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16.03.18 FM4 Schnitzelbeats- „Rock me, Dracula!“

Lisa-Film

FM4 Schnitzelbeats

FM4 Schnitzelbeats- „Graf Dracula in Oberbayern“

Die FM4 Schnitzelbeats unternehmen einen Abstecher in die späten 70er-Jahre. In eine Zeit, als in den Discos tatsächlich noch Disco lief und halbseidene Erotik-Komödien noch mit großem Budget fürs Kino produziert wurden.

Von Al Bird Sputnik

Jetzt ist es rund 10 Jahre her, dass mir Nerd-Freunde zum ersten Mal eine Platte von Gerhard Heinz (geb. 1927) unter die Nase hielten. Es war der Soundtrack zu einem Sexfilm, der in der englischen Verleihfassung „The fruit is ripe“ hiess. „Hast du je von diesem Gerhard Heinz gehört? Dieser Verrückte hat über 100 Filmmusiken gemacht. Richtig gute Sachen“. Ich musste verneinen, doch mein Interesse war geweckt.

16.03.18 FM4 Schnitzelbeats- „Rock me, Dracula!“

Christian König

Einige Jahre später lernte ich den, inzwischen 90-jährigen Großmeister der österreichischen Exploitation-Filmmusik schliesslich persönlich kennen und konnte auch ein ausführliches Interview mit ihm führen. Über die Wiener Jazz-Szene der Nachkriegszeit, über die Schlager-Musikproduktion der 50er-Jahre und über hunderte Vertonungen von Spielfilmen, Fernsehbeiträgen und Werbespots. Gerhard Heinz hat von lustigen Kasperliaden im RAVAG-Kinderprogramm bis hin zu einschlägigen Machwerken wie „Josefine Mutzenbacher“ nahezu alles vertont, was es im deutschsprachigen Raum zu vertonen gab: Humanic, Soletti, Graf Dracula. Einfach alles.

Womit wir schon beim Dracula-Stichwort dieser Geschichte wären. Am Plattenteller liegt der soeben erschienene Soundtrack zur vergessenen deutschen Erotik-Komödie „Graf Dracula (beisst jetzt) in Oberbayern“, der dieser Tage vom Berliner Reissue-Label Private Records erstmals in Rillen gepresst wurde und mit Dracula-Zähnen ausgestattet an Mailorder-Kunden verschickt wird. Wie auch schon bei vorhergehenden Private-Releases stammt die Musik aus dem persönlichen Fundus von Gerhard Heinz, der seine eigenen Produktionen säuberlich beschriftet auf Tonband-Rollen für die Nachwelt archiviert hat. „Es könnte ja mal jemand kommen und danach fragen“. Was insbesondere in den letzten Jahren häufig passiert ist: „Geissel des Fleisches“, „Schamlos“, „Die Insel der tausend Freuden“ oder „Die nackten Superhexen von Rio Amore“, um nur einige der reißerischen Trash-Filme zu nennen, deren Gerhard Heinz-Soundtracks unlängst ihre Erstveröffentlichung erfuhren und Jahrzehnte später auf ein euphorisches, internationales Plattensammler-Publikum stiessen.

16.03.18 FM4 Schnitzelbeats- „Rock me, Dracula!“

Private Records

Neben einem notorischen Naheverhältnis zu einschlägigen B-Movies, sticht im Heinz’schen d’oEuvre besonders die Experimentierfreudigkeit mit zeitgenössischen Pop-Genres ins Auge: Von Soul-Jazz bis Minimal-Elektronik (oder so wie hier: Disco), war in seiner langen Karriere fast alles dabei – visionär und handwerklich gut gemacht. “Ich hab’ mich immer an Strömungen der Zeit orientiert”, erzählte mir Gerhard Heinz einmal. “Vielleicht war ich auch manchmal der Zeit ein bisschen voraus. Aber im Prinzip war es, wie es schon immer in der Musik war. Seit den Tagen des Gregorianischen Chorals gilt, dass man das weiterentwickelt, was schon da ist. Das ist der Gang in der Musik.” (Weiterführende Informationen finden sich auch in einer älteren Ausgabe der FM4 Schnitzelbeats.)

16.03.18 FM4 Schnitzelbeats- „Rock me, Dracula!“

firetrain666

Noch ein paar Worte zum Film: „Graf Dracula (beisst jetzt) in Oberbayern“ (auch erschienen als „Dracula blows his cool“, „Dracula 2000“, „Hotel Drakula“, „Dracula sucks“ oder „Il Succhione“) kam 1979 in die Kinos. Das Lexikon des internationalen Films bezeichnete ihn einmal als „dümmliche Klamotte in schludriger Machart“. Und auch andere Fachpublikationen gelangen zu ähnlichen, wenig schmeichelhaften Einschätzungen. Häufigster Kritikpunkt: Bei nahezu jeder Gelegenheit zeigt ein Mitglied des überwiegend weiblichen Casts nackte Haut. Allerdings, es ist ein gar leicht durchschaubares Spiel: Es sind die späten 70er-Jahre und der Film firmiert als Erotik-Komödie. Garniert wird die frivole Inszenierung mit anzüglichen Witzen und blassen Auftritten ebenso blasser Dracula-Darsteller.

Auf meine Frage an den Herausgeber der soeben erschienenen „Graf Dracula"-Soundtrack-LP, den Private Records-Betreiber Jay, ob er mir nicht noch weiterführende Infos zum Film schicken könnte, einen kurzen Pressetext, irgendwas, schreibt er mir per e-Mail lediglich folgende Zeilen: „Man muss diesen Film gesehen haben um zu glauben, dass sie dieses Zeug damals produziert haben“. OK, einverstanden. Lassen wir’s mal so stehen und stattdessen ein cooles Standbild aus dem Film sprechen.

16.03.18 FM4 Schnitzelbeats- „Rock me, Dracula!“

Lisa-Film

Die FM4 Schnitzelbeats bedanken sich einmal mehr für die Aufmerksamkeit und verbleiben mit einem dreifachen Hoch auf den Austrian Godfather of Disco Sleaze, den einzigartigen, unglaublichen, oft kopierten und niemals erreichten Gerhard Heinz!

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