Nicht mehr weinen
Von Natalie Brunner
In der ersten Strophe von „Cry No More“ beschreibt Phonte, wie er am offenen Sarg seines Vaters steht, und wie er sich schon seinen Platz einnehmen sieht. Die falschen, von den Eltern übernommenen Ernährungsgewohnheiten. Wenn er sie nicht ändert, werden sie dazu führen, dass sein Sohn da stehen wird, wo er jetzt steht. Auch, dass sein Vater in seinen Augen nie Recht gehabt hat, sieht Phonte nun in einem ganz anderen Licht.
They ask me where I been, dog I been rebuilding
With my wiz and children, put my pops in the ground
Then hit the repast and ate the same shit that killed him
Your habits didn’t deviate, just thought you would appreciate
Phonte, der dieses Jahr vierzig wird, stammt aus North Carolina und war Teil des Trios Little Brother. Little Brother kritisierte aus einer working class Perspektive den ihrer Meinung nach schnöden Materialismus mancher Rap Kollegen auf relativ dogmatische Weise.
Die Nummer „Cry No More“ ist von Phontes zweiten Soloalbum „No News Is Good News“ das diesen März erschienen ist.
MC Phonte macht das, was mensch Grown-Men-Rap nennt. Ohne Zeigefinger und ohne die manchmal von ihm in der Vergangenheit gezeigte Attitude der Allwissenheit und der Ablehnung alles Neuen. Ein Mittdreißiger, der damit beschäftigt ist, sein Leben, das seiner Partnerin und seiner Kinder auf die Reihe zu kriegen. Und daher gar keine Zeit dazu hat, sich darüber zu ärgern, was für - in seinen Augen - Oberflächlichkeiten nachfolgende Generationen von MCs von sich geben. Zu drückend sind die Sorgen und Ängste des Fabrikats aus dem der Alltag gewebt ist.
My sons look at me these days and think I’m certified
Preparing them for a world they’ll be deserted by, internalize
Black Man if you get a teaspoon of compassion, that’s more than double the serving size
Die Youtube-Kommentare zu der Nummer sind hauptsächlich Danksagungen an Phonte. Von Menschen, die wegen „Cry No More“ ihren Papa angerufen haben und ihm die Liebeserklärung gemacht haben, die sie ihm schon immer machen wollten.
Publiziert am 02.05.2018