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Szenenbilder aus "Get Out", "Tiger Girl" "Elle" und "Good Time"

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Die Filme des Jahres

Was vom Kinojahr übrig blieb: Die Lieblingsfilme der FM4 Filmredaktion.

Was bleibt übrig vom Filmjahr 2017, welche Filme hallen auch noch nach, nachdem man den Kinosaal längst verlassen hat? Die FM4 Filmredaktion hat in ihren Aufzeichnungen, vollgekrakelten Notizbüchern und den eigenen Erinnerungen gewühlt und sich auf die Suche nach den Filmen gemacht, die 2017 einen regulären Kinostart in Österreich gehabt haben und die das Filmjahr 2017 definiert haben. Leicht ist es uns dieses Jahr nicht gefallen, hier aber sind sie die Filme des Jahres 2017:

Get Out

Get Out

Universal

Der erste Besuch bei den Eltern der neuen Freundin ist für viele schon Horror genug. Regisseur Jordan Peele nimmt die üblicherweise für Komödien genutzte Prämisse (siehe „Meet the Parents“), um daraus einen genretwistenden Film über Alltagsrassismus zu machen. Denn Chris (Daniel Kaluuya), der junge Mann, den Rose (Allison Williams) in das imposante Landhaus mitnimmt, ist schwarz. Eine Atmosphäre der Bedrohung, der versteckten Feindseligkeit liegt in der Luft. Ein Film, der einen nach Luft schnappen lässt, ein Film, der von Rassismmus und cultural appropriation erzählt und dies ohne auch nur einmal den Zeigefinger zu erheben. Wer 2017 nur einen Film angeschaut hat, dann hoffentlich den. (Pia Reiser)

Elle

Isabelle Huppert

Filmladen

Es kommt zum radikalen Bruch in ihrem Leben, als die erfolgreiche Firmenchefin Michèle (Isabelle Huppert) eines Nachts zuhause von einem Fremden überfallen und vergewaltigt wird. Nein, „Elle“ ist kein herkömmliches Vergewaltigungsdrama. Kultregisseur Paul Verhoeven ist Grenzgänger, Gesellschaftssatiriker und Provokateur, egal welchen Genres er sich gerade bedient, ob Science Fiction („Robocop“, „Starship Troopers“) oder eben ein Film wie dieser. Michèle wird folglich nicht als Opfer stilisiert, sie wird zur Jägerin ihres Peinigers.

Ein moralisierender Ton wird bewusst außen vorgelassen. Diese Umkehr etablierter Rollen, wie auch Verhoevens Gespür für Suspense und Isabelle Hupperts hervorragender Performance, machen „Elle“ zu dem herrausragenden Werk, über das gerne gestritten werden darf, das aber einen Platz in dieser Liste haben MUSS. (Jan Hestmann)

Blade Runner 2049

Ryan Gosling in "Blade Runner 2045"

Warner

Wenn K alias Ryan Gosling, der als melancholischer Maschinenmensch sinnsuchend durch die urbane Wüste taumelt, letztlich seinen Vorgänger Rick Deckard trifft, mutiert das ambitionierte Epos endgültig zu einem Pflichtfilm des Jahres. Man möchte in diesem narkotisch dahinschleichenden Film versinken, will den Kinosaal auch nach 163 Minuten Laufzeit nicht verlassen. Denis Villeneuve hat, wie einst Ridley Scott mit „Blade Runner“, ein Meisterwerk des erwachsenen Sci-Fi-Kinos geschaffen. (Christian Fuchs)

Die beste aller Welten

Filmstill "Die beste aller Welten" Kind und Mutter liegen am Boden und lesen Zeitung

