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Cate Blanchett in "Manifesto"

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Filmflimmern

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Neu im Kino: Manifesto, Wind River, 50 Shades Freed, Atelier de Conversation. Außerdem: Uma Thurman, Harvey Weinstein, Quentin Tarantino und der verheimlichte Autounfall am Set von „Kill Bill“.

Von Pia Reiser

Manifesto

13 Cate Blanchetts zum Preis von einer Kinokarte: Julian Rosefeldts Film-Installation „Manifesto“ wandert nun in die Kinos. In 13 Inkarnationen begegnet man Blanchett, als Obdachloser, als Börsenmaklerin, als Choreografin, als Witwe bei einer Beerdigung. 13 Perücken, 13 Akzente, noch mehr Kunstmanifeste. Denn alles, was Blanchett in diesem Film spricht, ist ein von Regisseur Rosefeldt aus zahlreichen Kunstmanifesten zusammengesetzter Monolog. Texte über Dada, Fluxus, Futurismus, aber auch Lars van Triers „Dogma“-Regeln werden zu Reden auf Beerdigungen, Anweisungen für Tänzer, einem Gebet bei Tisch.

Klingt verkopft, ist es auch, trotzdem zumindest für einige Zeit faszinierend anzusehen, vor allem, weil all die verschiedenen Manifeste in ihrem brennenden Begehren, die Vergangenheit auszulöschen und etwas einzigartig Neues zu starten so herrlich ineinander übergehen und Egozentrik versprühen. Blanchett ist üblicherweise eine Schauspielerin, die in ihren Rollen verschwinden kann, man denke nur an ihre Darstellung von Bob Dylan in „I’m not there“, in „Manifesto“ ist ihr Spiel stellenweise weniger zurückgenommen. Ihre Darstellung einer wütenden Punk-Sängerin, die ein bizarr pseudo-rockiges Backstage-Szenario verwüstet, wird zur unfreiwilligen Parodie. Wir verleihen 6 von 10 bärtigen Blanchetts.

Wind River

Taylor Sheridan, der verflixt coolste Drehbuchautor, der einen mit „Sicario“ und „Hell or High Water“ an den Kinosessel gefesselt hat, legt mit „Wind River“ seinen zweiten Film als Regisseur vor. Elisabeth Olsen ermittelt als FBI-Agentin in einem Reservat, unterstützt wird sie von Fährtenleser Cory (Jeremy Renner). „Wind River“ ist ein bitterer Kommentar über die triste Lage der Native Americans, schreibt Christian Fuchs hier, verpackt als atmosphärisches Hochspannungskino. Er verleiht 8 von 10 Schneeflocken.

Filmstills aus "Wind River"

Thimfilm

50 Shades of Grey 3

Die samtige und kristallfunkelnde Millennial-Sadomaso-light Saga geht in die dritte und finale Runde, das heißt man trifft zum letzten Mal Busenblitzer, Handschellen und Eiswürfel, arrangiert in kühlen Blautönen in der wohl seltsamsten Franchise-Ausgeburt der letzten Jahre. „50 Shades Freed“ ist vor allem eines: eine Audi-Product Placement-Oper. Abgesehen davon heiraten Anastasia Steele (Dakota Johnson) und Christian Grey (Jamie Dornan) und flitterwochen durch Europa und das alles in der aseptischen Perfektion eines Pinterest-Boards. Luxusbrot und Peitschchen im Hafen der Ehe, wer braucht denn da noch ein Narrativ! Martina Bauer verleiht 2 von 10 Punkte.

Dakota Johnson und Jamie Dornan in "50 Shades Freed"

UPI

Atelier de Conversation

Wir gehen weiter, vom red room ins „Atelier de Conversation“. Bernhard Braunsteins Dokumentation begibt sich in die Bibliothek des Centre Pompidou in Paris, um wöchentlichen Gesprächsrunden beizuwohnen, an denen jeder teilnehmen kann, der sein Französisch verbessern bzw sich austauschen will. Auch kontroverse Fragen werden hier höflich diskutiert, man hört einander zu. Die Weltstadt Paris bildet „Atelier de Conversation“ im Kleinen ab. Ein schönes Kleinod in Dokumentarfilmform.

