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Uni-Proteste mit Transparenten gegen Studiengebühren

Irmi Wutscher

Studiengebühren und eine unpolitische ÖH

Was steht im Regierungsprogramm zu Unis und Studieren? Und was sagen die Unis und ÖH dazu? Eva Blimlinger von der Universitätenkonferenz und Marita Gasteiger von der ÖH zu den Vorhaben der neuen Regierung bezüglich Unis und Hochschulpolitik.

Von Irmi Wutscher

Am Montag bei der Demo gegen die Angelobung der Regierung war es im ÖH-Demozug fast ein bisschen Retro: Es gab Plakate gegen Studiengebühren und Slogans wie „Sparst du noch oder studierst du schon?“ waren auf Transparenten zu lesen. Denn Pläne für Studiengebühren von 500 Euro pro Semester sind schon vor der Regierungsangelobung an die Öffentlichkeit gedrungen.

Aufregerthema Studiengebühren

„Wir hatten in Österreich schon einmal Studiengebühren und wir wissen daher, dass Studiengebühren Studierende von den Hochschulen verdrängen, dass Studiengebühren die Qualität der Lehre nicht verbessern und dass sie sozial selektiv sind“, sagt Marita Gasteiger (GRAS) vom ÖH Vorsitzteam.

Uni-Proteste mit Transparenten gegen Studiengebühren

Irmi Wutscher

Studiengebühren gibt es eigentlich jetzt schon, dank zahlreicher Ausnahmeregelung sind aber die meisten Studierenden davon befreit. Unter Schwarzblau eins sind 2001 allgemeine Studiengebühren eingeführt worden. Damals ist die Zahl der Studierenden um ein Fünftel gesunken, die Zahl der StudienanfängerInnen um rund 14 Prozent. Allerdings kommt der „Bericht zur sozialen Lage der Studierenden“ von 2003 zum Ergebnis, dass die Einführung der Studiengebühren an der sozialen Zusammensetzung der Studienanfänger an den Unis zwischen 1999 und 2001 nur wenig geändert hat.

Eva Blimlinger ist Rektorin der Akademie für bildende Kunst und wird ab Jänner den Vorsitz der Universitätenkonferenz (UNIKO) innehaben. Sie sagt zum Thema Studiengebühren: „Ich persönlich habe Studiengebühren immer abgelehnt und lehne sie weiterhin ab. Es gibt da in der UNIKO aber ganz unterschiedliche Positionen. Einig sind wir uns darin, dass Studiengebühren dann sinnvoll sind, wenn sie in ein Gesamtsystem eingebettet sind.“ Da müssten etwa Stipendien ausgebaut werden, auf Betreuungspflichten stärker Rücksicht genommen werden etc. Diese Dinge stehen auch im Regierungsprogramm drinnen.

Eva Blimlinger

APA/ROBERT JAEGER

Eva Blimlinger

500 Euro Studiengebühren wurden kolportiert. Wobei im Regierungsprogramm steht, dass der private Finanzierungsanteil der Hochschulen 0.5 Prozent des BIP gesteigert werden solle. Sollte das allein aus Studiengebühren erwirtschaftet werden, so rechnen ÖH und Blimlinger vor, wären das Studienbeiträge von mehr als 5.000 Euro pro Studierendem. Eva Blimlinger dazu: „Also entweder sie haben sich verrechnet oder es ist wirklich so - dann ist echt Feuer am Dach! Weil dann haben wir englische Verhältnisse!“

Das allgemeinpolitische Mandat der ÖH

Feuer am Dach ist die für die ÖH auch, weil das allgemeinpolitische Mandat der HochschülerInnenschaft abgeschafft werden soll. Bisher heißt es im Gesetz, die ÖH ist die Interessensvertretung der Studierenden in Uni-Fragen und ganz allgemein. Im Regierungsprogramm heißt es nun „die der Hochschülerschaft (sic) zur Verfügung gestellten Mittel sollen ausschließlich für Aufgaben der Beratung und Interessenvertretung von Studierenden“ verwendet werden dürfen. Kontrolle und Sanktionsmöglichkeiten gegenüber der ÖH sollten ausgeweitet werden.

