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Lichterkette SOS Mitmensch rund um das Regierungsviertel am Mittwoch, 15. November 2017

APA/ HELMUT FOHRINGER

Proteste rund um die Angelobung von Schwarz-Blau

Am Tag der Angelobung einer schwarz-blauen Regierung soll es mehrere Demos und eine Kundgebung geben. Das bereiten linke Plattformen unter dem Motto „Tag X“ vor. Außerdem gibt es Protest in Form von Briefen.

Von Irmi Wutscher

Unten durch – war die erste schwarz-blaue Regierung Österreichs am Tag ihrer Angelobung am 4. Februar 2000. Denn damals war der Protest so groß, dass das Kabinett rund um Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer nur unterirdisch zur Angelobung in die Hofburg kam. Tausende Demonstrant_innen hatten sich damals auf dem Ballhausplatz versammelt.

Mit Widerstand darf auch die kommende Neuauflage von Schwarz-Blau bzw. Türkis-Blau rechnen. Von einer Lichterkette über Protestbriefe bis hin zu Demonstrationen am Tag der Angelobung und danach – es tun sich verschiedene Dinge.

Lichterkette, Dossier und offener Brief

Einen ersten Auftakt von Protestaktionen gab es Mitte November: SOS Mitmensch hat zu einer Lichterkette aufgerufen. Bis zu 10.000 Menschen (laut Veranstalter) haben mit Kerzen, Fackeln und Blinklichtern einen Kreis um das Regierungsviertel geschlossen. Veranstaltet wurde die Kundgebung unter anderem von SOS Mitmensch.

Die konzentrieren sich derzeit auf Information, sagt Sprecher Alexander Pollak: „Wir haben in den vergangenen Wochen Aufklärungsarbeit geleistet über die rechtsextremen Verstrickungen der FPÖ-Parteiführung. Und auch darüber, dass Menschen in Machtpositionen kommen könnten, die keinesfalls vertrauenswürdig sind, weil sie ein Naheverhältnis zu rechtsradikalen, neonazistischen und teilweise sogar verfassungsfeindliche Kreisen haben.“ Das Dossier dazu gibt es auf der Website von SOS Mitmensch. Dort kann man auch noch ein Protestmail an Sebastian Kurz und Bundespräsident Van der Bellen abschicken, keine Rechtsextremen in die Regierung aufzunehmen.

Lichterkette 2017

APA/ HELMUT FOHRINGER

Einen anderen Protestbrief gibt es auch schon von Frauenvolksbegehren: In einem offenen Brief erinnern sie die künftige Regierung daran, Frauenanliegen bei den Regierungsverhandlungen nicht zu vergessen. „Dinge wie Gewaltschutz, Lohnschere, gläserne Decke, Frauenarmut vor allem in der Pension wurden in den Regierungsverhandlungen überhaupt nie angesprochen!“ sagt Schifteh Hashemi, Sprecherin des Frauenvolksbegehrens. „Wir wollen die künftige Regierung auf ihre Verantwortung aufmerksam machen. Wir Frauen sind 51 Prozent der Bevölkerung, wir möchten dementsprechend in den Entscheidungsgremien vertreten sein!“

In dem offenen Brief wird unter anderem ein eigenständiges Frauenministerium mit eigenem Budget gefordert. Prominente wie Ursula Strauss, Christine Nöstlinger, Doris Knecht oder Sarah Wiener haben den offenen Brief bereits unterzeichnet – auf #aufstehn kann mensch das noch tun. Wenn der Brief 10.000 Unterstützer_innen hat, wird er dem wahrscheinlich künftigen Bundeskanzler Sebastian Kurz übergeben.

Schifteh Hashemi hat auf ihrer Facebook-Seite außerdem „24 Tipps fürs Optimistisch-Bleiben“ veröffentlicht: Spenden für soziale Organisationen und Medien Konsumieren gehört da genauso dazu wie Schlafen und Feste Feiern.

Und dann gibt es Protest ganz klassisch auf der Straße: Wie sich Schwarz-Blau auf Frauenpolitik (aber nicht nur) auswirkt, sieht man bereits in Oberösterreich, wo zum Beispiel die Nachmittagsbetreuung in Kindergärten wieder kostenpflichtig geworden ist. Aber auch sonst wird einiges im Kultur- und Sozialbereich gekürzt, Dany Derntl hat sich das angesehen. Unter dem Motto „Weniger geht nicht“ gibt es da schon Proteste gegen die Kürzungen und Einsparungen.

Demos zum „Tag X“ - der Angelobung

Und auch zumindest in der Bundeshauptstadt bereiten sich linke Gruppierungen auf Demos gegen die Angelobung der künftigen Regierung vor: Unter dem Motto „Tag X“ tun sich verschiedene Menschen zusammen, um am Tag der Angelobung in der Wiener Innenstadt zu demonstrieren. Tag X ist eine Vernetzung verschiedener Linker Plattformen und Bündnisse, mit dabei sind da die „Offensive gegen Rechts“ und die „Plattform für eine Menschliche Asylpolitik“, hinter denen verschiedene Organisationen stehen. Aber auch Schülerorganisationen, Migrant_innenvereine usw. machen mit, sowie die ÖH Uni Wien.