Szenenbild aus "Atelier de Conversation"

Stadtkino

Außerdem

Die aktuellen HauptprotagonistInnen der sich fortwährend vergrößernden #TimesUp-Diskussion sind Harvey Weinstein, Quentin Tarantino und Uma Thurman. Thurman hat in einem Interview mit der „New York Times“ über Weinsteins sexuelle Übergriffe gesprochen - Weinstein reagierte darauf mit der Veröffentlichung einer Reihe von Fotos, die ihn und Thurman bei Veranstaltungen zeigen, für Weinstein Beweis für „the strong relationship between them“.

In dem Interview spricht Thurman auch erstmals über einen Autounfall, der am Set von „Kill Bill“ passiert ist und vertuscht wurde, Thurman hat sich 15 Jahre lang bemüht, das Videomaterial zu bekommen, jetzt hat sie es via Instagram veröffentlicht. Man sieht, wie Thurman - die den Stunt an sich nicht selbst machen wollte - die Kontrolle über ein Auto verliert. Weinstein, seine Anwälte und die Agentur CAA hätten alles getan, um den Unfall zu vertuschen. Tarantino, so Thurman, hätte den Vorfall immer sehr bedauert und sie beim Auftreiben des Videomaterials unterstützt.

Doch Uma Thurman, die mit Tarantino von der Presse gerne als Kombination aus „der Künstler und die Muse/Best Buddies“ inszeniert wurde, hat nicht nur verteidigende Worte für Tarantino. Am Set von „Kill Bill“ soll er sie - bei den Proben für Szenen - bespuckt und mit einer Kette gewürgt haben. Tarantino erklärt das in einem Interview mit „Deadline“ als Teil der Szenenvorbereitung - „Also, I’m the director, so I can kind of art direct this spit. I know where I want it to land. I’m right next to the camera. So, boom! I do it.“

uma thurman, quentin tarantino

miramax

Dieser Teil der Thurman/Tarantino-Geschichte ist ein fixer Bestandteil der Hollywood-Geschichtsschreibung: Der Mann, der Regisseur, der Künstler, das düstere Genie, der für seine Kunst die Schauspielerin, die „Muse“ leiden lässt. Von Hitchcock zu Kubrick über Tarantino zu Darren Aronofsky.

In other Tarantino News ist ein Interview mit dem Regisseur aus dem Jahr 1993 aufgetaucht, in dem er sich mit Howard Stern über die Vergewaltigungs-Anschuldigungen gegen Regisseur Roman Polanski unterhält. „I don’t believe it’s rape. I mean, not at 13. Not, not for these 13-year-old party girls.“, so Tarantino. Der Fall Polanski ist auch einer, der im Zuge der durch den Fall Harvey Weinstein losgetretenen Debatten-Lawine erneut diskutiert wird. Große Empfehlung an dieser Stelle (wiedermal) für den Podcast „You must remember this“; der sich in zwei Episoden mit Polanski beschäftigt.

Der letzte Woody Allen Film „Wonder Wheel“ wurde noch bei der Viennale gezeigt, ob Allens schon abgedrehter „A Rainy Day in New York“ jemals in die Kinos kommen wird, steht momentan in den Sternen. Der Anschuldigungen seiner Stieftochter Dylan Farrow wurden im Rahmen der #metoo und #timesup-Diskussionen nun wieder Gehör geschenkt und nun scheint Allen nicht mehr unantastbar.

Good news for people who like good news: Wes Anderson und Juman Malouf werden im Herbst eine Schau für das Kunsthistorische Musuem in Wien kuratieren. Natalie Portman übernimmt eine Rolle in dem Brady Corbert Musical „Vox Lux“, man kann nur hoffen, dass sie auch rappen wird in dem Film.

Alles, was man über das jährliche Foto der Oscarnominierten wissen muss, hat der Guardian zusammengefasst, das beste dieses Jahr: Regisseurin Agnes Varda hat einen Papp-Aufsteller von sich selbst zum Fototermin geschickt. Chapeau.

Meryl Streep. Greta Gerwig und JR mit pappaufsteller von agnes varda

vulture

Termine

08.02.: Das siebente Siegel, Filmmuseum, Wien
9.02.: Grace Jones: Bloodlight & Bambi, Filmcasino, Wien
13.02: Das Testament des Dr Mabuse, Bellaria, Wien
14.02.: Breakfast at Tiffany’s, Filmcasino Wien

In diesem Sinn: Oh, golly gee damn! („Breakfast at Tiffany’s“)

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