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Bilder aus Avengers: Infinity War

Marvel

Mehr ist mehr

„Avengers: Infinity War“ ist der Film, auf den das Marvel-Kino zehn Jahre lang hingearbeitet hat. Ein gigantomanischer Superhelden-Overkill, der in der Theorie nicht funktionieren kann, es aber trotzdem irgendwie tut.

Von Christian Fuchs

Alles hat bekanntlich 2008 mit einer kleinen Szene angefangen, die direkt nach dem Abspann von “Iron Man” folgt. Samuel L. Jackson als geheimnisvoller nächtlicher Besucher erzählt darin Tony Stark alias Robert Downey Jr. verschwörerisch von einer „Avengers Initiative“. Die Fans geraten damals in Euphorie, denn ein großer Überbau kündigt sich an, möglicherweise zukünftige Filme mit noch viel mehr Superhelden. Und sie behalten natürlich recht.

10 Jahre und 18 zum Teil extrem erfolgreiche Marvel-Movies später, inklusive mühsam im Kinosaal abzuwartender Post-Credits-Sequenzen, ist es nun soweit. Alle Fäden laufen zusammen. Der Blockbuster, auf den das ganze Marvel Cinematic Universe so lange zusteuerte, ist da.

Avengers: Infinity War“, der angeblich aufwändigste Comicfilm aller Zeiten, versucht das dramaturgisch scheinbar Unmögliche: Über 20 Superhelden aus verschiedensten Marvel-Streifen in einen Film zu packen, inklusive ihrer Freunde und Sidekicks. Gar nicht zu reden von den Star-Egos hinter den Figuren, von einem gockelhaften Robert Downey (der inzwischen fast so reich wie Tony Stark ist) über das Chris-Dreierteam Pratt, Evans und Hemsworth bis hin zu Scarlett Johannsen, Newcomer Tom Holland und den zukünftigen Herrscher über Blockbusterland (und König von Wakanda) Chadwick Boseman.

Weil ein menschlicher Antagonist gegen diesen Avengers-Aufmarsch anscheinend gar nicht ankommt, setzt der Film auf den computergenerierten Bösewicht Thanos, der – man ahnt es – zumindest das halbe Universum zerstören will.

Bilder aus Avengers: Infinity War

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Konflikte und Klamauk fließen ineinander

Kann dieser überladenste Crossover-Film der Kinogeschichte überhaupt funktionieren, frage ich mich, bevor ich, durchaus ermüdet von der berechenbaren Marvelmania der letzten Jahre, die 3D-Brillen aufsetze. Die Antwort nach zweieinhalb Stunden lautet: Ja, überraschenderweise ziemlich gut sogar.

Zukünftige Drehbuchseminare in Hollywood werden sich wohl am virtuos ausgehirnten Skript von „Infinity War“ abarbeiten. Tatsächlich ist es dem Autorenduo Christopher Markus und Stephen McFeely gelungen, den Film nicht wie eine am Reißbrett geplante Superhelden-Nummernrevue wirken zu lassen. Alles fließt ineinander, die konfliktgeladene Welt der Avengers, der leichtfüssige Weltall-Klamauk der Guardians of the Galaxy, der Afrofuturismus von Black Panther. Gänzlich unterschiedliche Styles und verschiedenste Handlungsstränge verschmelzen zu einem halbwegs schlüssigen Gesamtbild.

Okay, den letzteren Satz muss man wohl revidieren für alle, die ohne Vorkenntnisse durch das Marvel-Universum stolpern. Angesichts der bisherigen Besucherzahlen dieser Filme und dem Faktum, dass serielles Erzählen seit „Star Wars“, „Lord of The Rings“ und „Harry Potter“ zum Blockbuster-Besuch gehört, braucht sich der Comickino-Konzern diesbezüglich aber keine Sorgen zu machen.

Bilder aus Avengers: Infinity War

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Toller Schurke und verschwiegener Cliffhanger

Und so vergeht die lange Laufzeit zügig mit dem erprobten Marvel-Mix aus Blödelei und Düsternis – der diesmal aber entschieden besser glückt, als in anderen Produktionen – und natürlich tonnenweise spektakulärer bis fragwürdiger CGI-Action. Die Regiebrüder Anthony und Joe Russo wissen aber angenehmerweise auch, dass die Ruhe vor dem gewaltigen Sturm am schönsten ist, was „Infinity War“ einige besonders tolle Momente beschert.

Was dem Megaepos auch enorm hilft ist der kosmische Schurke, der im Zentrum steht. Vergleicht man Thanos mit dem als Charakter ähnlich angelegten Festplatten-Steppenwolf von der DC-Konkurrenz („Justice League“) dann ist das wie ein Aufeinandertreffen eines Shakespeare-Mimen mit einem Provinztheater-Darsteller. Der famose Josh Brolin blitzt deutlich erkennbar hinter dem animierten Antlitz des galaktischen Weltenzerstörers auf – und macht seine Sache teuflisch gut.

Bilder aus Avengers: Infinity War

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Was gibt es also ernsthaft zu kritisieren? Dass Frauen im (schnoddrigen Wort-) Duell der unzähligen Alphamännchen keine wahnsinnig große Rolle spielen, abgesehen von Zoe Saldana als toughe Thanos-Tochter Gamora und den mutigen Wissenschaftlerinnen und Kriegerinnen aus Wakanda. Ein anderer Downer: Wenn Marvel in der Marketing-Kampagne behauptete, „Infinity War“ sei ein abgeschlossener Film, dann war das eine schamlose Lüge. Einer der dunkelsten Cliffhänger der jüngeren Tschinnbummfilm-Geschichte macht klar, dass der ganze apokalyptische Zirkus erst mit „Avengers 4“ 2019 endet.

Inzwischen kann man dieses coole Superhelden-Klassentreffen mit sinistrem Einschlag durchaus genießen. „Avengers: Infinity War“ ist weder ein Gamechanger in Sachen Comickino noch ein menschelndes Meisterwerk wie „Logan“ – und auch von dem speziellen Charme des ersten „Avengers“ Abenteuers entfernt. Aber wenn einen ein Film so sehr fesselt, dass man schon wieder einen ewig dauernden Abspann absitzt, nur um einen kleinen Teaser zu sehen, dann ist das wohl eine Auszeichnung.

Im FM4 Film Talk Podcast: Superheroes Everywhere!

„Avengers - Infinity War“ ist nicht nur der aufwändigste Comicfilm aller Zeiten, er enthält auch das größte Superhelden-Ensemble der Kinogeschichte. „Avengers - Infinity War“ ist nicht nur der aufwändigste Comicfilm aller Zeiten, er enthält auch das größte Superhelden-Ensemble der Kinogeschichte. Macht der Superhelden-Overkill auch Spaß und kann man den Film auch verstehen, ohne alle Marvelstreifen vorher gesehen zu haben? Wie sieht das Verhältnis zur Konkurrenz von DC aus? Wann kommt der Comickino-Backlash? Die FM4-Filmredakteure Christian Fuchs und Christoph Sepin diskutieren anlässlich des wichtigsten Blockbuster dieses Frühlings über diese und andere Themen - ab sofort im FM4 Film Talk Podcast.

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