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"Warum ist es gut andere Länder zu bereisen?“

Ich tue mir schwer, diese Frage als europäischer Tropentourist im Rahmen der Flüchtlingskrise zu beantworten.

Von Todor Ovtcharov

Ich war schon immer euer Low-Life Experte. Neulich, aber war ich ein reicher weißer Westeuropäer, der den Winter in den Tropen verbringt. Mein Low-Life Experten Status schien in Sri Lanka zu wackeln. Gleich nach dem Betreten des Landes wurde ich die ganze Zeit mit „Sir“ angesprochen. Ich muss zugeben, dass wenn ich über dreißig mal am Tag „Sir“ genannt wurde, irgendwann anfing, mich als „Sir Todor“ wahrzunehmen.

Übermutig zu sein, ist nicht gut. Während ich daran dachte, ob ich ein echter „Sir“ bin, kam ein frecher und schneller Affe und stahl mir meine Eiscreme. Eine Gruppe von pinken holländische Omas lachten prächtig, als ich schimpfend versuchte den Affen zu verfolgen. Warum verfolgte ich ihn überhaupt? Hätte ich ihn gefangen, würde ich meinen Eis wieder essen? Der Affe sitzt auf einem Ast und dreht das Eis um. Einen Augenblick später fällt er auf den Kopf einer der lachenden Omas. Jetzt bin ich an der Reihe zu lachen. Das ganze fühlt sich wie ein Charlie Chaplin Film an. Ich zwinkere dem Affen zu.

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Während ich den Affen beobachte, nähert sich eine Gruppe von Schüler. Drei mutige Mädchen und drei schüchterne Burschen fragen mich “Where are you from?” Sie kennen Bulgarien nicht. Österreich auch nicht. Die Europäische Union auch nicht wirklich. Aber sie führen Interviews mit Touristen nicht im Rahmen einer Geographiestunde durch. Ihr Englischlehrer will, dass sie mit unterschiedlichen Touristen und Touristinnen auf Englisch reden. Sie bringen mich zu ihrem Lehrer, einem Mann meines Alters. Sie fragen unzählige Fragen, ohne auf die Antworten zu hören. Das ist auch egal, denn sie müssen auf Englisch reden und nicht ich. „Gefällt es dir in Sri Lanka?“, „Gibt es in deinem Land Palmen?“, „Warum ist es gut andere Länder zu bereisen?“. Ich tue mir schwer, die letze Frage als europäischer Tropentourist im Rahmen der Flüchtlingskrise zu beantworten.

Da ich lange zögere, versuchen die Schüler es mir leichter zu machen: „Sing uns ein Lied aus deinem Land!“ Ich weigere mich zu singen, was sie lustig finden. „Wer ist dein Lieblingcricketspieler?“ Ich kenne keinen Einzigen, sage ich, was die Kinder verblüfft. Was bin ich für einen Mensch, der nicht singen kann und keine Cricketspieler kennt. Die Schüler sind besorgt um mich.

Am Ende machen wir ein Selfie. Einer der Schüler sagt zu mir: “Sir, Sie sind...” “Was?”, frage ich. “Sie sind nicht böse, sie sind lustig!” Das befreit mich. Ich bin doch nicht Sir Todor.

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