FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Alex Beer

FM4 Bereuter

FM4 Bücherei

FM4 Bücherei

Drogenkrieg, die Mafia und eine Ritzerin - die Krimiautorin und Wortlautjurorin Alex Beer empfiehlt drei Krimis und erzählt aus ihrem unspannenden Leben.

Von Zita Bereuter

Haben KrimiautorInnen einen spannenderen Alltag, weil sie bei allen möglichen Dingen nach der Ursache, Hintergründen oder Beweisen suchen? „Ich hab eher das Gefühl, dass mein Leben viel langweiliger ist, als das von anderen Leuten.“ Der Verlag verlange oft, dass sie etwas auf Social Media, auf Instagram oder Facebook mache, erzählt die Krimiautorin Alex Beer. „Aber ich habe nichts. Ich habe nichts, womit ich irgendwen begeistern könnte.“

verschiedene FM4 Büchereiausweise

Zita Bereuter

Die FM4 Bücherei ist keine herkömmliche Bücherei, in der man Bücher ausleiht, sondern eine, in der Bücher vorgestellt werden.
Der oder die BesucherIn der FM4 Bücherei stellt seine oder ihre drei Lieblingsbücher vor bzw. Bücher, die man lesen sollte.

Mit Alex Beer am Sonntag, 8. April von 15 bis 16 Uhr in Connected.
und 7 Tage zum Nachhören im FM4 Player

Ihr Tag sei sehr strukturiert.
Sie steht auf, geht an den Schreibtisch oder in die Nationalbibliothek. „Und da sitz ich dann. Dann geh ich irgendwann wieder ins Bett. Und das wars.“

Alex Beer ist vor allem eines: Bescheiden.
Und: Auf dem Boden.
Und dabei: Erfolgreich.
Und außerdem: Diszipliniert.

Alex Beer schreibt täglich. Ihre Arbeit ist mittlerweile aber mehr ein Bürojob. Das habe sich massiv geändert. „Früher habe ich gedacht, ich sei Schriftstellerin. Jetzt denke ich, ich bin ein Buiseness-owner. Weil ganz viel meiner Zeit geht für Email-Beantworten drauf und für Marketingsachen. Klappentext, Cover, Werbemaßnahme."

Das hat sie jetzt von Alex Beer. Denn bis vor einem Jahr gab es die noch gar nicht. Bis dahin war sie Daniela Larcher, hat sogenannten „cosy crime“ geschrieben und den Chefinspektor Otto Morell ermitteln lassen. Seit einem Jahr schreibt sie härtere historische Krimis rund um den Ermittler August Emmerich. Das schreibt sie erfolgreich unter dem Pseudonym Alex Beer. (So geht Krimi)

Krimis hat Alex Beer schon seit ihrer Kindheit gerne gelesen. Schriftstellerin wurde sie allerdings über Umwege. „Aus Verlegenheit“ habe sie Prozess und Projektmanagement und später Archäologie studiert. Mittlerweile gehört sie zu den erfolgreichsten heimischen Krimiautorinnen.

Die Serie um August Emmerich hat sie im Vorjahr begonnen mit „Der zweite Reiter“. Im Mai erscheint „Die rote Frau“. Am dritten Band schreibt sie seit Jänner und für den vierten Band hat sie zumindest schon eine Idee.

Hier stellt sie drei Krimis vor, die ihrer Meinung nach das Zeug zum Klassiker haben.

FM4 Büchereiausweis Alex Beer

Bereuter/Beer

Don Winslow: Tage der Toten

Aus dem Englischen von Chris Hirte, Suhrkamp

Es geht um den Drogenkrieg in Südamerika. Ich liebe dieses Buch, weil das eigentlich gar nicht mein Thema ist. So Operation Condor und alles, was damals war. Das spielt in den 70ern, geht über einen Zeitraum von 30 Jahren – das bringt bei mir gar nichts zum Klingen.

Das Buch habe ich natürlich gekannt, weil es war „Krimi des Jahres 2010“, „Deutscher Krimipreis 2011“ und ist total gelobt und gehyped worden. Ich habe das lange verweigert. Und als ich es dann irgendwann in die Finger bekommen habe und doch angefangen habe zu lesen, war ich nach einer Seite voll drinnen. Das spricht total für dieses Buch.

Es ist kein klassischer Krimi in dem Sinn, wo es am Anfang einen Mord gibt und es ist die große Frage „Wer hat das getan?“ also das „Who’s done it?“ Es geht eher in diese Thrillerrichtung. Es wird aus mehreren Perspektiven erzählt. Da gibt es zum Beispiel einen ehemaligen CIA-Agenten, der zu der Drogenbehörde kommt. Es gibt einen irischen Killer in New York. Es gibt eine Edelnutte, die eine große Rolle spielt. Einen mexikanischen Bischof. All diese Figuren haben so ihre eigene Verbindung. Die Figuren gibt es nicht, aber es gibt alles, was drum herum passiert ist. Don Winslow hat ja über fünf Jahre recherchiert.

