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Jim James zwurbelt an seinem Schnauzbart

Jim James / ATO Records

Der song zum sonntag

Die Welt kann mich nicht mehr verstehen

Der Song zum Sonntag: Jim James - „I Just Wasn’t Made For These Times“

Von Philipp L’heritier

Es ist nach wie vor ein an der Oberfläche weit verbreiteter Irrglaube, die Beach Boys seien bloß gut gelaunte Luftikusse gewesen, die Surfbrett, Strandparty, flauschige Sommerliebelei und das gute Leben besingen.

Das sind freilich massive Aspekte im Schaffen der Gruppe. Sie nennen sich immerhin Beach Boys. Im Werk dieser großen kalifornischen Band rumoren jedoch auch großzügig der Wahn und das Unbehagen angesichts der schönen bunten Welt, überall lauert der Abgrund.

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  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

Gut dokumentiert ist das krisengebeutelte und von Leid durchbohrte Leben von Ober-Beach-Boy Brian Wilson, der es aufgrund der Depression jahrelang kaum unter der Bettdecke hervor und aus dem Bademantel geschafft hat. Sein unbescheidener Drogenkonsum hat ihn dann irgendwann auch in Zonen geführt, wo alles gar nicht mehr so lustig ist und die Rückkehr unmöglich scheint.

Die Vermischung von goldenem Glanz, Pomp und den dunklen Seiten im Gemüt wird auf wenigen Alben so perfekt vorgelebt wie auf dem 1966 erschienenen Beach-Boys-Album „Pet Sounds“ – nicht zuletzt wird die Platte gerne als die beste Platte aller Zeiten ausgepriesen.

Es ist eine Platte voller Evergreens, der Song „I Just Wasn’t Made For These Times“ setzt sich am Deutlichsten mit Depression und Entfremdung auseinander.

Der aus Kentucky stammende Musiker Jim James hat sich dieses Liedes jetzt angenommen. Für gewöhnlich kümmert sich James mit seiner Band My Morning Jacket und solo um Folkrock, Neo-Country und Lagerfeuer-Gitarre, seine Version des Beach-Boys-Klassikers lädt er mit deutlichen Jazz- und Soul-Akzenten auf: Bläser triumphieren, Flöten flöten, wundersam tropft das Schmalz aus den Violinen.

Die Psychedelik des Originals, die das Gefühl des Danebenstehens des Erzählers transportiert, bleibt erhalten, James klingt gerade so, als sei er in seiner eigenen, privaten Echokammer gefangen.

Wir sehen bunte Lichter, alles dreht sich, was draußen so passiert, können wir nicht mehr verstehen, wir sind schon viel zu weit weitergekommen. Die Welt da draußen kann uns nicht mehr verstehen.

„Sometimes I feel very sad“, hat Brian Wilson gesungen, „Sometimes I feel very sad“, so singt Jim James, es ist ein Gefühl, das tief in uns wohnt, und manchmal kann es sich wie eine Erlösung anfühlen.

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