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"Ersticke deine Wut" - gestickt auf weißem Stoff

Antonia Stabinger

Die Zudeckerin

Die Zudeckerin - Wut ersticken leicht gemacht

Jetzt lässt sich die ehemalige Aufdeckerin vom frischen Wind der österreichischen Politik die Tränen des Handwerksglücks in die Augen treiben.

Die Zudeckerin

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Veränderung! Was für ein verheißungsvolles Wort. Vier Silben hat es und sogar einen Umlaut, das kann nur Großartiges bedeuten. Und seit die neue Regierung im Amt ist, taucht es immer wieder wie ein frisch verstorbener Aquariumfisch an der Oberfläche auf. Und ja, auch ich wurde von dem trendigen Hype nicht ausgespart: Wie ich das letzte Mal berichten durfte, wurde ich ebenfalls angelobt. Oder eher hochoffiziell umgelobt: Seit dem 18.12.2017 bin ich die Zudeckerin des Landes.

Die Zudeckerin

„Die Zudeckerin“ wird gesprochen und geschrieben von Antonia Stabinger. Sie ist Kabarettistin, schreibt und spielt im Theaterkabarett-Duo Flüsterzweieck.

Ab jetzt wird mein Spezialgebiet das unauffällige Verschleiern und die große Kunst der eleganten Ablenkung sein. Und das ist mit Sicherheit zu meinem Besten! Die ständige Aufdeckerei war ja schon auch anstrengend. Endlich sind die Zeiten vorbei, in denen ich ständig wunde Ohren vom vielen Horchen an schlecht geschliffenen Türen hatte. Der frische Wind der neuen österreichischen Politik treibt mir Tränen des Glücks in meine bisher so unfehlbaren Augen. Eine Zeit der Leichtigkeit bricht an! Augen zu und durch.

Im Übrigen gibt es eh nur mehr Frohbotschaften! Zum Beispiel hat die Freiheitliche Partei nun eine neue Staatssekretärin: Marlene Svazek. Selbstbewusst konstatiert sie bei einer Rede in Salzburg: „Ich vertrete dieselben Ansichten wie meine männlichen Kollegen, weil genau deshalb bin ich auch bei der FPÖ.“ Ist das nicht toll? Aber wie versprochen wollen wir uns mit solchen Themen nicht mehr unnötig aufhalten.

Für die frischgebackene Zudeckerin zählen ab jetzt relevantere Dinge: Wann habt ihr zum letzten Mal gestickt? Das Sticken ist nämlich eine hübsche handwerkliche Tätigkeit, die zwar ein bisschen aus der Mode gekommen ist, die man aber mit wenig Aufwand in den eigenen vier Wänden ausführen kann. Und das Schöne ist: Nichts ist vorgegeben! Ich selbst betreibe in letzter Zeit zum Beispiel das sogenannte „Schimpfwörter sticken“. Als kleine Motivation für diese häusliche Tätigkeit teasere ich euch jetzt mit meinen Erfolgen: Mein erstes Werk war ein phantasievoller Tischläufer, auf den ich in kunstvollen Lettern mit Inbrunst das Wort „OASCH“ gestickt habe. Praktisch: Bei Konflikten am kleinkarierten Mittagstisch muss ich ab jetzt keine schlechten Wörter mehr benutzen, sondern brauche nur noch zu deuten.

Mein neues Großprojekt ist der Zierpolster für meine Couch. Da hab ich bereits ein „S“ und das „O“ in blass-rosé auf den blaubeerfarbenen Polsterüberzug gestickt. Obwohl die Schrift sehr klein sein muss, versuche ich dabei, eine ganz besonders schwierige Verzierungstechnik anzuwenden. Bis am Schluss „SOG AMOL GSPIATS IA EICH NO?“ dasteht, bin ich also locker so lange beschäftigt, bis alle Veränderungen verebbt sind. Ersticke auch du deine Wut! Viel Begnügen.

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