Und es ist atemberaubend spannend. Man fängt an zu lesen und wird sofort hineingezogen. Es ist ein richtier Page-turner. Man kann es kaum weglegen und man lernt irrsinnig viel über diesen War on Drugs. Es beginnt in Mexiko, aber es geht ja dann auch so in andere Länder rein. Eben 70er Jahre. Nixon. Glänzend recherchiert. Ich finde auch, dass die Figuren glänzend gezeichnet sind, weil es gibt kein gut, es gibt kein böse. Mman fiebert beispielsweise auch mit diesem Auftragskiller mit, der ja von außen betrachtet moralisch ein schlechter Mensch ist. Trotzdem fiebert man mit.

Das ist auch so ein Buch, wo sich die Frage stellt „Was ist Recht?“ „Was ist Gerechtigkeit?“ Das ist ja oftmals nicht ein und dasselbe.

Don Winslow ist absoluter Großmeister. Der weiß, was er macht. Da stimmt einfach alles.

Josh Basel: Schneller als der Tod

Übersetzt von: Malte Krutzsch, S. Fischer Verlag

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll: Es ist irrsinnig rasant, irrsinnig zynisch. Es geht um einen Killer, der bei der Mafia war und dann ausgestiegen ist. Er ist ins Zeugenschutzprogramm gekommen, hat Medizin studiert und lebt jetzt in New York und arbeitet als Arzt in einem Krankenhaus. Eines Tages wird jemand eingeliefert aus dieser Mafiaschiene, wo er früher tätig war und der Arzt wird erkannt. Das setzt alles in Bewegung. Und er hat zwei Tage, um sozusagen seinen Arsch zu retten.

Das ist wahnsinnig rasant. Es passiert wirklich dauernd irgendwas. Man ist nur am Blättern und am Lesen. Das hat einen irrsinnigen schwarzen Humor. Es hat ganz viel Sarkasmus. Man lernt aber auch irrsinnig viel über das amerikanische Gesundheitssystem. Und über verschiedene Krankheiten und den menschlichen Körper. Und das klingt jetzt furchtbar langweilig, aber so wie Bazell das macht, ist es einfach nur großartig. Es ist schon ein bisschen älter, 2009.

Das wird grad auch verfilmt. Mit Leonardo Di Caprio in der Hauptrolle (als Arzt). Ich bin gespannt, ob sie es schaffen, auch nur annähernd an die Vorlage ranzukommen. Josh Bazell ist auch selber Arzt und das merkt man – der kennt sich aus.

Gillian Flynn: Cry Baby - Scharfe Schnitte

Übersetzt von Susanne Giga-Klinkenberg, S. Fischer Verlag

Es geht da um eine Reporterin, die in ihr Heimatdorf zurückfährt, weil dort Morde passieren. Sie lebt in Chicago, muss jetzt aber zurück in ihre Heimatstadt Wind Gap. Dort sind zwei Teenager entführt und ermordet worden. Sie will dem auf den Grund gehen. Soweit ist das nicht spektakulär – das liest man öfter.

Was dieses Buch aber ausmacht ist diese ungewöhnliche Hauptfigur: Camille. Die ritzt sich. Aber nicht einfach so Striche, sondern sie schreibt Wörter in ihren Körper. Also sie nimmt eine Rasierklinge und je nachdem, wie sie sich fühlt, hat sie Assoziationen dazu und diese Wörter ritzt sie sich dann in den Körper hinein. D.h. sie ist mit ganz vielen Narben von Wörtern übersät und nur hinten, zwischen den Schulterblättern, wo sie nicht hinkommt, gibt’s einen kleinen Fleck, der unberührt ist. Und sie ist so eher taff und rotzig, obwohl sie so ein bisschen gestört jetzt rüberkommt. Aber sonst so eine richtig coole Frau. Gillian Flynn ist eben bekannt, für diese ganz eigenartigen Charaktere. Von ihr stammt auch dieses „Gone Girl“ und „Dark Places“.

„Cry Baby“, das im Original „Sharp Objects“ heißt, wird jetzt grad verfilmt – mit Amy Adams in der Hauptrolle – wird eine TV-Serie.

drei Bücher

FM4 Bereuter

Erwartungen an FM4 Wortlaut 2018

Heuer ist Alex Beer auch Wortlautjurorin. Als solche erhofft sie sich bei den Kurzgeschichten eigene Stimmen zu finden, die man aus tausenden heraushören kann. Wiedererkennungswert ist ihr wichtig und Spannung. „Aber nicht Spannung im Sinne von Krimi oder Thriller. Aber es muss am Anfang schon was da sein, was Lust macht, weiterzulesen.“

Tipps für JungautorInnen

Ihre größte Hürde beim Schreiben war früher Disziplin. „Man darf nicht immer auf Inspiration warten.“ Wenn man vom Schreiben leben möchte, „muss man Seiten schaffen.“

Ihr erstes Buch habe sie in New York geschrieben, neben einem 50-60 Stunden Job. Schreiben sei ja auch viel mit Nachdenken verbunden. Dafür könne man auch „tote“ Zeit beim Warten, in der U-Bahn etc. nutzen. Und ganz wichtig: Selbstzweifeln gehören dazu. „Wenn man selbstgefällig und dauernd zufrieden ist, entwickelt man sich ja auch nicht weiter.“

mehr Buch:

Aktuell: