Touch. Die Pubertät ist vorbei, der Hype auch. Der Ernst des Lebens steht an. Die Sad Boys sind nun Sad Young Men. 



„Stranger“ liest sich daher eher als Übergangsprojekt Yung Leans. Ein verheißungsvoller Schritt in eine Richtung, die es ihm erlauben wird, aus dem relativ eng geschnürten „5 Minutes of Internet Fame“ und „Cloud Rap“-Korsett auszubrechen und sich an die unterschiedlichsten Hip Hop und Pop Experimentiererein heranzuwagen.


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