Polyfilm

Die Zeiten ändern sich. Früher wäre ein österreichisches Sozialdrama rund um eine heroinsüchtige Mutter und ihren kleinen Buben wahrscheinlich die reinste filmische Tristesse gewesen, vor allem auch in formaler Hinsicht.
Und dann kommt heute ein heimischer Film wie „Die beste aller Welten“ daher. Der nicht bloß verstören oder gar belehren will, sondern hauptsächlich mitreißen, packen, berühren. Mit unglaublich echt wirkenden Darstellern, Bildern, die für beklemmendem Realismus, aber auch glühende Poesie und pure Atmosphäre stehen und mit einer virtuosen Tonspur.
Man wünscht sich von Regisseur Adrian Goiginger nach diesem großartigen Werk sofort weitere Filme, die das heimische Kino im Geiste verwandter US-Indie-Meilensteine wie „Beasts Of The Southern Wild“ neu definieren. (Christian Fuchs)

Good Time

Filmstills aus Good Time mit Robert Pattinson

Polyfilm

Eine Wucht. Mit ihrem Film „Good Time“ schaffen es die Safdie Brothers schon im ersten Close Up eine Intensität zu erzeugen, die von da an nicht mehr nachlassen soll. Was folgt ist eine Achterbahnfahrt durch die dunkelsten, dreckigsten Gassen und tiefsten menschlichen Abgründe. Seite an Seite mit Robert Pattinson, der nicht mehr wiederzuerkennen ist, den Getriebenen restlos verinnerlicht hat und eine Performance abliefert, die den Schauspieler schlicht neu erfindet. Er spielt den Kleinkriminellen Connie, der seinen geistig beeinträchtigten Bruder Nick (ebenso großartig gespielt von einem der Regisseure (!), Ben Safdie) dazu drängt, gemeinsam mit ihm eine Bank auszurauben. Auf der Flucht gerät die Situation außer Kontrolle. Das in Nebel und Neonlicht gehüllte Gangster-Drama ist eine der im schönsten Sinne großen Überraschungen dieses Filmjahres. Seine Eindringlichkeit, unterstützt von einem fordernden, unruhig vibrierenden Soundtrack, gräbt sich tief ins Knochenmark hinein und lässt sich so leicht nicht mehr abschütteln. (Jan Hestmann)

Western

Szenenbild aus "Western"

viennale

Stillsicher hat Regisseurin Valeska Grisebach ein alteingesessenes Genre in ein zeitgemäßes politisches Statement über Außenseiter verwandelt. Ein Western im Osten der EU, Schuss fällt hier nur einer - und der gilt einem sterbenden Pferd. Eine wortkarge Truppe deutscher Männer arbeitet auf einer Baustelle und hat im bulgarischen Nirgendwo für die freundlichen Einheimischen zunächst nur Arroganz parat. Grisebach erzählt eindringlich schön von dieser engen Welt, von Männerbeziehungen und einsamen Gefährten, die sich selbst am meisten fremd sind. (Petra Erdmann)

Tiger Girl

Ella Rumpf und Maria Dragus in "Tiger Girl"

constantin

Dieser Film ist nicht adrenalinschwanger, sondern hat mindestens Adrenalindrillinge auf die Welt gebracht. Berlin ist neonerleuchtet und „Tiger Girl“ nimmt einen mit auf eine unvorhersehbare, gewaltige und gewaltäige Achterbahnfahrt. Tiger (Ella Rumpf), der androgyne Freigeist mit krimineller Energie, schläft auf einem Dachboden und geht untertags kleinen Abzockereien nach. Zu Beginn überleg ich noch, ob der Film ihr Verhalten mit Wohlstandsverwahrlosung oder Verwahrlosung ohne Wohlstand erklären wird und entschuldige mich nach dem Film im Geiste dafür. Erklärversuche, wer denn nur für Tigers Verhalten verantwortlich zeichnet, gibt es hier nicht. Denn im Gegensatz zu so vielen anderen Filmen will „Tiger Girl“ auch ein Film sein und keine Broschüre zum besseren Verständnis der Gesellschaft. Eine Lektion in Sachen Coolness für den deutschen Film. (Pia Reiser)

Was euer Film des Jahres ist, darüber - und über viele andere Dinge auch - könnt ihr beim FM4 Exit Poll abstimmen!

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