Plakate auf der Uni Wien

Irmi Wutscher / FM4

Plakate auf der Uni Wien

Mit dem Tag X ist der Tag der Regierungsangelobung gemeint, derzeit heißt es, dass es der 18. oder der 20. Dezember sein könnten. „In dem Fall geht es darum, dass hier in Wien die Regierung angelobt wird und man zum Ballhausplatz zieht, um dort zu zeigen, dass man da dagegen ist", sagt Lena Köhler vom Vorsitzteam der ÖH Uni Wien. Geplant ist ein Sternmarsch von fünf verschiedenen Treffpunkten aus, der auf dem Ballhausplatz enden soll. „Neu dabei ist ein Bikeblock, auch einen Treffpunkt für Künstler_innen und Kulturschaffende gibt es“, sagt Lena Köhler. „Es kommen immer mehr Organisationen dazu“.

Ob es diesmal wieder musikalischen Protest gibt wie damals 2000? Hier haben wir eine Best-Of-Playlist zusammengestellt!

Motivation vieler Organisationen für ihren Protest ist, gegen Rechtsextreme in Regierungsämtern bzw. gegen die Normalisierung von Rechtsextremismus auf die Straße zu gehen. Viele befürchten auch Kürzungen im Sozial- und im Kulturbereich. „Für uns geht es auch um die Veränderungen im hochschulpolitischen Bereich“, erklärt Lena Köhler die Gründe der ÖH. „Man hört ja schon immer wieder aus Verhandlungskreisen, dass es flächendeckende Studiengebühren geben soll. Wir erwarten auch Verschlechterungen der Bedingungen für ausländische Studierende.“

Im Vorfeld gab es Probleme bei der Demoanmeldung - auch weil nicht absehbar war, welcher Tag es sein wird. Mit diesen jetzt konkreteren Daten versuchen die Veranstalterinnen gerade erneut, Kundgebungen bei der Polizei anzumelden.

Nach Tag X

Neben dem Tag X, der Angelobung, die ja ein Wochentag wäre, soll es dann noch an einem Samstag eine Großdemo geben. „An einem Wochentag können wahrscheinlich nicht so viele Menschen protestieren. Deswegen gibt es die Großdemo, damit vielleicht Leute aus anderen Bundesländern teilnehmen können, um einen großen gemeinsamen Demozug zu haben“, sagt Lena Köhler.

Nur: wenn die Regierung tatsächlich nächste Woche angelobt wird, dann wäre der darauffolgende Samstag der 23. Dezember. Nicht unbedingt ein Tag, an dem man großen Zulauf für eine Demonstration erwarten kann. Das wissen auch die Organisator_innen von Tag X: „Wenn wirklich der 23. Dezember dieser Samstag wäre, ist meine Info, dass das nicht an diesem Tag stattfinden wird. Das heißt, das wird dann in den Jänner verschoben.“

Donnerstagsdemo gegen die Koalition aus ÖVP und BZÖ in der Regierung die unter dem Motto "6 Jahre Widerstand" stand, am 9. Februar 2006

Guenter R. Artinger / APA

Donnerstagsdemo gegen die Koalition aus ÖVP und BZÖ in der Regierung unter dem Motto „6 Jahre Widerstand“, am 9. Februar 2006 am Ballhausplatz in Wien

Gegen die erste schwarz-blaue Regierung gab es ja massenhafte und monatelange Demonstrationen – die berühmten Donnerstagsdemos. So breiten Protest wird es dieses Mal wohl nicht mehr geben – auch weil sich die Verhältnisse in Europa geändert haben. Es wird also gar nicht versucht, an die Donnerstagsdemos anzuknüpfen, Wichtig war aber die Vernetzung, sagt Lena Köhler: „Wenn ein Gesetzesentwurf herauskommt, der für viele Menschen Verschlechterungen bedeutet, kann man sich dann wieder zusammentun und auf die Straße gehen.“

Ähnlich sieht das Alexander Pollak von SOS Mitmensch: „Wir setzen unsere Informationsarbeit fort. Und wir werden protestieren, wenn nun tatsächlich Rechtsextreme in machtvolle Ämter, möglicherweise sogar in sicherheitsrelevante Ämter kommen.“

Auch das Frauenvolksbegehren kündigt an, sich die Arbeit der kommenden Regierung genau anzusehen „Was wir gerade in Oberösterreich sehen, ist ein gesellschaftspolitischer Backlash“, sagt Schifteh Hashemi. „Diese Entwicklungen machen uns als Frauenvolksbegehren besorgt. Wir bleiben wachsam – Österreich hat in der Gleichstellung noch vieles nachzuholen.“

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