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Weihnachtsmesse in der Justizanstalt Klagenfurt, Gefangenenchor, Trommel-Gruppe, Musik, Publikum

Gersin Livia Paya

Weihnachten hinter Gittern

Für Menschen, die den Heiligabend hinter Gittern verbringen, ist es die schlimmste Zeit des Jahres.

Von Gersin Livia Paya

8.279 Menschen befinden sich derzeit in Justizanstalten in Österreich und verbringen somit auch den Festtag in Haft.

„Weihnachten ist da anders.“
- „Es ist nicht da?"
"Ja, genau.“ so Aldin, ein 15-jähriger Häftling.

Der 24. Dezember ist ein schwieriger Termin in Strafanstalten. An diesem Tag wird das Gefühl des Freiheitsentzug nochmals bekräftigt. Es ist die schlimmste Zeit des Jahres, da sind sich alle einig, vor allem die minderjährigen und jugendlichen Häftlinge in der Justizanstalt Klagenfurt.

Die Einrichtung hat mit 373 Insassen, auch viele Minderjährige, sowohl junge Männer als auch junge Frauen. Sie befindet sich mitten im Stadtzentrum, mitten im Leben der Stadt. Riecht man zuerst noch Punsch, verliert sich dieser Geruch nach dem Security-Check beim Betreten des Gebäudes.

Weihnachtsmesse in der Justizanstalt Klagenfurt, Gefangenenchor, Trommel-Gruppe, Musik, Publikum

Gersin Livia Paya

Das Gefängnis gibt sich sichtlich Mühe, weihnachtliche Stimmung aufzubauen. Weihnachtskränze hängen von der Decke an den Zellen-Fluren und ein großer Weihnachtsbaum ziert den Aufenthaltsraum.

Weihnachtsmesse in der Justizanstalt Klagenfurt

Gersin Livia Paya

In diesem Raum findet die Adventmesse der Justizanstalt für und mit den Gefangenen statt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Familie und Freunde. Die Einrichtung hat einen Gefangenenchor mit Rhythmusgruppe und Band, die Insassen machen Musik. Und das machen sie sehr gut, vor allem aber mit einer spürbaren Energie, die laut sein möchte, stark ist und auch schmerzt.

Eine Veranstaltung, bei der viele Gefangene beiderlei Geschlechts Gefühle zeigen. Man spürt, dass es sie Mut kostet, vor den Mithäftlingen zu stehen und zu singen. Aber letztlich erscheint es als gutes Ventil für den herausfordernden Tag. Der Gefangenenchor singt mit voller Kraft „Freedom is coming“, gleich einem Trance-Zustand wiederholen sie den Refrain minutenlang, um dann aus der Kapelle in die Zellen zurückzukehren.

Weihnachtsmesse in der Justizanstalt Klagenfurt, Gefangenenchor, Trommel-Gruppe, Musik, Publikum

Gersin Livia Paya

Wenn ich hier rausgehe, geht mein Alltag mit Terminen und anderen Chören weiter. Wir sind hier für ein paar Stunden und wissen, dass wir wieder hinauskönnen, für die Insassen ist das schwierig,“ so der Gefangenenchor-Leiter Eduard Oraze. Die Leiterin der Rhythmusgruppe, Natascha Konzilia, ergänzt: „Die freie Luft, die wir dann draußen wieder atmen, ist danach immer irgendwie frischer.“.

Diese Freiheit vermisst vor allem der minderjährige Aldin seit fast zwei Jahren. Er wurde inhaftiert wegen schweren Raubs.
Mit seinem Zellen-Genossen kommt er zwar gut aus, aber als Freund bezeichnen würde er ihn nicht. Den Kontakt zu seinen Freunden draußen kann Aldin nicht aufrecht erhalten, er hat weder ein Handy noch Internet. Fernseher, Radio und Zeitung bleiben ihm.

Aldins Zweier-Zelle ist wenige Quadratmeter groß. Vor seinem Einzelbett liegen Sneakers, ein Bild wie bei vielen Teenagern. Seine Freizeit verbringt er mit Billard spielen oder im Hof beim Trainieren. Wenn er draußen ist, möchte er eine Lehre zum Automechaniker machen, sagt er. Man merkt, dass ihn seine Zukunft mehr kümmert als Weihnachten.

Weihnachtsmesse in der Justizanstalt Klagenfurt

Gersin Livia Paya

Aldin darf bis zu zweimal die Woche je eine Stunde lang besucht werden, normalerweise allerdings nur durch eine Scheibe mit seinen Angehörigen sprechen.

Am 23.Dezember ist das anders. Er darf mit seinem Besuch essen und mit ihm vier Stunden gemeinsam im Zimmer verbringen. Aldin wird von seiner Großmutter besucht; seine kleine Schwester ist noch zu jung. Beide wird er an Heiligabend nicht sehen, denn da bleiben die Zellen zu. „Butterbrot und Marmelade gibt’s am 24.,“ erzählt Aldin.

Er wird aber, wie auch im Vorjahr, seiner Schwester eine Karte schreiben: „Mach dir keine Sorgen, ich bin bald draußen. Ich hab dich lieb.

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