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Museum of Broken Relationships

Ein Hochzeitskleid im Einmachglas

Banale Gegenstände stehen in Beziehungen oft für das große Besondere. Bis zur Trennung. Was von der Liebe übrig bleibt, wird in einem Museum in Zagreb und Los Angeles gezeigt. Und jetzt auch in einem Buch.

Von Zita Bereuter

Ein kleiner weißer Aufziehhase bedeutete viel in der Beziehung von Olinka Višticas und Dražen Grubišićs. Nach der Trennung der beiden Künstler wurde das Spielzeug allerdings zu emotionalem Sondermüll. Keiner wollte ihn, wegwerfen kam aber auch nicht in Frage. Vielmehr sollte diesem Hasen, ebenso wie anderen Gegenständen mit einer aufgeladenen Geschichte, ein besonderer Ort zukommen.

Olinka Višticas und Dražen Grubišićs sammelten im Freundeskreis derartige Objekte und stellten diese Relikte schmerzhafter Erinnerungen 2006 bei einem lokalen Festival in Kroatien aus. Anonym - mit der jeweiligen Beziehungsgeschichte als Begleittext.

Die Ausstellung wuchs und wurde weltweit über 40 Mal gezeigt. Sie führte zum „Museum der zerbrochenen Beziehungen“ in Zagreb, zu einer Zweigstelle in Los Angeles und einer umfangreichen Webseite.

Seit wenigen Tagen kann man in der deutschsprachigen Ausgabe dieser intimen Beziehungsdramen auch blättern. Vom Hochzeitskleid im Einmachglas („Ich schmeiße nicht gerne Sachen in den Müll, die noch völlig in Ordnung sind, aber die Vorstellung, dass eine andere Frau ahnungslos in einem Kleidungsstück herumläuft, das meine zerbrochenen Träume so deutlich repräsentiert, behagt mir wirklich nicht.“) über einen Geldschein mit einer Mailadresse („Wir heirateten. Er kostete mich viele Geldscheine. Sehr viele.“) bis hin zu Froschfiguren („Meine Mutter verließ uns, als ich drei war. Das ist eines der wenigen Weihnachtsgeschenke, die ich je von ihr bekommen habe.“)

Buchcover "Museum der zerbrochenen Beziehungen"

Rowohlt Verlag

Olinka Vištica/Dražen Grubišić: Das Museum der zerbrochenen Beziehungen. Was von der Liebe übrig bleibt - Geschichten und Bilder. Aus dem Englischen von Marcus Gärtner. Rowohlt Verlag 2018

Etwas lieblos ist leider die Gestaltung des Buches. Noch dazu, wo es von zwei Künstlern herausgegeben wurde. Da wäre mehr möglich gewesen.

Im Buch sind 75 traurige, dramatische oder makabere und wütende Erinnerungen an Beziehungen zwischen Liebespaaren und auch Eltern und Kindern. Oder der eigenen Person – jemand hat eine zu weite Jeans abgegeben. („Ich möchte mich damit von dem Teil meiner Persönlichkeit verabschieden, der immer so hysterisch aufs Gewicht geschaut hat, und mich nun auf andere Dinge im Leben konzentrieren.“) Auf der gegenüberliegenden Buchseite steht der Ratgeber „Ich mach dich schlank“ symbolisch für das Ende einer Beziehung („Das war ein Geschenk meines damaligen Verlobten … muss ich mehr dazu sagen?“). Es gibt aber auch komische Gegenstände, wie die Intimwaschlotion („Nachdem die Beziehung in die Brüche gegangen war, polierte meine Mutter damit die Fenster. Sie behauptete, das Zeug wäre super dafür.“)

Ein originelles Exponat entstand erst nach Beziehungsende: Der Pullover, den eine Frau ihrem Partner immer stricken wollte. Der konnte sich aber nie entscheiden, wie der Pullover aussehen sollte. Nachdem er sie verlassen hatte, strickte sie ihm „den Scheißpullover“ des Zauderns, der völlig untragbar ist.

Befremdlich ist die „Ex-Axt“, mit der jemand die Möbel der Ex zerstörte („um ein bisschen Dampf abzulassen und ihr wenigstens ansatzweise klarzumachen, wie es sich anfühlt, etwas zu verlieren - das Gefühl kannte sie ja offenbar nicht“). In diesem Fall versteht man die Ex etwas besser.

Manches wird in einem Satz erklärt, manchmal sind es kleine Geschichten, die den Gegenständen anhaften. Immer aber erzeugen die Objekte großes Kopfkino. Nicht nur stellt man sich das Leben um den Gegenstand vor, man überdenkt auch die eigene Beziehungsgeschichte. Und stößt dabei eventuell auf mögliche Exponate...

Diese universelle Sammlung ist ebenso traurig und tragisch wie tröstend. Das Buch ist berührend, bezaubernd und beeindruckend.

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