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Mekong

Valerie Kattenfeld

Weltreiseblog

Von entspannten Flussfahrten und lautstarken Rumpelbussen

In Laos unterwegs sein ist ein Erlebnis.

Von Valerie Kattenfeld

Das Ankommen in Laos ist anders. Als ich aus dem Flugzeug steige, befinde ich mich nicht in der gewohnten Beton-Öde, wie ich sie von Flughäfen kenne. Hinter dem Asphalt hebt sich bereits die für Laos typische Natur ab: ein bewaldeter Berg, von dichten Nebelschwaden umgeben. Mystisch. Die Wolken hängen tief, so als hätte jemand aus dem Himmel Rauchringe geblasen und auf die Bergspitzen gezielt. Ich erliege dieser sanften Schönheit sofort. Während die anderen Passagiere hinter mir zum Visa On Arrival Schalter strömen, muss ich eine Weile stehen bleiben und schauen. Ankommen. Spüren. Atmen. Ja, das ist Liebe auf den ersten Blick.

Hügel im Nebel

Valerie Kattenfeld

„Laos is simply beautiful!“ lacht Om, der sechsundzwanzigjährige Biologe, auf dessen Grundstück ich eine Woche mithelfen darf. Jedes südostasiatische Land hat von der Tourismusindustrie sein eigenes Attribut verliehen bekommen: amazing Thailand, Cambodia - kingdom of wonders. Und Laos ist eben „simply beautiful“. I absolutely agree! Zu Oms Hütte gelangen wir mithilfe eines Fischerboots. Der Laote wohnt direkt am Mekong River, etwa eine Stunde Flussfahrt von Luang Prabang. Wir gleiten still über das braune Wasser zwischen bewaldeten Hügeln. Als Sonnenschutz bekomme ich einen Schirm in die Hand gedrückt.

Als wir ankommen, fragt mich Om, ob ich Wiener Schnitzel machen kann. „Klar!“ sage ich, „Wieso?“. Om hat bereits Fleisch besorgt und erteilt mir das Kommando in seiner Open-Air Küche mit einer offenen Feuerstelle als Herd. Und so kommt’s, dass ich an meinem ersten Abend im laotischen Dschungel Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat esse!

Pancake

Valerie Kattenfeld

Pancake geht auch

Kulinarisch betrachtet wird diese Woche das Highlight meiner bisherigen Weltreise. Auberginenpasta, Pancakes mit Kardamon und geriebener Limettenschale, Pad Thai mit gerösteten Erdnüssen und Sticky Rice mit Mokh, in Bananenblätter eingewickeltes gegartes Faschiertes. Sticky Rice wird mit den Fingern gegessen - man kann ihn wie einen Schokoriegel halten und abbeißen. Ähnlich wie meine Gastgeber in Paraguay, baut Om alles selbst an. Im Garten ragen die jungen Bambusspitzen aus der Erde. Auf einmal habe ich ein Bild zum „Hühnerfleisch mit Bambussprossen und Pilzen“ - Worte, die ich dutzende Male auf den Karten von Chinarestaurants gelesen habe. Wir kappen die türmchenförmigen Bambussprossen und verwenden sie für eine typisch laotische Suppe, die durch konstantes Eintauchen und wieder Auswringen von Blättern dunkelgrün, ja fast schwarz gefärbt wird. Mit seinem Grundstück hat Om große Pläne. Ein Eco-Tourismusort soll hier entstehen, der ebenso im Austausch mit dem Dorf auf der anderen Seite des Flusses steht. „Sudhica“, so der Name des Projekts, gilt als vielversprechendes Start-up Unternehmen. Auf internationalen Konferenzen hat Om bereits zwei Mal Barack Obama getroffen.

Om

Valerie Kattenfeld

Nach einer Woche Baumhacken, Reis pflanzen und Lehmziegelproduktion ziehe ich weiter. Nach dem obligatorischen Tempel-Besichtigungstag in Luang Prabang nehme ich ein Slow Boat nach Pakbeng. Ich hatte von diesen Bootsfahrten schon lange gelesen, sie gelten als Highlight eines Laos-Aufenthaltes.