Marita Gasteiger von den GRAS

APA/HERBERT NEUBAUER

Marita Gasteiger

„Das werden wir so nicht hinnehmen“, sagt Marita Gasteiger vom ÖH Vorsitzteam. „Ich frage mich auch, wie das legistisch gehen soll. Man kann ja Interessensvertretungen nicht den Mund verbieten oder ihnen vorschreiben, was sie sagen dürfen.“ Die ÖH sieht diese Ansage im Regierungsprogramm als Teil einer Schwächung von Interessensvertretungen, die in verschiedenen Bereichen betrieben wird. Wobei manche Fraktionen in der ÖH - etwa die AG, die JUNOS und der RFS - die ÖH auch lieber als reine Serviceeinrichtung sehen wollen. „Es gibt hier immer wieder Diskussionen innerhalb der ÖH“, sagt Gasteiger. „Die Fraktionen, die derzeit den Vorsitz stellen, sind sich aber in diesem Punkt einig.“

Auch die Rektorenkonferenz steht auf der Seite der ÖH. Eva Blimlinger kommentiert das Vorhaben der Regierung: „Auf der einen Seite will man Volksbefragungen und alle einbinden, bei der ÖH will man das Gegenteil. Also dort, wo es einem nicht passt, will man das beschneiden? Um ehrlich zu sein: auch in der Besetzung von Hörsälen sehe ich einen Servicecharakter, weil das ist im Interesse von Studierenden.“

Bessere Betreuungsverhältnisse, weniger Langzeitstudierende

Wenn es tatsächlich Studiengebühren gibt, müssten die Betreuungsverhältnisse in Massenfächern nachhaltig verbessert werden, sagt Blimlinger. „Wenn sich das nicht bessert, steigt die Klagsbereitschaft der Studierenden – das sehen wir ja jetzt schon.“ Für bessere Betreuungsverhältnisse würde die Studienplatzfinanzierung sorgen, die ja schon von der letzten Regierung beschlossen wurde und die im Umkehrschluss wohl Zugangsbeschränkungen bedeutet. „Wenn ich eine Verbesserung von Betreuungsverhältnissen will, ist auf der einen Seite die Aufstockung von Lehrpersonal notwendig, auf der anderen Seite die Frage: wie ist ein Zugang zu regeln?“, sagt Blimlinger. Dabei müsse man auch berücksichtigen, dass Zugangsbeschränkungen in einem Fach nicht nur die Studierenden in ein anderes Fach verschiebt. So wie das etwa bei den Zugangsbeschränkungen für das Medizinstudium war, wo die Studierenden dann auf Biologie und Chemie ausgewichen sind.

Uni-Proteste mit Transparenten gegen Studiengebühren

Irmi Wutscher

Die ÖH macht sich Sorgen um weitere Verschlechterungen im Studienrecht. Konkret stehen im Regierungsvorhaben zum Beispiel die Punkte „Frage der Festlegung maximal zulässiger Studiendauern“ oder „Abmeldepflicht bei Inaktivität“ oder „Einschränkung der Mehrfachinskriptionsmöglichkeit“.
„Da wird gar nicht nachgefragt: Woher kommt das? Warum studieren Menschen länger als die Regelstudienzeit?“, ärgert sich Marita Gasteiger. Das, gemeinsam mit dem „Leistungsprinzip“, das in mehreren Punkten angedacht ist, wird nur gewissen Studierendengruppen zugutekommen, befürchtet die ÖH: „Davon profitieren jene, die viel Zeit in das Studium investieren können, die einen gesicherten Hintergrund haben. Also wieder nicht genau jene, die arbeiten müssen, die finanziell nicht so gut abgesichert sind“, sagt Gasteiger.

Und der neue Minister?

Zur Bestellung von Heinz Faßmann zum Wissenschafts- und Bildungsminister und zur (Wieder)Zusammenlegung von Wissenschaft und Bildung äußern sich sowohl ÖH als auch Blimlinger vorsichtig positiv. „Wir, die UNIKO sind froh, dass jemand dort sitzt, der die Unis gut kennt“, sagt die zukünftige UNIKO-Präsidentin Blimlinger. „Und so unterschiedlich die Standpunkte vielleicht sind, hoffe ich doch, dass man da zu guten Lösungen kommt.“ Die Zusammenarbeit mit Faßmann, der auf der Uni Wien Vizerektor und für Studierende aus Drittstaaten zuständig war, bezeichnet die ÖH als „durchwachsen“. Man werde schauen, was in Zukunft von ihm kommt.

Dafür freut sich die ÖH über die Zusammenführung von Bildung und Wissenschaft. „Da gab es verwaltungstechnische Redundanzen“, sagt Gasteiger. Jetzt sei ein Ministerium für die Pädagogischen Hochschulen und die Unis zuständig. „Und Bildung ganzheitlich zu betrachten, das macht schon Sinn!“

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