Die Atmosphäre auf dem Schiff ist entspannt. Etwa zehn Touristen und dreißig Laoten und Laotinnen sind auf dem Boot. Eine junge Frau in einem orangenen schulterfreien Kleid legt das Kinn ans Fenster und schließt die Augen. Lächelt. Der Wind streicht ihr die hellbraunen Strähnen über das Gesicht. Sie lässt sich nicht stören von den Kindern, die immer wieder über das Boot rennen, zwischen der hinteren Snackbar und den Eltern, die vorne zwischen Reissäcken sitzen. Ich beneide sie, ich wäre gerne selbst so entspannt. Aber seit dem Vortag grummelt mein Bauch. Das Schlimmste steht mir noch bevor: der nächste Tag im Spital und dann ein stetiges Pendeln zwischen Bad und Bett meines Hotelzimmers. Auf dem Boot fühle ich mich schlapp, bin übermüdet und unglücklich über den harten Sitz. Eine Weile höre ich Musik mit meinem laotischen Gegenüber. Jeder mit einem Kopfhörer-Stöpsel im Ohr, die Köpfe nah beieinander. Wir kommunizieren ohne Worte: ein Nicken, fragende Augenbrauen, ein hochgestreckter Daumen.

Später lege ich mich nach hinten auf den Boden, zu den mittlerweile schlafenden Kindern.

Kinder am Schiff

Valerie Kattenfeld

In Pakbeng liege ich mit meiner Magen-Darm Geschichte erst mal zwei Tage flach. Als ich bereit für die Weiterfahrt bin, verpasse ich am Morgen den Bus. Genau wie Anja, eine deutsche Opernsängerin. Macht nichts, wir gehen gemütlich frühstücken und nehmen den nächsten. Eine gute Idee, denn Bus fahren in Laos ist ziemlich wild. Laut Stefan Loose Reiseführer „eine Erfahrung, die man überstehen muss, damit man sie nachher erzählen kann.“.

Unser Minibus hat fünf Sitzreihen mit jeweils zwei Sitzen auf einer und einem auf der anderen Seite. In den Gang dazwischen wurden Mini-Sesselchen gestellt, wie man sie von Kindergärten kennt. Leute und Gepäck werden hineingestopft, bis jeder Kubikmeter gut ausgenutzt ist. Koffer, Reissäcke, Vogelkäfig und Proviantsackerl stapeln sich zwischen munteren Passagieren. Fröhliche Musik dudelt lautstark aus der Anlage, dazu schwingen die Vorhangbommel bei jeder Kurve mit. Der Blick auf die Berge ist einzigartig, genau wie die gute Laune. Bei den Straßenerhebungen hebt es uns jedes Mal aus den Sitzen. Schnell etabliert sich der Running Gag, dass der gesamte Bus bei jedem Rumpler „U-huuu!“ ruft, gefolgt von einem herzlichen Lachen.

Das Highlight ist die Klopause. Es ist bereits dunkel und der Bus bleibt auf der Straße stehen. Einige Leute steigen aus, ziehen sich die Hose runter und hocken sich auf die Straße, direkt neben dem Bus. Ich bin froh, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht muss und dass die vorige Pause in einem Restaurant war.

Mit Anja im Bus

Valerie Kattenfeld

Anja und ich verbringen drei oder vier entspannte Tage in Luang Namtha, bevor unsere Wege sich wieder trennen. Eine wilde Langstreckenfahrt über die vietnamesische Grenze schaffe ich noch. Während wir auf die Pässe warten, verteilt jemand Zuckerl. Alle schmeißen das Papier auf den Boden. Ich sammle es ein, die anderen lachen. Sie schauen mir nach, als ich die zehn Meter zum Mistkübel gehe.

Der Busfahrer schneidet sich die Nägel. Erst später erfahre ich, dass lange Nägel als Zeichen von Wohlstand gelten. Sie bedeuten, dass man keine Arbeit hat, bei der man sich die Hände dreckig machen muss.

Als die letzten Passagiere zum Bus kommen, packt noch einer ein Zuckerl aus. Steckt sich die Süßigkeit in den Mund und die Verpackung in die Hosentasche. Ich zwinkere ihm anerkennend zu.

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